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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Aktäon; Akte

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Aktäon - Akte.

sammendrängen läßt, so zerfällt dieselbe in den größern Stücken in der Regel wieder in drei Teile, so daß das Ganze aus fünf Akten besteht. Schon die Komödien der römischen Dieter Plautus und Terenz haben alle fünf Akte. Einfache, wenig verwickelte Handlungen lassen sich begreiflicherweise auch in einem oder zwei Akten bequem durchführen. Am Schluß eines Aktes tritt ein Stillstand ein, Zwischenakt genannt, der dem Zuschauer Zeit gönnen soll, des empfangenen Eindrucks sich recht bewußt zu werden und sich auf das Folgende in die rechte Stimmung zu versetzen. Abgesehen hiervon, machen in größern Dramen auch äußere Umstände, wie neue Szenierung u. dgl., das Eintreten solcher Ruhepunkte nötig. Der ganz unpassende Name Zwischenakt rührt wahrscheinlich davon her, daß früher, namentlich in den englischen Volkstheatern, in den Pausen von andern Schauspielern kleine Zwischenstücke oder Tänze aufgeführt wurden, an deren Stelle später im modernen Theater musikalische Produktionen traten. Übrigens ist es eine Hauptforderung der Dramatik, daß die Akte nicht nach Willkür oder lediglich in Berücksichtigung jener Äußerlichkeiten gemacht, sondern durch innere Notwendigkeit geboten seien. Jeder einzelne A. soll für sich eine Art Ganzes bilden, zugleich aber auch wieder ein Glied, das erst in Verbindung mit andern Gliedern, d. h. mit den übrigen Akten, einen lebendigen Organismus ausmacht. Wiewohl also jeder A. schon an und für sich dem Zuschauer eine gewisse Befriedigung gewähren soll, so darf er doch die Spannung desselben auf die weitere Entwickelung nicht schwächen, sondern soll sie vielmehr noch steigern. Mehr als fünf Akte kommen selten vor und lassen sich, als mit der dramatischen Einheit unvereinbar, schwerlich auf Grund innerer und organischer Verhältnisse rechtfertigen. Wenn der Stoff von solchem Umfang ist, daß ihn der Dichter in fünf Akten nicht unterbringen zu können meint, so hängt er ein Vor- oder Nachspiel an. In vier Akte läßt sich ein dramatischer Stoff naturgemäß und mit innerer Notwendigkeit nicht wohl zerlegen, wiewohl es gerade in neuerer Zeit öfters geschieht; dagegen ist das einaktige Lustspiel eine Gattung des Dramas, welche sich für beschränktere Stoffe trefflich eignet. In ältern deutschen Stücken ist der Ausdruck A. wörtlich durch Handlung wiedergegeben; in andern findet man Aufzug, vom Aufziehen des Vorhangs beim Beginn jedes Aktes hergenommen. - In der bildenden Kunst versteht man unter A. sowohl die Stellung, in welche man ein lebendes Modell bringt, um Studien danach zu machen, als auch die nach demselben gefertigte Zeichnung. Solcher Studien, die als Vorbereitungen für größere Kompositionen angefertigt sind, besitzen wir noch eine große Anzahl von der Hand berühmter Meister (Dürer, Raffael, Michelangelo u. a.).

Aktäon, griech. Heros, Sohn des Aristäos und der Autonoe, einer Tochter des Kadmos, Zögling des Kentauren Chiron, der ihn besonders in der Kunst zu jagen unterrichtete, welcher A. mit großem Eifer oblag. Als er einst beim Jagen in einem Thal bei Platää die Göttin Artemis traf, die eben mit ihren Nymphen im parthenischen Quell badete, und, von ihrem Anblick gefesselt, sie belauschte, bespritzte ihn die Göttin mit dem Wasser der Quelle, worauf A. in einen Hirsch verwandelt, von seinen eignen Hunden gejagt und auf dem Berg Kithäron zerrissen wurde. Heulend suchten die Hunde dann ihren Herrn im ganzen Land und wurden erst in Chirons Höhle, wo sie sein Bild sahen, beschwichtigt. Man verehrte ihn in Böotien mit heroischen Opfern und erflehte von ihm Schutz gegen die verderblichen Wirkungen der ausdörrenden Sonnenglut. Wahrscheinlich war er selbst die Versinnbildlichung der unter der drückenden Sonnenhitze hinwelkenden Natur. Die bildende Kunst alter und neuer Zeit hat die Geschichte seiner Verwandlung und seines Todes mit einer gewissen Vorliebe behandelt. Eine kleine (1774 gefundene) antike Marmorgruppe enthält das Britische Museum zu London (vgl. Abbildung).

^[Abb.: Aktäon (Britisches Museum zu London).]

Akte (lat.), eine über einen wichtigen Vorgang aufgenommene Urkunde, insbesondere Staatsurkunde. Unter Akten (acta) versteht man die Sammlung der auf eine gewisse Angelegenheit, z. B. eine Prozeßsache, bezüglichen Schriftstücke. Die einzelnen Gattungen der Akten werden nach der Stelle, bei welcher sie ergehen (z. B. Ratsakten, Gerichtsakten, Landtagsakten), vorzugsweise aber nach ihrem Gegenstand (z. B. Prozeßakten, Zivilprozeßakten, Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Grundakten, Hypothekenakten, Nachlaßakten, Personalakten) benannt. Den von Staatsbehörden angelegten (öffentlichen) Akten setzt man die Manual-, Hand- oder Privatakten der Parteien und Sachwalter entgegen. Der Anwalt einer Partei ist berechtigt (deutsche Rechtsanwaltsordnung, § 32), diese Handakten so lange zurückzubehalten, bis er von derselben wegen seiner Gebühren und Auslagen befriedigt worden ist (Aktenretention). Je nachdem der Akteninhalt allgemeine Angelegenheiten oder spezielle Fälle betrifft, wird zwischen General- und Spezialakten unterschieden. Heutzutage pflegt man die Akten zweckmäßig in der Weise einzurichten, daß die zu einem Aktenband (Aktenfaszikel) gehörigen Stücke in chronologischer Ordnung zusammengeheftet und die Blätter, seltener die Seiten, mit fortlaufenden Zahlen versehen (foliiert, paginiert) werden. In einzelnen