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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Drahtglas - Drahtseil

solche mit über 5000 Öffnungen aus 1 qcm hergestellt. Die Herstellung erfolgt (bei Eisendraht in durch Ausglühen erweichtem Zustande) teils auf Stühlen, sog. Siebmacherrahmen, die nur die Anfertigung von 2 m Länge nicht übersteigenden Stücken gestatten, teils auf solchen, mittels deren man endlose Gewebe zu liefern im stande ist und die meist mit dem gewöhnlichen Leinweberstuhl Ähnlichkeit haben. Um dem D. eine ebene Oberfläche zu geben und die gegenseitige Verschiebung der Einzeldrähte, also auch die Änderung der Maschenweite, zu verhindern, wird dasselbe zuweilen zwischen Walzen plattgedrückt. Weitläufig hergestellte D. werden in flacher Form, mit Ölfarbe angestrichen oder bemalt, zu Jalousien verwendet oder, in runde oder ovale Gefäßform gepreßt, als Körbchen, Schüsselglocken u. s. w. benutzt.

Drahtglas, ein von der Aktiengesellschaft für Glasindustrie (vormals Friedrich Siemens) in Dresden in den Handel gebrachtes Fabrikat (D. R.-P. Nr. 46278 und Nr. 60560), das aus Glasplatten besteht, in die ein weitmaschiges, leinwandbindiges Eisendrahtgewebe eingelegt ist. Letzteres wird bei der Herstellung in die noch teigige Glasmasse eingelegt und ist von dieser bei den fertigen Platten vollständig umschlossen, also vor Rost geschützt. Durch dieses Drahtgewebe, das die Lichtdurchlässigkeit nur unerheblich schwächt, erhalten die Glasplatten eine bedeutende Widerstandsfähigkeit gegen Stoß, Druck und schroffen Temperaturwechsel, selbst direktes Feuer, da bei entstehenden Rissen der Zusammenhalt der Glasmasse nicht zerstört wird. Wegen dieser Eigenschaften wird das D. mit Vorliebe zu Dachdeckungen und lichtdurchlässigen Fußböden verwendet. Es eignet sich auch in Form von Hohlglas zu Abdampfschalen, Pfannen u. s. w. für die chem. Industrie sowie zu Schutzgläsern für Wasserstandsgläser und zu Cylindern und Laternengläsern für Sicherheitslampen. Fensterscheiben aus D. sind diebessicher, da sie nicht mit dem Diamanten zerschnitten werden können. Die geringste Stärke des jetzt in den Handel kommenden D. ist 8 mm, die größte 60 mm. – Vgl. Hartig, Über die Biegungsfähigkeit des D. (im «Civilingenieur», Bd. 38, Heft 3), sowie die von der Prüfungsanstalt für Baumaterialien an den technischen Staatslehranstalten zu Chemnitz ausgestellten Gutachten vom 29. Dez. 1891 und 13. Jan. 1892.

Drahtheftmaschine, s. Buchbinderei (Bd. 3, S. 650a).

Drahthindernisse, durch Pfähle, die mittels Eisendraht verbunden sind, hergestellte Hindernisse, die besonders in der Feldbefestigung eine wichtige Rolle spielen. Man unterscheidet Drahtzäune, welche mehr als Abschluß dienen (an Stelle von Palissadierung) und aus 2‒3 m voneinander entfernten Pfählen gebildet werden, die durch horizontal geführte starke Drähte mehrfach verbunden sind, Drahtnetze und Drahtverflechtung, welche eine gewisse Breite des Geländes (10 m und darüber) bedecken und ungangbar machen. Beim Drahtnetz werden in Abständen von etwa 2 m Pfähle von 1,70 m Länge und 10 cm Stärke so tief eingeschlagen, daß sie in verschiedenen Höhen, 80‒1,20 cm frei stehen. Die Drähte, teils von größerer, teils von geringerer Stärke, werden abwechselnd steigend und fallend geführt, um die Bildung horizontaler Flächen zu vermeiden, welche durch Auflegen von Brettern leicht überbrückt werden könnten. Da dieses Hindernis die eigene Feuerwirkung nicht beeinträchtigt, erst in der Nähe zu sehen und durch Geschützfeuer kaum zu zerstören ist, so muß es als eins der zweckmäßigsten Hindernisse betrachtet werden. Als Drahthindernis für Privatzwecke dient u. a. der Stachelzaundraht (s. d.).

Drahtkanonen, s. Metallkonstruktion, künstliche.

Drahtkurtīne, s. Eiserner Vorhang.

Drahtlehre, Drahtmaß, ein zum Messen der Dicke von Drähten dienendes Gerät, gewöhnlich von derselben Konstruktion wie die Blechlehre (s. d.). Der principielle Unterschied von dieser besteht nur darin, daß die Angabe gewöhnlich nicht in einer der gebräuchlichen Maßeinheiten (Millimeter) erfolgt, sondern an dem der Dicke des Drahts entsprechenden Ausschnitt eine Zahl angebracht ist, welche die einer gewissen Verabredung entsprechende Drahtnummer angiebt; für die Numerierung sind in den einzelnen Ländern verschiedene Systeme üblich. Nach der 1873 verabredeten deutsch-österreichischen D. sind die einzelnen Nummern so gewählt, daß deren Division mit 10 die Drahtdicke in Millimetern ergiebt; Draht Nr. 25 hat also eine Dicke von 2,5 mm.

Drahtluftbahnen, s. Drahtseilbahnen.

Drahtmaß, s. Drahtlehre.

Drahtnägel, s. Drahtstifte.

Drahtnetz, s. Drahthindernisse.

Drahtrinnen, auch Drahtschienen genannt, in der Chirurgie angewandte Lagerungsapparate, besonders behufs Lagerung entzündeter und verletzter Extremitäten.

Drahtsaiten. D. wurden früher in verschiedener Stärke bei den Klavierinstrumenten an Stelle der seit dem 19. Jahrh. üblichen Stahlsaiten verwendet. Meist waren die D. sehr dünn, weil der Anschlag durch Tangentenstifte (beim Klavichord) oder durch Federkiele (beim Spinett und Klavicymbel) geschah, also wenig kräftig war. Der Klang ist demgemäß schwach und etwas näselnd («drahtig»).

Drahtschere, eine zum gleichzeitigen Zerteilen einer größern Anzahl von Drähten dienende Schere, deren Blätter zur Verhütung des Verdrückens der Drähte einen nicht zu großen Zuschärfungswinkel besitzen und beim Schluß nur wenig übereinander greifen. Um die Drahtenden genau rechtwinklig abzuschneiden, bedient man sich auch zweier, dicht aufeinander liegender und mittels Hebelgriffen gegeneinander verdrehbarer, gehärteter Stahlplatten, die der Drahtstärke angepaßte Bohrungen oder Einschnitte zum Einschieben des Drahtes besitzen.

Drahtseil, ein aus Eisen- oder Stahldrähten zusammengedrehtes Seil. Hauptsächlich sind die D. als Förderseile beim Grubenbetrieb, bei Drahtseilbahnen, beim Brückenbau, als Transmissionen auf weitere Entfernungen (s. Seiltrieb), statt der Ketten bei der Schleppschiffahrt, als Tauwerk der Schiffe und bei Hebevorrichtungen in Gebrauch. Die erste Anwendung fanden die D. im Grubenbetrieb, für welchen sie 1827 in einer Grube bei Clausthal im Harz durch den Oberbergrat Albert eingeführt wurden. Diese ältern Seile waren einfach aus einer Anzahl von Drähten zusammengedreht. Die Herstellung der jetzt meist gebräuchlichen runden D. geschieht in der Weise, daß zunächst eine kleinere Anzahl, gewöhnlich 6‒8 Drähte, spiralig zu einer sog. Litze zusammengedreht werden. Für den Draht, welcher in der Mitte liegt und um den die Windung erfolgt, ist dabei zur Erzielung möglichster Biegsamkeit des Seils gut