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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hirth; Hirtius; Hirudineen; Hirundo; Hirzel

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Hirth - Hirzel.

Hirth, Georg, volkswirtschaftl. Schriftsteller und Statistiker, geb. 13. Juli 1841 zu Gräfentonna (Herzogtum Gotha), war 1857-62 Eleve der Perthesschen geographischen Anstalt zu Gotha und widmete sich darauf volkswirtschaftlichen Studien in Leipzig, wo er 1863-66 die "Deutsche Turnzeitung" redigierte, war dann Mitglied des königlichen statistischen Seminars und Sekretär der Viktoria-National-Invalidenstiftung zu Berlin, begründete daselbst 1867 den "Parlamentsalmanach" (15. Ausg. 1884) und 1868 die "Annalen des Norddeutschen Bundes", seit 1871 "Annalen des Deutschen Reichs", die er seit 1882 gemeinschaftlich mit M. Seydel herausgibt. 1869-1870 war er Mitglied der Kommission zur weitern Ausbildung der Statistik des Zollvereins und 1870 bis 1871 Mitredakteur der "Allgemeinen Zeitung" in Augsburg. Seit 1871 lebt er als Buchdruckereibesitzer, Mitinhaber der "Neuesten Nachrichten" und Verlagsbuchhändler in München. Er schrieb: "Statistisches Jahrbuch der Turnvereine" (Leipz. 1863 u. 1865); "Das gesamte Turnwesen" (das. 1865); "Freisinnige Ansichten der Volkswirtschaft" (3. Aufl., das. 1876) sowie zahlreiche Abhandlungen und statistische Untersuchungen in seinen "Annalen". Mit J. v. Gosen gab er das "Tagebuch des deutsch-französischen Kriegs" (Leipz. 1870-74) heraus. Seit Mitte der 70er Jahre wandte er seine publizistische Thätigkeit mit großem Eifer der Förderung des Kunstgewerbes zu und hat auf diesem Gebiet durch zahlreiche wohlfeile Publikationen dem Kunsthandwerk und der Erkenntnis der Kulturgeschichte wertvolle Dienste geleistet, so in den Werken: "Der Formenschatz der Renaissance" (1877 ff., seit 1879 u. d. T.: "Der Formenschatz"), "Das deutsche Zimmer der Gotik und Renaissance etc." (3. Aufl. 1886), "Kulturgeschichtliches Bilderbuch aus drei Jahrhunderten" (1883 ff.) und einer Reihe von Faksimile-Reproduktionen altdeutscher Holzschnittwerke und Zeichnungen von Dürer, Holbein, Cranach, J. Amman, V. Solis u. a. (in der "Liebhaber-Bibliothek alter Illustratoren", 1880 ff.).

Hirtius, Aulus, diente seit 58 v. Chr. unter Julius Cäsar als dessen Legat in Gallien und hielt sich auch später zu dessen Partei, ohne sich jedoch selbst an den weitern Kriegen Cäsars gegen Pompejus und die Pompejaner zu beteiligen. Er hielt sich vielmehr meist in der Hauptstadt auf, um da die Interessen Cäsars wahrzunehmen. Im J. 46 wahrscheinlich Prätor, gab er ein Gesetz, durch welches die Pompejaner von den Ehrenstellen ausgeschlossen wurden. Nach der Ermordung Cäsars stellte er sich auf die Seite der Gegner des Antonius und führte, nachdem er 43 mit Gajus Vibius Pansa das ihm schon von Cäsar bestimmte Konsulat angetreten hatte, mit seinem Kollegen und mit Octavianus Krieg gegen Antonius (den sogen. mutinensischen). Er schlug Antonius 15. April bei Forum Gallorum und nahm an dem entscheidenden Sieg über denselben bei Mutina teil (26. oder 27. April), fiel aber in dieser letztern Schlacht. Er war mit Cicero befreundet und ließ sich von diesem in der Beredsamkeit unterrichten (wofür er als Feinschmecker Cicero nach dessen scherzhaftem Ausdruck in der Kunst zu essen unterrichtete). Von den unter seinem Namen gehenden Fortsetzungen der Kommentarien Cäsars: "De bello Gallico lib. VIII", "De bello Alexandrino", "De bello Africano" und "De bello Hispaniensi" ist nur das erstgenannte Buch sicher und das zweite wahrscheinlich von ihm verfaßt.

Hirudineen (Hirudinei), s. Blutegel.

Hirundo, Schwalbe; Hirundinidae (Schwalben), Familie aus der Ordnung der Sperlingsvögel (s. d.).

Hirzel, 1) Hans Kaspar, Schriftsteller im Fach der praktischen Philosophie, geb. 21. März 1725 zu Zürich, war Oberstadtarzt und Mitglied des Großen Rats daselbst, bereiste mit Sulzer die Schweiz und Deutschland und lernte in Berlin die damaligen Koryphäen der deutschen Litteratur kennen. Kleist lebte einige Wochen bei ihm, und die von Klopstock in einer seiner Oden besungene Fahrt auf dem Züricher See leitete H. Er starb 19. Febr. 1803. Er schrieb: "Die Wirtschaft eines philosophischen Bauers" (Zürich 1771, 2. Aufl. 1774); "Das Bild eines wahren Patrioten" (das. 1767, 2. Aufl. 1775); "Auserlesene Schriften zur Beförderung der Landwirtschaft" (das. 1792, 2 Bde.) u. a.

2) Salomon, Buchhändler, geb. 13. Febr. 1804 zu Zürich, seit 1830 Mitbesitzer der Weidmannschen Buchhandlung in Leipzig, schied 1853 aus dieser aus, um unter seinem eignen Namen ein neues Geschäft zu gründen, für welches er einen kleinen Teil des Weidmannschen Verlags übernahm. Sein gewählter Verlag umfaßt, außer höherer Belletristik (darunter die Werke Gust. Freytags), fast nur hervorragende wissenschaftliche Werke, z. B. das Grimmsche Wörterbuch der deutschen Sprache, die Schriften der königlich sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften und der Jablonowskischen Gesellschaft in Leipzig, die Staatengeschichte der neuesten Zeit u. dgl. H. war einer der feinsten Goethe-Kenner und Besitzer wohl der vollständigsten Goethe-Bibliothek. Auf Grund der letztern veröffentlichte er 1848 (anonym und nur zur Verteilung an Freunde gedruckt) sein "Verzeichnis einer Goethe-Bibliothek" (3., sehr vermehrte Ausgabe 1874), das erst nach seinem Tod im Buchhandel erschien (neue Ausg., mit Nachträgen und Fortsetzung von Ludwig Hirzel, 1884). Dieser Katalog, der sicherste und vollständigste Führer im Gebiet der Goethe-Litteratur, enthält, von den auf Goethe bezüglichen Schriften gänzlich abgesehen, die sämtlichen Originaldrucke Goethescher Schriften in Einzeldrucken, Ausgaben etc., vom Anfang bis auf die neueste Zeit herab, in den neuesten Ausgaben außerdem noch Auszüge aus Goethe-Handschriften Hirzelschen Besitzes. Von der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig erhielt H. 1865, am 100jährigen Gedenktag des Eintritts Goethes in die Leipziger Hochschule, den Doktortitel. Er starb 9. Febr. 1877 in Halle. Seine Goethe-Bibliothek hat er der Universitätsbibliothek zu Leipzig, die Sammlung Zwinglischer Schriften der zu Straßburg vermacht. Vgl. Springer, Der junge H. (als Manuskript gedruckt, Leipz. 1883).

3) Bernhard, Orientalist, geb. 1807 zu Zürich, studierte dort und in Berlin Theologie und Philologie, ward 1835 Professor der orientalischen Sprachen in Zürich, übernahm aber 1837 die Pfarrei Pfäffikon. Als durch die Berufung D. F. Strauß' an die Universität Zürich eine Aufregung im Land veranlaßt wurde, führte H. 6. Sept. 1839 eine Volksmenge gegen die Hauptstadt und zwang die Regierung zur Abdankung. Von dem neugewählten Großen Rat zum Mitglied des Kirchen- und Erziehungsrats ernannt, legte er 1841 diese Stelle, 1845 auch seine Pfarrstelle nieder und trat wieder als Privatdozent an der Universität Zürich auf, mußte aber bald darauf wegen Wechselfälschung flüchten und begab sich nach Paris, wo er Ende Juni 1847 seinem Leben durch Gift ein Ende machte. H. übersetzte verschiedene Meisterwerke aus dem Sanskrit, so Kalidasas "Sakuntala" (Zürich 1833), "Urwasi" (Frauenf. 1838) und "Meghaduta oder der Wolkenbote" (das. 1846), sowie das "Hohe Lied" (das. 1840).