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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ingreß - Inhaberpapier.

Hauptwerke, das Gelübde Ludwigs XIII. und die Apotheose Homers, ganz nach Raffael gemalt. In seiner letzten Zeit wandte sich I. wieder der antiken Richtung zu, und namentlich erscheint seine Stratonike als Nachahmung antiker Genremalerei, wobei die Figuren an die etruskischen Vasenbilder erinnern und alles Beiwerk mit minutiöser Genauigkeit ausgeführt ist. Der Zeichnung und Modellierung legte I. mehr Bedeutung bei als der Farbe (daher der scharfe Gegensatz, welcher bei Lebzeiten der beiden Schulhäupter zwischen den Ingristes oder "Dessinateurs" und den "Coloristes", den Schülern und Bewunderern Delacroix', herrschte); dadurch erhalten seine Bilder etwas Trocknes; auch die Erfindung ist seine Stärke nicht. Anderseits verdienen jedoch seine sorgfältigen Studien, die Reinheit und Richtigkeit seiner Linien und Umrisse die größte Anerkennung, und I. wie einzelne seiner Schüler haben in dieser ernsten, strengen Richtung Hervorragendes geleistet. Nach ihm haben Richomme, Calamatta und Henriquel-Dupont treffliche Kupferstiche geliefert. Seine Werke sind von Reveil in Umrissen herausgegeben worden (Par. 1851). Seinen künstlerischen Nachlaß an Studien etc. vermachte I. seiner Vaterstadt Montauban, welche ein eignes Ingres-Museum gegründet hat. Vgl. Blanc, I., sa vie et ses ouvrages (Par. 1870); Delaborde, I., sa vie, ses travaux, etc. (das. 1870); Schmarsow, I. (in Dohmes "Kunst und Künstler", Leipz. 1884).

Ingréß (lat.), Eingang, Eintritt.

Ingrier, s. Ingermanland.

Ingrossieren (mittellat.), mit großer (dicker) Schrift ins Reine schreiben, mundieren; in die gerichtlichen Grund- und Hypothekenbücher eintragen; Ingrossation (auch Intabulation), eine solche Eintragung (s. Auflassung); Ingrossator, Besorger, Ausführer der Ingrossation.

In grosso (ital.), s. v. w. En gros.

Inguiken, kriegerische Religionspartei im Kaukasus, jenseit des Terek, in den Thalschluchten des Gebirges hinter Wladikawkas. Der Gott, an den sie glauben, wird von ihnen Dalle genannt und hat beständig gegen eine Horde Teufel zu kämpfen.

Inguinal (lat.), auf das Inguen, d. h. die Leistengegend oder Schenkelbeuge, bezüglich; daher Inguinalkanal, s. v. w. Leistenkanal; Inguinaldrüsen, Lymphdrüsen in der Schenkelbeuge, etc.

Inguiomerus, Cheruskerfürst, des Arminius Oheim, kämpfte mit diesem 15 n. Chr. gegen Germanicus und ward im Sturm auf Cäcinas Lager verwundet. In der unglücklichen Schlacht auf dem Idisiavisofeld (s. Idistavisus) im J. 16 schlug er sich durch und führte statt des verwundeten Arminius den Oberbefehl über die Cherusker in dem zweiten Kampf am Steinhuder Meer, fiel aber nach dem Abzug der Römer von Arminius ab und trat im J. 17 zu Maroboduus über.

Ingul (tatar. Eni-Gel), Nebenfluß des Bug, im russ. Gouvernement Cherson, entspringt nordwestlich von Jelissawetgrad, fließt gegen S. und mündet nach einem Laufe von 200 km bei Nikolajew. Die hohen, felsigen Ufer erschweren die Schiffahrt sehr.

Inguletz, Nebenfluß des Dnjepr, im russ. Gouvernement Cherson, entspringt nördlich von Jelissawetgrad, im Wald Nerubaja, fließt gegen O., dann gegen S. und mündet nach 250 km langem Lauf oberhalb der Stadt Cherson. Granitriffe, welche ihn durchsetzen, hindern die Schiffahrt. Er gilt für den Gerrhos des Herodot.

Ingur (Ingura, der Sigames der Alten), Küstenfluß in Transkaukasien, entspringt südöstlich vom Elbrus, entwässert Mingrelien und mündet nach 156 km langem Lauf bei Anaklea in das Schwarze Meer. Am 7. Nov. 1855 erzwang sich Omer Pascha den Übergang über den Fluß.

Inguschen, ein zu den Kisten oder Tschetschenzen gehöriger Volksstamm, im Distrikt Wladikawkas an den Flüssen Kumbalei, Sundschah und Schalpir. Die 15-16,000 Köpfe zählenden I. sind größtenteils Mohammedaner und haben die Sitte, daß, wenn am Vorabend der Hochzeit einer der Verlobten stirbt, die Vermählungszeremonie, selbst mit Verabfolgung der stimulierten Aussteuer, dennoch stattfindet.

Ingweiler, Stadt im deutschen Bezirk Unterelsaß, Kreis Zabern, am Fuß der Vogesen und an der Moder, hat eine evangelische und kath. Kirche, eine Oberförsterei, Strumpfwaren- und Streichholzfabrikation, Gerberei, Bleicherei, Bierbrauerei und (1885) 2266 meist evang. Einwohner.

Ingwer, Pflanzengattung, s. Zingiber. Deutscher I., s. Arum; gelber I., s. Curcuma.

Ingwergewächse, s. v. w. Zingiberaceen.

Ingwersteine, s. Mergel.

Inhaber, derjenige, welcher etwas in seiner Gewalt hat, der aber keineswegs zugleich Eigentümer oder Besitzer dieser Sache zu sein braucht (s. Inhaberpapier). I. (Oberstinhaber, in Deutschland Chefs) eines Truppenteils sind fürstliche und andre hochgestellte Personen, welchen das betreffende Regiment etc. besonders "verliehen" worden ist, und die dadurch zu diesem Truppenteil in das Verhältnis einer Ehrenstellung treten. Diese Einrichtung hat ihren geschichtlichen Ursprung darin, daß besonders zur Zeit des deutschen Kaisers Maximilian I. (1493-1519) bewährte Krieger unter Ernennung zu Obersten durch Patent ermächtigt wurden, Regimenter zu errichten. Da nicht selten Prinzen solche Bestallungen erhielten, die anderweiter Ämter wegen das Regiment nicht selbst kommandieren konnten, so ernannten sie sich hierzu einen Stellvertreter (Oberstleutnant), der nun der Kommandeur, jener aber der I. des Regiments wurde.

Inhaberpapier (franz. Billet au porteur, engl. Security to bearer), die Schuldurkunde, durch welche sich der Aussteller jedem Inhaber derselben gegenüber zu einer Leistung verpflichtet. Den Gegensatz zum I. bildet eine Urkunde, insbesondere ein Schuldschein, welcher auf den Namen eines bestimmten Gläubigers lautet (Rektapapier). Es ist nicht erforderlich, daß das I. ausdrücklich auf den Inhaber (Überbringer, Einlieferer, Vorzeiger, au porteur etc.) ausgestellt ist (sogen. Inhaberklausel); der Wille des Ausstellers, jedem Inhaber zu der betreffenden Leistung verpflichtet sein zu wollen, kann vielmehr auch auf andre Weise zum Ausdruck kommen. So lautet z. B. eine Banknote, welche I. ist: "Die Sächsische Bank zu Dresden bezahlt gegen diese Banknote einhundert Mark deutsche Reichswährung (Datum und Unterschrift)". Dies ist ein I., obwohl die Inhaberklausel fehlt. Dasselbe gilt von Theaterbillets, Speise-, Bademarken, Eisenbahn-, Dampfschiffahrtsbillets u. dgl. Es ist auch möglich, daß eine Urkunde aus den Namen eines bestimmten Gläubigers, zugleich aber auch auf den Inhaber gestellt ist (alternative Inhaberklausel). So lauten z. B. die zu baren Abhebungen bestimmten weißen Checks der deutschen Reichsbank: "Die Reichsbank in Berlin wolle zahlen gegen diesem Check aus unserm Guthaben an Herrn M. Schulze in Leipzig oder Überbringer Mark viertausend. Leipzig, 5. Dez. 1886. Müller u. Komp." Verschieden von den Inhaberpapieren sind ferner auch die Order-^[folgende Seite]