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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fleute; Flevo Lacus; Flexibel; Flexion; Flexoren; Flexura sigmoidea; Flgge.; Flibustier; Flieder; Fliedner

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Fleute - Fliedner.

dung nach Basel. Nach Napoleons abermaligem Fall begab er sich nach London, kehrte später zurück, wurde nach der Julirevolution Deputierter; starb 28. Sept. 1835. Er schrieb: "Mémoires pour servir à l'histoire du retour et du règne de Napoléon en 1815" (Lond. 1820, Hamb. 1820; deutsch, Leipz. 1820).

4) Emile Félix, franz. General, geb. 23. Dez. 1815 zu Paris, machte seine Studien im Collège Rollin und ließ sich, da er plötzlich sein Vermögen verlor, 1837 in das Korps der Spahis in Algerien aufnehmen. Er machte in diesem elf Feldzüge mit und erhielt drei öffentliche Belobungen im Tagesbefehl. Seine ausgezeichnete Haltung verschaffte ihm eine rasche Beförderung: 1840 wurde er Unterleutnant, 1844 Kapitän, 1848 Eskadronschef. Nach der Februarrevolution schloß er sich dem Bonapartismus mit Begeisterung an und wurde 10. Dez. Ordonnanzoffizier des Präsidenten Ludwig Napoleon. Nach Wiederherstellung des Kaiserreichs wurde er zum Kommandeur des Regiments der Guiden, zum ersten Stallmeister der Krone (1862), zum Adjutanten des Kaisers und zum Generaldirektor der kaiserlichen Gestüte (1861) ernannt, 1865 Senator, und 1866 erhielt er den Titel Großstallmeister. F. besaß in hohem Grade das Vertrauen des Kaisers und wurde mit verschiedenen diplomatischen Sendungen beauftragt: am Ende des Jahrs 1866, nach der Einverleibung Venetiens in das Königreich Italien, wurde er an den Hof des Königs Viktor Emanuel, im September 1869 als Botschafter nach St. Petersburg geschickt und hatte 1870 die Aufgabe, Rußland in dem deutsch-französischen Krieg für die Sache Frankreichs zu gewinnen, doch richtete er nichts aus. Nach dem Sturz des Kaisertums legte er seinen Gesandtschaftsposten nieder und starb 11. Dez. 1884 in Paris.

5) Jules, franz. Schriftsteller, s. Champfleury.

Fleute, s. Flüte.

Flevo Lacus, im Altertum Name des Zuidersees (s. d.), der damals viel kleiner und ein Binnensee war, aus welchem das Flevum ostium (vielleicht dem heutigen Vlie-Stroom entsprechend) in die Nordsee führte. Die Sturmfluten der Jahre 1219 und 1282 führten die Vereinigung des Sees mit dem Meer herbei.

Flexibel (lat.), biegsam, lenksam, geschmeidig; in der Grammatik von Wörtern gebraucht, welche flektiert werden (s. Flexion). Daher Flexibilität, Biegsamkeit.

Flexion (lat.), "Beugung, Biegung", besonders im grammatischen Sinn die Veränderung eines Wortes zur Bezeichnung seines Verhältnisses zu den übrigen Satzgliedern. In den meisten Sprachen gibt es zwei Hauptarten der F., die Deklination, d. h. die Beugung der Substantiva durch Anfügung von Kasusendungen (s. Kasus), und die Konjugation, d. h. die Beugung der Verba durch Anfügung von Personalendungen und andern Zusätzen (s. Verbum). Je nachdem die sinnbegrenzenden Silben vorn, am Ende oder in der Mitte des Wortstammes beigefügt werden, nennt man sie Präfixe, Suffixe oder Infixe. Die Präfixbildung herrscht in den malaiisch-polynesischen Sprachen und in den Bantusprachen Südafrikas vor; so heißt im Zulukafferischen "der Mann erscheint": umu-ntu omu-khle, wobei die zwei ersten Silben die grammatische Kongruenz zwischen Subjekt und Objekt ausdrücken. Dagegen wenden die uralaltaischen Sprachen, die drawidischen und überhaupt die meisten Sprachen ausschließlich oder vorherrschend Suffixe an, und die Suffixbildung ist auch in den indogermanischen (z. B. Haus-es, lieb-te) und semitischen Sprachen die Regel. Infixe finden sich überall nur vereinzelt; so zeigt das lateinische Verbum jungo ("ich verbinde") ein Infix, n, während das Substantiv jugum ("das Joch"), das von derselben Wurzel herkommt, desselben enträt. Die Beifügung besonderer Silben oder einzelner Laute ist jedoch nicht das einzige Mittel, um die grammatische Beziehung eines Wortes auszudrücken; sondern es genügt hierzu auch eine bloße Veränderung des Wortstammes, die allerdings häufig auch von dem Hinzutritt einer Formsilbe begleitet ist. Besonders entwickelt ist dieses System in den semitischen Sprachen; so heißt im Arabischen katala "er hat getötet", kutila "er wurde getötet", maktûlun "getötet"; im Hebräischen kâtal "er hat getötet", hiktil "er ließ töten". Auch die indogermanischen Sprachen können grammatische Verhältnisse auf diesem Weg zum Ausdruck bringen; hierher gehört der sogen. Ablaut im Deutschen (z. B. helfen, half, geholfen, Hilfe). Diese grammatische Veränderung des Wurzelvokals wird jetzt oft als F. im engern Sinn bezeichnet und als unterscheidendes Merkmal der beiden höchst entwickelten Sprachstämme, des semitischen und indogermanischen, angesehen (s. Sprache u. Sprachwissenschaft); jedenfalls kommt die F. in diesem engern Sinn in andern Sprachstämmen nur vereinzelt vor.

Flexoren (lat.), s. Beugemuskeln.

Flexura sigmoidea (iliaca), der S-förmig gekrümmte untere Abschnitt des Grimmdarms, der an den Mastdarm anstößt.

Flgge., bei botan. Namen Abkürzung für J. ^[Johann] Flügge, geb. 1775 zu Hamburg, gest. 1816 in Barmbeck, Arzt in Hamburg. Gramineen.

Flibustier (v. engl. freebooters, Freibeuter, franz. korrumpiert filbustiers, nach andern von flyboat, holländ. vlieboot, franz. flibot, den leichten Schiffen, deren sich die F. anfangs bedienten), kühne Seeräuber zu Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrh., welche aus den Bukaniern hervorgingen und sich selbst Küstenbrüder (Frères de la côte) nannten. Ihre schwarze Flagge mit Totenkopf und Stundenglas hieß der "lustige Roger". Vgl. Bukanier. In neurer Zeit hat man F. auch andre auf Seeraub und Küstenplünderung ausgehende Abenteurer genannt, z. B. die Walkerschen Freischaren, welche sich 1856 Nicaraguas bemächtigten, sowie die nordamerikanischen Freiwilligen, welche die Aufstände in Cuba unterstützten.

Flieder, s. v. w. Syringa, auch Sambucus.

Fliedner, Theodor, Begründer des protestant. Diakonissenamts, geb. 21. Jan. 1800 zu Eppstein im Nassauischen, ward 1822 Pfarrer zu Kaiserswerth. Um seiner armen Gemeinde einen Kirchen-, Schul- u. Armenfonds zu verschaffen, sammelte er zuerst milde Beiträge bei den wohlhabendern Nachbargemeinden, dann auf wiederholten Reisen nach Holland und England. Er begründete damit im September 1833 ein Asyl für entlassene weibliche Gefangene, 1835 eine Kleinkinderschule zu Düsseldorf, die erste in Deutschland, 1836 eine gleiche in Kaiserswerth, an welche sich dann ein Seminar für Kleinkinderlehrerinnen anschloß. Nachdem er 1836 den Rheinisch-Westfälischen Diakonissenverein begründet, eröffnete er am 13. Okt. d. J. die erste protestantische Diakonissenanstalt zu Kaiserswerth, verband damit später ein Krankenhaus, ein Seminar für Lehrerinnen (1841), ein Waisenstift für Mädchen aus den mittlern Ständen (1842) und eine Heilanstalt für weibliche Gemütskranke (1852). Das Kapitalvermögen (Immobilien) der von ihm zu Kaiserswerth gegründeten Anstalten betrug 1865 schon