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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fincke; Findeisen; Findel; Findelgeld; Findelhäuser

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Fincke - Findelhäuser.

von Dänemark mit dem Rang eines Generals der Infanterie in seine Dienste; doch starb F. schon 22. Febr. 1766 in Kopenhagen.

Fincke, Fritz, Klavierspieler und Gesanglehrer, geb. 1. Mai 1836 zu Wismar, erhielt seine Ausbildung von 1851 bis 1853 am Konservatorium zu Leipzig, wo er sich ebensosehr als Klavier- wie als Violinvirtuose auszeichnete, und ließ sich dann in seiner Vaterstadt als Organist und Musiklehrer nieder. An der Spitze eines dort 1860 von ihm begründeten Gesangvereins stehend, wandte er sich in der Folge mehr und mehr dem Gesangunterricht zu und erzielte auf diesem Gebiet so bedeutende Resultate, daß er 1879 als Vorsteher der Gesangsklassen des Peabody-Konservatoriums nach Baltimore berufen wurde, wo er seither eine ungemein erfolgreiche Wirksamkeit als Lehrer und Chorvereinsdirigent entfaltet hat. Die von ihm veröffentlichten Werke bestehen in kleinern Klavierkompositionen u. einer verdienstvollen klavierpädagogischen Arbeit: "Anschlagselemente" (Wismar 1871).

Findeisen, Julius, Dramatiker und Schauspieler, geb. 3. Juni 1809 zu Leipzig, debütierte 1826 daselbst als Schauspieler und ging 1826 zur Bethmannschen Gesellschaft, die er auch später selbst leitete, spielte an größern und kleinern Bühnen, bis er 1840 in Berlin am Königsstädtischen Theater engagiert wurde. 1842 kam er nach Wien zu Direktor Carl, 1850 an das Theater an der Wien, nahm dann am Stadttheater eine Stellung als Materialverwalter an und erteilte, nachdem er dieses Amt niedergelegt, dramatischen Unterricht. Zuletzt artistischer Beirat des Ringtheaters, starb er 13. März 1879 in Wien. Ein begabter Schauspieler im komischen Charakterfach, besaß F. noch größere Fähigkeiten als Dramatiker, als welcher er mit Glück das Volksstück kultivierte. Zu den beliebtesten seiner Stücke gehörten: "Fanny, die schieche Nuß", "Wie man's treibt, so geht's", "Der Schuster-Michel" und besonders "Die Jugendsünde".

Findel, Joseph Gabriel, freimaurerischer Schriftsteller, geb. 21. Okt. 1828 zu Kupferberg in Oberfranken, besuchte 1848 die Universität München, wurde im folgenden Jahr wegen seiner Beteiligung an der politischen Bewegung in Untersuchung gezogen, nach zehnmonatlicher Haft begnadigt, widmete sich dann in Heidelberg dem Buchhandel und siedelte später nach Leipzig über, wo er nach vorübergehender Thätigkeit als Mitredakteur der "Illustrierten Zeitung" 1858 mit der von ihm noch jetzt geleiteten freimaurerischen Zeitung "Die Bauhütte" ein Verlagsgeschäft gründete. Von seinen Schriften über Freimaurerei (gesammelt 1882-85, 6 Bde.) erwähnen wir: die "Geschichte der Freimaurerei" (5. Aufl. 1883, sein Hauptwerk, mehrfach übersetzt); "Anti-Schiffmann" (2. Aufl. 1870); "Meine maurerische Büchersammlung" (1870); "Grundsätze der Freimaurerei im Völkerleben" (2. Aufl. 1882); "Geist und Form der Freimaurerei" (4. Aufl. 1883). Außerdem schrieb er: "Quickborn der Lebensweisheit" 2. (Aufl. 1860); "Bausteine zur Diätetik der Seele" (2. Aufl. 1864); "Die klassische Periode der deutschen Nationallitteratur im 18. Jahrhundert" (2. Aufl. 1873) und den Roman "Schach Bismarck" (1884).

Findelgeld, s. v. w. Finderlohn (s. Fund).

Findelhäuser, Anstalten, in welchen Findlinge (Findelkinder), d. h. von ihren Eltern verlassene und ausgesetzte Kinder, aufgenommen und erzogen werden. Die erste Anstalt dieser Art soll im 6. Jahrh. in Trier bestanden haben. Insbesondere ließ sich die Kirche, welche das Leben der Neugebornen schützen wollte, die Gründung und weitere Verbreitung der F. angelegen sein. Unter ihrem Einfluß wurde das erste Findelhaus im heutigen Sinn 787 in Mailand errichtet. Diesem Beispiel folgten 1070 Montpellier, 1200 Einbeck, 1317 Florenz, 1331 Nürnberg, 1362 Paris, 1380 Venedig, 1687 London. Vorzüglich sind heute F. in den romanischen Ländern, dann in Österreich und Rußland verbreitet, während sie in den germanischen Ländern nie recht Eingang gefunden haben und insbesondere in den protestantischen nach der Reformation meist wieder ganz verschwunden sind. Der Einfluß, welchen die F. in sittlicher und sozialer Beziehung ausüben, hängt ganz vorzüglich von ihrer Einrichtung, vom Volkscharakter und von den gesetzlichen Bestimmungen über Ehe und Eherecht sowie über die Alimentationspflichten der Väter unehelicher Kinder ab. Brauchbare Erfahrungen hat man hierüber in Frankreich gemacht. Schon 1362 wurde hier ein Gesetz zu gunsten der Findlinge erlassen, welches die Gemeinden zur Verpflegung derselben verpflichtete. 1790 wurde bestimmt, daß die Kinder nur kurze Zeit in den Hospizen verbleiben und dann auf dem Land verpflegt und nach zurückgelegtem zwölften Lebensjahr in die Lehre gegeben werden sollten. 1811 wurde angeordnet, daß jedes Arrondissement höchstens ein Findelhaus haben sollte. Alle F., deren Kosten zum großen Teil der Staat übernahm, sollten Drehladen oder Drehräder (franz. tour, ital. riota), d. h. Einrichtungen besitzen, welche es gestatteten, Kinder ungesehen abzugeben, so daß es unmöglich war, den Eltern derselben nachzuforschen. Infolge hiervon stieg die Zahl der F. 1833 bis auf 219, die Zahl der auf öffentliche Kosten unterhaltenen Kinder auf 131,000 gegen 65,000 im J. 1809. Um zu verhüten, daß verheiratete Mütter ihre Kinder dem Findelhaus übergäben, um sie dann als bezahlte Pflegemütter wieder zurückzunehmen, wurde das sogen. Deplacement eingeführt, d. h. die Kinder wurden in entfernten Departements bei Pflegeeltern untergebracht. Da dies Mittel aber die Aufsicht erschwerte und die Kosten erhöhte, so wurden 1834 die Präfekten ermächtigt, mit Zustimmung der Generalräte die Drehladen aufzuheben, welche denn auch jetzt ganz verschwunden sind. Ferner nehmen die Anstalten jetzt Kinder nur dann auf, wenn eine vom Vorstand angestellte Prüfung dies als angemessen erscheinen läßt. Außerdem wurde der Grundsatz angenommen, da, wo die Drehladen aufgehoben wurden, den Müttern unehelicher Kinder während der drei ersten Lebensjahre der letztern kleine Geldunterstützungen zu gewähren. Infolgedessen ist die Zahl der aus öffentlichen Mitteln unterstützten Kinder auf etwa 90,000 zurückgegangen, von denen etwa 20,000 sich unter der Obhut ihrer eignen Mütter befinden. Zu gunsten der Drehladen hat man geltend gemacht, daß seit Aufhebung derselben die Fruchtabtreibungen, Totgeburten und Kindesmorde sich erheblich vermehrt hätten. Hierbei wurde jedoch übersehen, daß daneben noch andre Ursachen auf eine Zunahme dieser Erscheinungen, soweit sie bekannt werden, hinwirkten, wie Entwickelung der Medizin, schärfere Beobachtungen der Polizei, Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage u. dgl. Gegen die F. und insbesondere die Drehladen führt man an, daß durch dieselben das Verantwortlichkeitsgefühl der Eltern geschwächt werde, daß sie, indem sie die Sorge für die Kinder abnähmen, die geschlechtlichen Ausschweifungen beförderten und nicht im stande seien, in ihren alles Heimats- und Familiengefühls baren Zöglingen tüchtige, brauchbare Menschen zu erziehen, wie denn die Erfahrung beweise, daß die von Ludwig XIV. der