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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Entropium; Entrum-Neagh; Entry; Entsagung; Entsatz; Entschädigung; Entschädigung unschuldig Verurteilter

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Entropium - Entschädigung unschuldig Verurteilter

Veränderungen unverändert bleibt, stellt es sich heraus, daß nur bei umkehrbaren Kreisprozessen (s. d.), bei denen gar keine unnötigen Verluste von Wärme durch Leitung stattfinden, für den dem Prozeß unterworfenen Körper ^[img] ist. In allen andern Fällen ist die der Elektricitätsmenge analoge auf Wärme bezügliche Größe, d. i. die E., im Zunehmen begriffen. Geht z. B. die Wärmemenge Q von einem Körper von sehr großer Kapacität, dessen Temperatur T dadurch nicht geändert wird, auf einen ebensolchen Körper von der niedern Temperatur T2 ^[T<sub>2</sub>] über, so verliert ersterer die E. Q/T1, während letzterer Q/T2 gewinnt. Da aber T2<T1, so ist Q/T2 > Q/T1, demnach bedeutet Q/T2-Q/T1 einen Gewinn an E. Nach Clausius ist die Energie der Welt konstant, während die E. derselben einem Maximum zustrebt.

Entropium (grch.), die Einwärtskehrung des Lidrandes, wobei die Wimpern in steter Berührung mit dem Augapfel sind. Das höchst peinliche Leiden führt zu Entzündungen und Verschwärungen der Hornhaut, welche die Sehkraft dauernd schädigen. Das E. kann entstehen durch eine Verkürzung der dem Lidrande zunächst liegenden Fasern des Schließmuskels, die hauptsächlich während eines anhaltenden Lidkrampfes sich ausbildet, oder durch eine narbige Entartung des Lidknorpels und der seine Innenfläche bekleidenden Bindehaut nach Verbrennungen, Ätzungen oder tiefgreifenden Entzündungen der Lidinnenfläche. Das E. erfordert eine Operation.

Entrum-Neagh, früherer Name der irländ. Stadt Antrim (s. d.).

Entry (engl.), Sportausdruck, s. Propositionen.

Entsagung, s. Verzicht; E. der Erbschaft, s. Erbschaftserwerb.

Entsatz, Befreiung einer eingeschlossenen oder belagerten Festung. Nur ganz ausnahmsweise wird es der Besatzung eines eingeschlossenen Platzes ganz aus eigener Kraft möglich sein, den Feind zur Aufhebung der Belagerung oder Einschließung zu zwingen; meist bedarf es dazu der Mithilfe eines von außen kommenden E. (Entsatzkorps, Entsatzarmee), dessen Operationen von der Besatzung im entscheidenden Augenblick durch einen kräftigen Ausfall unterstützt werden.

Entschädigung, s. Schadenersatz.

Entschädigung unschuldig Verurteilter. So sehr man auch das Strafverfahren verbessern, mit soviel schützenden Vorschriften man den Angeklagten umgeben mag: die Möglichkeit, daß ein Angeklagter unschuldig verurteilt wird, kann, da die Richter, gelehrte wie Laien, dem Irrtum unterworfen sind, nicht beseitigt werden. Nicht bloß der Irrtum des Richters, der, wenn er ein thatsächlicher ist, durch die Berufung (s. d.), wenn ein rechtlicher auch durch die Revision (s. d.) seine Berichtigung finden kann, häufiger noch die Bosheit anderer Menschen, Meineid, Fälschung oder die mangelhafte Verteidigung des Angeklagten, die ihm günstige Thatsachen oder Beweismittel unbenutzt läßt, führen unrichtige Entscheidungen herbei. Für letztere Fälle, die gewöhnlich erst nach Abschluß des Verfahrens, oft erst nach gänzlicher oder teilweiser Verbüßung der Strafe an den Tag kommen, gewährt sowohl die Deutsche (§§. 399 fg.) als auch die Österr. Strafprozeßordnung (§§352 fg.) eine Wiederaufnahme (s. d.) des Verfahrens. Gerade die im Wiederaufnahmeverfahren erfolgten Freisprechungen haben in neuerer Zeit die allgemeine Teilnahme in Anspruch genommen und die E. u. V. auf die Tagesordnung gebracht. Der Anspruch des "unschuldig" Verurteilten ist an sich gewiß berechtigt, war für diesen auch schon in der Württemb. Strafprozeßordnung von 1868 anerkannt; zu bedenken bleibt aber, daß durch die Freisprechung im Wiederaufnahmeverfahren nicht immer die Unschuld bewiesen wird. Wenn inzwischen Jahre verflossen sind, kommt es erfahrungsmäßig häufig vor, daß die Erinnerung der früher vernommenen Zeugen verblaßt ist, daß das Gericht nun, selbst wenn die neuen Beweise nichts für den Angeklagten ergeben, nicht mehr zur Überzeugung von der Schuld desselben gelangen kann. Dann bleibt es mindestens fraglich, ob diese Freisprechung oder der ursprüngliche Schuldspruch der Wahrheit näher ist. Zur Zahlung, der Entschädigung ist nach geltendem Recht derjenige verpflichtet, durch dessen Schuld die Verurteilung herbeigeführt ist, also der meineidige Zeuge, der Urkundenfälscher u. s. w.; es läßt sich aber sehr wohl die Verpflichtung des Staates begründen, nach dessen Gesetzen der Angeklagte verfolgt, durch dessen Organe er verurteilt ist. Bei der dem Strafrichter zustehenden vollkommen freien Beweiswürdigung waren Richter und Geschworene nicht gebunden, dem Zeugen zu glauben, die Urkunde für echt anzunehmen. Der Angeklagte muß sich dem durch die Gesetze begründeten Verfahren unterwerfen; er kann sich darauf beschränken, seine Schuld zu leugnen; er darf erwarten, daß er nur, wenn wirklich schuldig, verurteilt werde. Wird er unschuldig verurteilt, oder ist der im Wiederaufnahmeverfahren Freigesprochene wenigstens rechtlich als unschuldig anzusehen, so sucht er die Ausgleichung des ihm zugefügten Unrechts bei der Gesamtheit, in deren Namen und mit deren Gewalt ihm dasselbe zugefügt ist.

Aus diesen Anschauungen heraus hat die öffentliche Meinung in Deutschland immer dringender die gesetzliche Anerkennung der Ersatzpflicht des Staates für unschuldig erlittene Strafen gefordert. Nachdem sich früher schon einzelne Schriftsteller, Anwaltverein und Juristentag für diese Anerkennung ausgesprochen haben, hat die Frage seit 1882 infolge von Anträgen der Abgeordneten Phillips, Lenzmann, Munckel, Lerche, Rintelen wiederholt den Reichstag beschäftigt. In den J. 1882, 1884, 1885 sind die betreffenden Anträge einer Kommission zur Vorberatung überwiesen, die von dieser erstatteten Berichte jedoch nicht zur Beratung im Reichstag gelangt. Im J. 1886 wurde der von der Kommission ausgearbeitete Gesetzentwurf in zweiter und dritter Beratung angenommen. Derselbe wurde, nachdem der Bundesrat seine Zustimmung versagt hatte, sodann 1887 von dem Abgeordneten Munckel als selbständiger Antrag wieder eingebracht und in dritter Beratung 7. März 1888 vom Reichstag abermals angenommen. Er gewährt jedem im Wiederaufnahmeverfahren Freigesprochenen, der die erkannte Strafe bereits ganz oder teilweise verbüßt hat, einen Anspruch auf Erstattung des ihm entstandenen Vermögensschadens gegen den Staat, dessen Gericht das aufgehobene Urteil gesprochen hat, oder wenn dies das Reichsgericht gewesen, gegen das Reich, unter Vorbehalt des Rückgriffs gegen denjenigen, durch dessen Verschulden das