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Hieroglyphik - Hieronymiten
hieroglyphischen Schrift und die Grundzüge der darin niedergelegten Sprache darzulegen und durch zahlreiche, den verschiedensten Inschriften aller Epochen entnommene Beispiele nachzuweisen unternahm. Eine methodischere Auffassung des ägypt. Schriftorganismus hat Lepsius in seiner "Lettre à M. Rosellini sur l'alphabet hiéroglyphique" (in den "Anales de l'Institut archéologique", Bd. 9, Rom 1837) zu begründen gesucht, indem er das in Champollions Grammatik bis auf 232 Zeichen angewachsene phonetische Alphabet in verschiedene Klassen zerlegte und als dessen rein und ausschließlich phonetischen Teil nur 34 H. anerkannte. Der lexikalische Teil der Hieroglyphenkenntnis erfuhr wertvolle Bereicherungen durch die Schriften von Rosellini, Lepsius, Leemans, Hincks, Brugsch sowie durch die Übersetzungen längerer Texte von Birch, de Rougé, Chabas, denen sich Goodwin, Le Page-Renouf, Dümichen, Ebers, Stern, Eisenlohr, Naville, Pierret, Maspero, Erman u. a. anschließen. Die bedeutendste Arbeit in dieser Beziehung ist Brugschs "Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch" (4 Bde., Lpz. 1867-68).
Die Untersuchungen über die hieratische Schrift wurden namentlich durch Chabas und Goodwin gepflegt. Die demotischen Entzifferungen wurden seit Silvestre de Sacy und Äkerblad vorzüglich durch Young gefördert und durch ihn eine breite Grundlage für alle folgenden Untersuchungen auf diesem durch Zeit, Dialekt und Quellen ferner liegenden Felde gelegt. Hierbei ist namentlich seine Interlinearübersetzung der Inschrift von Rosette und mehrerer demotischer Papyrus in den "Hiroglyphics collected by the Egyptian Society"> (Lond. 1823-28) und den "Rudiments of an Egyptian dictionary", zuerst als Anhang zu der kopt. Grammatik von Tattam (1830), nachmals getrennt (1831) publiziert, zu nennen. Neben den verschiedenen Erörterungen von Champollion, Salvolini, Kosegarten, Lepsius ist hierbei noch besonders der wichtigen Publikation eines umfangreichen, mit vielen griech. Umschriften versehenen demotischen Papyrus durch Leemans in den "Monuments égyptiens de Leid" (Leid. 1839) zu erwähnen. Später haben diese Untersuchungen namentlich in Brugsch (s. d.) den thätigsten Bearbeiter gefunden, dessen "Grammaire démotique" seitdem die Grundlage der Weiterforschung geworden ist. Es darf endlich auch nicht unerwähnt bleiben, daß die durch Champollion begründete hieroglyphische Forschung lange Zeit hindurch einzelne, meistens sehr heftige Gegner gefunden hatte, von denen hier vor andern Klaproth, Palm, Janelli, Williams, Goulianof, Secchi, Seyffarth und Uhlemann genannt werden mögen, deren Entzifferungsweisen unter sich ebensowenig Zusammenhang wie mit dem System Champollions haben, mit Ausnahme des letzten, der sich genau an Seyffarth anschließt.
Hieroglyphik (grch.), Hieroglyphenkunde.
Hierográmm (grch.), heilige Schrift, geheime Priesterschrift; Hierogrammaten (Hierogrammatisten) wurden von den Griechen die ägypt. Priester genannt, die die heiligen Gebräuche auslegten, auf ihre Beobachtung beim Gottesdienst sahen, die Kenntnis der heiligen Schrift fortpflanzten und die heiligen Urkunden niederschrieben.
Hierographa (grch.), sinnbildliche Darstellungen heiliger Gegenstände; Hierographie, heilige Geheimschrift, Beschreibung heiliger Bräuche u. s. w.
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Hierokles, griech. Philosoph und Rhetor zu Ende des 3. und im Anfang des 4. Jahrh. n. Chr., war als röm. Statthalter von Vithynien in Nikomedien ein Hauptbeförderer der Christenverfolgung unter Kaiser Diocletian seit 303 n. Chr. Auch bekämpfte er das Christentum in einer eigenen Schrift, die man aber nur noch aus Lactantius und besonders aus einer Gegenschrift des Eusebius kennt.
Ein anderer, als Neuplatoniker bekannter H. lehrte im 5. Jahrh. n. Chr. zu Alexandria mit Beifall. Außer Auszügen und Bruchstücken anderer Werke ist von ihm erhalten ein mehr philos. als grammatischer Kommentar zu den "Goldenen Sprüchen des Pythagoras" (hg. von Mullach, Berl. 1853; deutsch von Schultheß, Zür. 1778). Eine Sammlung spaßhafter Erzählungen (hg. von Korais u. d. T. "Asteia", Par. 1812, und als "Hieroclis et Philagrii facetiae" von Eberhard, Berl. 1869; deutsch von Ramler, ebd. 1782) gehört einer spätern Zeit an. Gesamtausgaben von Pearson (Lond. 1654 u. 1675) und Needham (Cambr. 1709).
Hierokratie (grch.), Priesterherrschaft.
Hierologie (grch.), Rede von heiligen und göttlichen Dingen, z. B. Predigt, Segensspruch, auch Einsegnung.
Hieromantie (grch.), soviel wie Hieroskopie (s. d.).
Hieromnemones (grch.), s. Amphiktyonie.
Hieromonachos (grch.), in der griech.-kath. Kirche Mönche mit den priesterlichen Weihen.
Hieron, s. Hiero.
Hieroniken, die Sieger in den Agonen (s. d.).
Hieronymianer, s. Brüder des gemeinsamen Lebens und Hieronymiten.
Hieronymiten (Hieronymianer, Einsiedler, Eremiten des heiligen Hieronymus), Name verschiedener Mönchsorden, die den heil. Hieronymus (s. d.) zum Schutzpatron wählten. Der erste Orden der H. wurde um 1370 von dem Portugiesen und Tertiarier des Franziskanerordens Vasco und dem span. Kammerherrn Peter Ferd. Pecha in der Nähe von Toledo gestiftet, 1373 von Gregor XI. bestätigt. Die H. folgten der Regel des heil. Augustinus und verbreiteten sich rasch in Spanien und Portugal, später in Amerika. Die Ordenstracht ist ein weißer Rock von grobem Stoff, eine kleine Kapuze und ein Skapulier, beides von schwarzer Farbe. Hauptklöster des Ordens waren in Guadalupe, Geronimo de San Juste (s. d.) und im Escorial (s. d.). Später verfiel der Orden in weltliches Treiben, wurde aufgelöst und besteht jetzt nur noch in Amerika.
Einen weiblichen Zweig des Ordens, Einsiedlerinnen des heiligen Hieronymus oder Hieronymitinnen, stiftete Maria Garcias 1375 im Kloster des heil. Paul zu Toledo. Erst unter Julius II. legten sie ein feierliches Gelübde ab und wurden förmlich anerkannt. Sie trugen ein weißes Kleid mit braunem Skapulier, waren früher in Spanien sehr verbreitet, bestehen aber jetzt nicht mehr.
Aus den Mitgliedern des Ordens der spanischen H. bildete der dritte General, Lupus d'Olmedo (gest. 1433), 1424 eine abgesonderte, 1426 bestätigte Kongregation der Eremiten des heiligen Hieronymus von der Observanz, die sich in Spanien 1595 wieder mit den übrigen H. vereinigte, in Italien als Kongregation der Eremiten des heiligen Hieronymus von der Lombardei sich in einigen Klöstern erhalten hat.
Die Bettelbrüder oder Eremiten des heiligen Hieronymus (Pauperes Eremitae Sancti