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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Centralverwaltung

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Centralverwaltung

wodurch diesem von vornherein der Stempel eines nationalen Unternehmens in der Art des Germanischen Museums in Nürnberg aufgedrückt wurde. Jene umfaßte etwa 3000 Nummern Inkunabeln (mit Seltenheiten ersten Ranges, z. B. einem vollständigen Pergamentexemplar der 42zeiligen Gutenbergbibel) und andere technisch und historisch interessante Werke. Neuere Werke und Kunstblätter wurden von den Verlegern gespendet. Die fortwährend steigende Blattsammlung umfaßt unter anderm etwa 1000 Kartons meist in Gold- und Farbendruck ausgeführter Reproduktionen künstlerischer Einbände, und ebensoviele Druckschriften. Ferner finden sich vor typographische Reliquien aus älterer Zeit (die Überreste der sog. Gutenbergpresse u. a.); alle Originalzeichnungen von den ersten Versuchen des Erfinders der Schnellpresse, Fr. König, und von den ersten Ausführungen derselben (z. B. der Timespresse), von denen der C. zum Teil auch kleine Modelle hat anfertigen lassen; Modellsammlungen von Buchbinder- und andern Maschinen; eine Sammlung aller Reproduktionsverfahren (alter und neuer), die diese in den verschiedensten Stadien der Herstellung vorführt.

2) Ausstellungen. Infolge einer Übereinkunft mit dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler (s. d.) 1889 unternahm der C. die jährliche Ausstellung der von einer Buchhändlermesse zur andern erschienenen bedeutendsten Neuigkeiten des Buch-, Kunst- und Landkartenhandels (etwa 3000 Nummern), die vom Kantatesonntag bis zur Michaelismesse geöffnet bleibt; daran schließen sich die wechselnden Ausstellungen der großen neuen Tafelwerke unter Glas und Rahmen. Die Zahl der Besucher betrug 1892: 8948, im ersten Halbjahr 1893: 6193. Ausleihungen zu kunstgewerblicher Verwertung u. s. w. finden in liberaler Weise statt.

3) Lehranstalten. Ins Auge gefaßt ist eine deutsche kunstgewerbliche Hochschule. Vorläufig kann der C. aber nur Vorträge halten lassen und hat bewirkt , daß buchgewerbliche Unterrichtskurse an der königl. Kunstakademie und Kunstgewerbeschule sowie an der städtischen Gewerbeschule in Leipzig gehalten werden. Sein nächstes Ziel ist die Erbauung einer Gutenberghalle für Museum und Ausstellungen.

Der C. hat die Rechte einer jurist. Person; die Leitung besorgt ein geschäftsführender Ausschuß des Vorstandes von drei Personen (Vorsitzender: Dr. Oskar von Hase). Organ des Vereins ist seit 1893 das «Buchgewerbeblatt». Die jährlichen Einnahmen betragen etwa 20300 M., nämlich etwa 7500 M. an Beiträgen von den Mitgliedern, 6500 M. vom Börsenverein der Deutschen Buchhändler (teils direkt, teils indirekt), 3000 M. von der Stadt Leipzig, 2000 M. vom königlich sächs. Ministerium des Innern, 1000 M. vom Verein der Buchhändler in Leipzig, 300 M. von der Stadt Dresden. Eine Stiftung Klemms von 50000 M. ist zur Ausfüllung der Lücken seiner Sammlung bestimmt.

Vgl. Lorck, Die Zukunft des Buchgewerbes in Leipzig (Lpz. 1884); ders., Das Buchgewerbemuseum, Gegenwart und Zukunft (3. Aufl., ebd. 1892); Klemm, Beschreibender Katalog des Bibliographischen (Klemmschen) Museums (Dresd. 1884); Jahresberichte und Ausstellungskataloge des Vereins.

Centralverwaltung, der Gegensatz zur Lokalverwaltung. Die Führung der staatlichen Geschäfte muß lokalisiert, d. h. Ämtern mit räumlich begrenztem Wirkungskreise übertragen werden. Es ergiebt sich dies teils aus der Natur dieser Geschäfte mit Notwendigkeit, teils ist es durch Rücksichten der Zweckmäßigkeit geboten. Diese Geschäftsverteilung und Lokalisierung der Verwaltung darf aber nicht die Einheit und Gleichmäßigkeit der Verwaltung stören oder aufheben, sondern es muß für Einrichtungen Sorge getragen werden, um in der Vielheit der Verwaltungsämter die Einheit der Grundsätze und des Verfahrens zu sichern. Dies geschieht zunächst durch Schaffung einer Centralbehörde, welche als oberste Instanz die Mittel- und Unterbehörden mit Anweisungen versieht und über Beschwerden gegen die ihr untergebenen Behörden entscheidet. Sodann besteht unter den Geschäften eines und desselben Verwaltungszweigs insofern ein wichtiger Unterschied, als nicht alle Angelegenheiten die Verteilung an Lokalbehörden erfordern, sondern viele Geschäfte zweckmäßiger an einer einheitlichen Stelle vorgenommen werden. So kann z. B. bei der Post- und Telegraphenverwaltung zwar der Expeditionsdienst und der gesamte Verkehr mit dem Publikum seiner Natur nach gar nicht anders als von den lokalen Ämtern versehen werden, dagegen die Erörterung technischer Fragen, die Veranstaltung wissenschaftlicher Experimente, allgemeine statist. Feststellungen, die Regelung internationaler Beziehungen und viele andere Geschäfte werden von einer Behörde für den ganzen Bereich der Verwaltung vorzunehmen sein. In ähnlicher Weise giebt es bei der Eisenbahnverwaltung eine Masse von Geschäften, die nur in lokaler Verteilung vorgenommen werden können, und andere, wie z. B. die Feststellung der Tarife, Fahrpläne, Betriebseinrichtungen u. dgl., die von einer Centralstelle aus erledigt werden müssen. Dasselbe gilt von den meisten andern Verwaltungen. Hiernach besteht neben der Unterordnung der Lokalbehörden unter eine Centralbehörde als oberste Instanz eine Einteilung der amtlichen Geschäfte eines Ressorts in Angelegenheiten der C. und in solche der örtlichen Verwaltung. Äußerlich ist es gewöhnlich eine und dieselbe Behörde, welche beide Funktionen der C. zugleich zu erfüllen hat, der Sache nach sind aber regelmäßig verschiedene Abteilungen derselben oder wenigstens verschiedene Decernenten für die Erledigung dieser an sich so verschiedenartigen Geschäfte bestimmt. Endlich bedarf es auch unter den Ressorts selbst einer Ausgleichung und Regulierung, damit nicht die Interessen eines Verwaltungszweigs auf Kosten anderer, ebenfalls berechtigter Interessen des Staates einseitig gefördert werden, und um Verschiedenheiten der Rechtsauffassung oder andere Kollisionen unter den Ressortchefs auszugleichen. In diesem Sinne kann man die C. des Staates der Ressortverwaltung gegenüberstellen; es handelt sich hierbei aber nicht um eine wirkliche Führung von Verwaltungsgeschäften, sondern immer nur um die Aufstellung oberster Verwaltungsgrundsätze. Das Organ hierfür ist entweder das «Staatsministerium», d. h. die zu einem Kollegium vereinigte Gesamtheit der Ressortchefs, oder ein den letztern übergeordneter «leitender» oder «Premier»-Minister, Staats- oder Reichskanzler u. dgl. In Preußen war bis zu der großen Steinschen Reform (1808) eine wirkliche C. überhaupt nicht vorhanden, sondern die innere Verwaltung wurde durch geographisch abgegrenzte Departements des Generaldirektoriums geführt. Schon unter Friedrich Ⅱ. war das System durchbrochen worden, aber erst nach der großen Katastrophe von 1806

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