Dr. Hermann Alex. Müller,
Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig,
1882
Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gesamtgebiet der bildenden Künste aller Länder mit Angabe ihrer Werke.
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Boßhardt - Bostelmann.
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Boser'
wöhnlich Kinder- oder Mädchenscenen, fast immer mit wenigen Figuren, in denen zwar kein tieferer Gedanke zu suchen ist, die aber in ihren ruhigen, leidenschaftslosen Situationen in gemütvoller Weise, feiner Zeichnung und wohlthuendem Kolorit erscheinen. Solche sind z. B. aus seiner frühern Zeit: Brüderchen schläft, der kleine Ruhestörer, die beschenkte Braut, Faust und Gretchen sowie ausnahmsweise zwei große, figurenreichere Bilder: das Königsschießen am Grafenberg und die Bilderschau im Galleriesaal, worin die ältern Düsseldorfer Künstler in ganzer Figur porträtiert sind. Dazu kommen später als seine besten Leistungen: wendische Mädchen in der Kirche, die kleine Blumenverkäuferin, die kleine Strickerin, verschiedene Kirchgängerinnen und Waisenkinder in der Kirche. Sehr beliebt ist er als Maler von Bildnissen in ziemlich kleinen Dimensionen, die zwar sehr ähnlich, aber ohne bedeutende geistige Auffassung sind. Für die Kirche seines Geburtsorts malte er die sehr würdige Figur des Heilands. Er starb 28. Jan. 1881.
Boßhardt, Kaspar, Historienmaler, geb. 1823 zu Pfäffikon (Kanton Zürich), machte seine Studien hauptsächlich in Düsseldorf unter Schadow und Schirmer und ließ sich in München nieder, wo er noch jetzt lebt. Er benutzte die Geschichte seiner Schweizer Heimat als ausgiebiges Feld zu Vorwürfen für seine zahlreichen, gut gezeichneten, fleißig ausgeführten und koloristisch ansprechenden Bilder. Die hauptsächlichsten derselben sind: Ritter Halwyl vor der Schlacht bei Murten (Museum in Basel), der Schultheiß Wengi von Solothurn stellt sich als Opfer vor eine Kanone zur Abwendung des Bürgerkriegs (1875 bei Kufstein verunglückt, aber in dem trefflichen Stich von Merz erhalten), der Tod Franz von Sickingens; dazu noch manche sehr schätzbare Genrebilder, z. B. die 1879 in München sehr beifällig aufgenommenen Politiker im Kloster.
Bossuet (spr. bossüäh), François, belg. Architekturmaler, geb. 20. Aug. 1800 zu Ypern, bildete sich für sein Fach auf der Akademie zu Brüssel sowie auf Reisen in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, ↔ Spanien und Nordafrika aus und erlangte hierin allmählich durch poetische Auffassung, Schärfe der architektonischen Formen, Klarheit der Lufttöne und helle Beleuchtung der Gegenstände einen bedeutenden Ruf. Es sind fast immer die Außenseiten von Burgen, Schlössern und Ruinen der Vorzeit, selten in großen Dimensionen und selten mit reicher menschlicher Staffage. Treffliche Werke dieser Art, meistens in den 60er Jahren entstanden, sind: Ansicht von Mecheln, Abtei von St. Amand in Rouen, Ruinen eines maurischen Wartturms, Thor der maurischen Festung Alcalá, römische Wasserleitung bei Sevilla, die maurischen Ruinen der Stadt Zehra, das Innere der Kirche St. Gommaire in Lierre, Fontäne des Sykomorenbaums zu Marsham in Marokko, mozarabische Kirche in Calatayud bei Saragossa, die Porta Romana am Guadalquivir bei Cordova und noch 1878 auf der Pariser Ausstellung mehrere Partien aus Brügge. Er ist Offizier des belgischen Leopold- und Ritter des portugiesischen Isabellenordens.
Bostelmann, Karl Louis Georg, Miniaturporträtmaler, geb. 22. Jan. 1824 zu Hannover, kopierte von 1840 an in der Dresdener Gallerie, ging 1843 über Venedig und Florenz nach Rom, wo er Genrebilder malte, wurde 1847 vom Hof in Hannover als Miniaturmaler engagiert, malte in dieser Technik bis 1866 viele treffliche Porträte der königlichen Familie in Hannover und der großherzoglichen Familie in Oldenburg sowie das lebensgroße Porträt der Kurfürstin Sophie auf der Marienburg bei Hannover. Nach der Entthronung des Königs von Hannover malte er in Öl zahlreiche Einzelporträte und Familiengruppen in Hamburg und dessen Umgegend und neuerdings wiederum eine aus 50 Porträten bestehende Miniaturgallerie für einen Privatmann in Hannover. Zu seinen besten Genrebildern aus den letzten Jahren gehören: Altländerinnen in der Kirche und Napoleon III. auf Wilhelmshöhe. Schon 1857 verlegte er seinen Wohnsitz auf sein Gut in der Nähe von Beverstedt (Provinz Hannover).