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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Großlinden - Großschnäbler.

Großlinden, Stadt in der hess. Provinz Oberhessen, Kreis Gießen, hat eine alte Kirche mit merkwürdigem Portal (aus dem 10. Jahrh.), ein Braunsteinbergwerk, Likör- und Zigarrenfabrikation und (1885) 1270 evang. Einwohner.

Großmann, 1) Gustav Friedrich Wilhelm, Schauspieler und Schauspieldichter, geb. 30. Nov. 1746 zu Berlin, ward preußischer Legationssekretär in Danzig und privatisierte dann in Berlin, wo er unter anderm mit Lessing verkehrte. Infolge einer Wette schrieb er hier sein Lustspiel "Die Feuersbrunst" in drei Tagen und errang damit einen glänzenden Erfolg, der durch seine in acht Tagen geschriebene Tragödie "Wilhelmine von Blondheim" noch gesteigert wurde. Auf einer Reise nach Gotha 1774 von der Seylerschen Schauspielergesellschaft veranlaßt, in der Rolle des Riccaut de la Marlinière in "Minna von Barnhelm" aufzutreten, fand er solchen Beifall, daß er sich fortan ganz der Schauspielkunst widmete. 1778 übernahm er die Leitung der Bühne in Bonn, gründete aber 1784 eine neue Gesellschaft, mit welcher er mehrere Orte, zuletzt Hannover, besuchte. Seine Sympathien für die Ideen der französischen Revolution verwickelten ihn 1795 in einen Prozeß, infolge dessen er zu sechsmonatlicher Haft verurteilt und ihm verboten wurde, wieder auf der Bühne zu erscheinen. Er starb 20. Mai 1796 in Hannover. Von seinen Lustspielen nennen wir noch: "Henriette Adelheid von Veltheim", "Die Ehestandskandidaten", "Nicht mehr als sechs Schüsseln". - Seine Gattin Karoline Sophie Auguste, geborne Hartmann, geb. 25. Dez. 1752 zu Gotha, leitete mit ihrem Gatten die Direktionsgeschäfte, trat auch kurze Zeit selbst als Schauspielerin auf und starb 28. März 1784 in Bonn. Durch ihren frühern Gatten, Flittner, war sie Mutter der Schauspielerin Friederike Bethmann.

2) Christian Gottlob Leberecht, Theolog, geb. 9. Nov. 1783 zu Prießnitz bei Kamburg, trat 1808 in den geistlichen Stand, ward 1822 Diakonus und Professor in Schulpforta und 1823 Generalsuperintendent, Oberhofprediger und Konsistorialrat in Altenburg, von wo er 1829 als Superintendent, Professor der Theologie und Pastor an der Thomaskirche nach Leipzig berufen wurde. Seit 1833 Mitglied der sächsischen Ersten Kammer, hat er die Sache des Fortschritts stets vertreten und namentlich auch für eine selbständigere Stellung der Kirche im Staat seine Stimme erhoben. Vor allem aber ist die Gründung der Gustav-Adolf-Stiftung (s. d.) sein Werk. Er starb 29. Juni 1857. Unter seinen Schriften sind außer Predigten hervorzuheben: "Quaestiones Philoneae" (Leipz. 1829, 2 Bde.); "Über die Reformation der protestantischen Kirchenverfassung" (das. 1833).

Großmeister, bei verschiedenen Orden, besonders bei dem Johanniterorden und den Tempelherren, der oberste Vorstand. S. Orden.

Großmeseritsch, Stadt in Mähren, im engen Thal der Oslawa, hat eine gotische Kirche, ein stattliches Rathaus, (1880) 5623 Einw., Leimsiederei, Tuch- und Lederfabrikation, eine Dampfmühle, Flachshandel, Viehmärkte, eine Ackerbauschule und ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts. Dabei auf steilem Berg ein altertümliches Schloß.

Großmogul, Titel der Herrscher des von Baber, einem Urenkel Tamerlans, in Ostindien 1505 gegründeten mohammedanischen Reichs, von ihrem tatarischen (fälschlich mongolischen) Ursprung hergenommen; sie selbst führten den persischen Titel Schah, die Hofsprache war Persisch. Die berühmtesten Herrscher waren Baber, Akbar und Aurengzib. Der Reichtum der Großmoguls war sprichwörtlich. Ihr Reich zerfiel seit dem Beginn des 18. Jahrh. und erreichte sein Ende 1788 unter Schah Alum II. mit der Einnahme Dehlis durch die Engländer. Die Nachkommen der Großmoguls bezogen dann einen Jahrgehalt von England und genossen zu Dehli, ihrer Residenz, Hofehren. Die Beteiligung der Angehörigen der Familie an dem Aufstand von 1857 und namentlich an den in Dehli gegen die Europäer verübten Grausamkeiten führte ihren Sturz herbei. Die jetzigen Prinzen der einstigen Dynastie führen in Benares als englische Staatspensionäre ein einsames, unbeachtetes Leben.

Großmut, im Gegensatz zu Edelmut s. v. w. ein großes, durch Liebe zum Großen, wie dieser edles, durch Liebe zum Sittlichen bestimmtes Gemüt. Der Großmütige verzeiht Beleidigungen leicht, weil Verzeihen groß, der Edelmütige, weil es eines Vernünftigen würdig ist. Jene ist eine über das Kleine und Kleinliche, dieser eine über das Unvernünftige und Selbstgefällige erhabene Denkweise.

Grosso, alte ital. Münze, = 5 Bajocchi.

Großostheim, s. Ostheim 2).

Großpensionär, s. Ratspensionär.

Großpolen, der nordwestliche, ebene, im ganzen sehr fruchtbare Teil des ehemaligen polnischen Reichs, bestand ursprünglich aus den Woiwodschaften Posen, Gnesen, Kalisch, Sieradz, Lentschiza und dem Land Wielun; später rechnete man auch Kujavien, Plozk, Masovien, Rawa, selbst das Herzogtum Preußen mit Ermeland, Pommerellen und dem Land Kulm dazu. Vgl. Kleinpolen.

Großröhrsdorf, Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Bautzen, Amtshauptmannschaft Kamenz, an der Röder und der Linie Arnsdorf-Kamenz der Sächsischen Staatsbahn, hat bedeutende Lein- und Baumwollweberei, Fabrikation von Bändern, Borten etc., Maschinen und Kinderwagen, Bleicherei, Färberei und (1885) 5543 evang. Einwohner.

Großrudestedt, Dorf im weimar. Verwaltungsbezirk Weimar, an der Gramme und der Linie Sangerhausen-Erfurt der Preußischen Staatsbahn und der (1886) projektierten Eisenbahn Weimar-G., hat ein Amtsgericht und (1885) 1039 Einw.; dabei das Jagdschloß Schwansee.

Großrußland, der Hauptteil und Kern des jetzigen europäischen Rußland, umfaßt die Gouvernements Moskau, Smolensk, Pskow, Twer, Nowgorod, Olonez, Archangel, Wologda, Jaroslaw, Kostroma, Wladimir, Nishnij Nowgorod, Tambow, Rjäsan, Tula, Kaluga, Orel, Kursk und Woronesh.

Großsachsenheim, Stadt im württemberg. Neckarkreis, Oberamt Vaihingen, 229 m ü. M., an der Metter und der Linie Bretten-Friedrichshafen der Württembergischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, ein Schloß, Obstbau, Sandsteinbrüche u. (1885) 1396 Einw.

Großsalze, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Kalbe, hat ein Amtsgericht, bedeutende Bierbrauerei, Dünger-, Ziegel- und Zündhütchenfabrikation und (1885) 3476 evang. Einwohner. Zur Stadt gehören die alte Burg Schadeleben mit Zwangsarbeits- und Landarmenanstalt und das Solbad Elmen (s. d.).

Groß-Schlagendorf (ungar. Nagy-Szalók), bekannter klimatischer Kurort des südlichen Tátra-Abhanges im ungar. Komitat Zips, 20 Min. von der Stadt Poprád entfernt, mit Park und Bädern. Das Dorf G. hat 990 deutsche Einwohner.

Groß-Schlatten, Stadt, s. Abrudbánya.

Großschnäbler, s. Tukane.