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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Hutfabrikation; Huthaus; Hutia-Conga; Hutmorchel; Hutmöve; Hu-tschou; Hütte; Hutten

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Hutfabrikation – Hutten

für Chirurgie. 1868 ging er als Professor der Chirurgie und Direktor der chirurg. Klinik nach Rostock, 1869 nach Greifswald. Seit 1881 gehörte er dem Deutschen Reichstag (Fortschrittspartei) an. Er starb 12. Mai 1882 zu Berlin. H. hat sich durch eine Reihe scharfsinniger experimenteller und mikroskopisch-pathol. Untersuchungen um die Chirurgie große Verdienste erworben und besonders die Lehre von den Gelenkkrankheiten, vom septischen und pyämischen Fieber sowie von der Diphtheritis sehr gefördert. Er schrieb: «Die Formenentwicklung am Skelett des menschlichen Thorax» (Lpz. 1865), «Die septikämischen und pyämischen Fieber» (im «Handbuch der Chirurgie» von von Pitha und Billroth, Bd. 1, Abteil. 2, Erlangen 1869), «Klinik der Gelenkkrankheiten» (Lpz. 1870‒71; 2. Aufl., 3 Tle., 1876‒78), «Tracheotomie und Laryngotomie» (im «Handbuch der Chirurgie» von von Pitha und Billroth, Bd. 3, Stuttg. 1875), «Allgemeine Chirurgie» (Lpz. 1873), «Grundriß der Chirurgie» (ebd. 1880‒82; 7. Aufl., von Lossen, 2 Bde., 1888‒89), «Der Arzt in seinen Beziehungen zur Naturforschung und den Naturwissenschaften» (ebd. 1878). Auch dirigierte er mit Lücke die «Deutsche Zeitschrift für Chirurgie» (ebd., seit 1871).

Hutfabrikation, die der Verschiedenheit der Materialien entsprechend auf verschiedene selbständige Industriezweige verteilte Anfertigung von Herren- und Damenhüten. Die wichtigsten dieser Industriezweige sind die Filzhutfabrikation (s. Filzfabrikation) und die Strohhutfabrikation (s. Strohhutflechterei). Über Basthüte s. Bast, über Sparteriehüte s. Holzgewebe, über Papierhüte s. Papiermaché. Unter den Hüten aus gewebten Stoffen sind die Seidenhüte (s. d.) hervorzuheben.

Die H. hat in Deutschland einen sehr beachtenswerten Aufschwung genommen, obgleich in feinern Herrenhüten Paris noch immer tonangebend ist, vorzugsweise auch deswegen, weil Paris für den Wechsel in der Mode den Ausschlag giebt. 1892 wurden in Deutschland Hüte aller Art im Werte von 3786000 M. eingeführt; die Ausfuhr erreichte dagegen 6421000 M. Für Filzhüte (beziehentlich sog. seidene Hüte) sind die Hauptplätze: Berlin, Breslau, Altenburg, Leipzig, Guben, Luckenwalde; für Strohhüte: Dresden, Berlin, Stuttgart, Breslau; für Stoffhüte: Berlin und Breslau.

Huthaus, s. Zeche.

Hutia-Conga, cubanischer Name für Capromys pilorides Desm., eine Art der Ferkelratten (s. d.), wird bis 60 cm (ausschließlich des 20 cm langen, schwach behaarten Schwanzes) lang. Oberseite braungrau, undeutlich grau gestreift. Bewohnt ausschließlich Cuba.

Hutmorchel, s. Morchella.

Hutmöve (Larus melanocephalus Natterer), Kapuzinermöve, eine 45 cm (wovon 12 cm auf den Schwanz entfallen) lange Möve mit einem im Sommer schwarzen, im Winter weißen Kopfe. Sie findet sich am Mittelmeer und ist vielleicht bloß eine südl. Rasse der Lachmöve (s. Möven).

Hu-tschou, s. Tsche-kiang.

Hütte, jeder bedeckte Ort, an welchem man vor Wind und Wetter geschützt ist. Über die Verwendung der H. im Heere s. Hütten; über die Schutzhütten s. d.

Hütte, Hüttenwerk, in der Metallurgie eine bauliche Anlage zur Verarbeitung von Rohmaterialien (Glas-, Schwefel-, Arsen-, Ziegelhütte), im besondern zur hüttenmännischen Gewinnung (Verhüttung, Zugutemachung) von Metallen aus Erzen (Bleihütte, Zinkhütte).

Hütte, der älteste, speciell aus Maschinenbauern bestehende Verein der Studierenden der Technischen Hochschule zu Berlin, wurde gegründet 16. Mai 1846 von Euler, dem «Hüttenvater». Die Ziele des Vereins sind gesellige und wissenschaftliche. Das hervorragendste von Hüttenmitgliedern herausgegebene Werk ist das «Ingenieurtaschenbuch des Vereins H.», dessen 15. Auflage 1893 erschienen ist. Der Verein zählt zur Zeit 125 aktive Mitglieder, 1475 alte Herren und 28 Ehrenmitglieder. Ein eigenes Hüttenhaus in Charlottenburg ist im Bau.

Hutten, Ulrich von, einer der mutigsten Kämpfer für geistige Freiheit im Reformationszeitalter, stammte aus einem alten fränk. Geschlecht und wurde auf der jetzt in Ruinen liegenden Stammburg seiner Familie, Steckelberg bei Fulda, 21. April 1488 geboren. 10 J. alt, kam er ins Stift nach Fulda, floh jedoch, um nicht Mönch werden zu müssen, 1505 mit Hilfe seines Freundes Crotus Rubianus nach Köln; 1506 wandte er sich nach Erfurt, wo er Eobanus Hessus zum Freund gewann, dann nach Frankfurt a. O. und Leipzig. Von der damals epidemisch auftretenden Lustseuche ergriffen, ging er 1509 nach Greifswald, wo er bald mit seinen Gastfreunden, dem Professor Loetz und dessen Vater, zerfiel. Als er mitten im Winter nach Rostock ging, überfielen ihn ihre Diener, plünderten ihn aus und ließen ihm nicht einmal seine Manuskripte. Todkrank schleppte er sich nach Rostock, wo er gastliche Aufnahme fand und seine poet. Klagen gegen die Loetz verfaßte. 1511 war er in Wittenberg, wo er über die Verskunst ein Werk herausgab; 1512 ging er nach Pavia, wurde aber bei dessen Eroberung durch die in Kaiser Maximilians Ⅰ. Diensten stehenden Schweizer aller seiner Habe beraubt und sah sich genötigt, nach Bologna zu wandern. Gänzlicher Mangel veranlaßte ihn vorübergehend beim Kaiser, dessen Kämpfe gegen Venedig, Frankreich und Rom ihm zuerst patriotische und papstfeindliche Verse entlockten, Kriegsdienste zu nehmen. Weite Kreise gewann er darauf in der Fehde gegen den Herzog Ulrich von Württemberg, der einen Vetter H.s, Hans von H., gemordet hatte und den er nun in Elegien, Reden und Briefen schonungslos angriff. Noch berühmter wurde er in den Reuchlinschen Händeln mit dem Dominikaner Hoogstraten in Köln, in denen er sich des verfolgten Reuchlin (s. d.) in Schriften aufs kräftigste annahm und auch an der Abfassung der Epistolae obscurorum virorum (s. d.) Anteil hatte.

Im J. 1515 ging H. noch einmal nach Italien, um auf Wunsch seines Vaters die Rechte zu studieren. Er besuchte zuerst Rom, dann Bologna; allein schon 1517 kehrte er über Venedig ins Vaterland zurück und wurde in Augsburg vom Kaiser Maximilian zum Dichter gekrönt. In Italien hatte er das Treiben der Kurie vollends kennen gelernt und sich mit grimmigem nationalen Haß gegen die welsche Tyrannei erfüllt. Obwohl H. es wagte, seine Ausgabe der Schrift des Laur. Valla (s. d.) gegen die Konstantinische Schenkung dem Papst Leo Ⅹ. mit einer spottenden Vorrede zu widmen und obwohl er seit dem Reichstag von 1518 gegen die Kurie einen litterar. Angriff nach dem andern richtete, konnte er doch bis 1520 im Dienst des Erzbischofs Albrecht von Mainz bleiben, den er auch auf den Reichstag nach Augsburg begleitete. 1519 machte er den Zug des