Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Osmanisches Reich (Verfassung und Verwaltung)'

Textfigur:
wird gewöhnlich die Tughra gebraucht, der zur Gestalt einer offenen Hand verschlungene Namenszug des regierenden Sultans. Die
Kriegsflagge ist rot mit weißem Halbmond und Stern, die Handelsflagge ist horizontal gestreift: rot,
grün ,rot. (S. Tafel: Flaggen der Seestaaten, beim Artikel
Flaggen.) – Die Türkei besitzt folgende Orden:
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1) den Nischani iftichar (Orden des Ruhmes), 19. Aug. 1831 gestiftet, mit vier Klassen;
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2) den Medjidie-Orden (s. d.);
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3) den Osmanié-Orden (s. d.);
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4) den Schefakat- (Barmherzigkeits-) Orden in drei Klassen, 1880 gestiftet und zur Verleihung an Damen bestimmt;
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5) den Nischan-i-Imtias und die goldene und silberne Medaille zum Imtias-Orden (1879);
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6) den Khanedani-al-Osman-Orden, gestiftet 31.Aug. 1893 in einer Klasse für Verdienste um den Sultan.
Finanzen. Diese befanden sich bis 1854 in trefflichem Zustande. Allein
schon 1861 betrug die Staatsschuld 15 Mill. Pfd. St. In den J. 1854–74 wurden nicht weniger als 15 Anleihen gemacht, meist zu
unproduktiven Anlagen (Panzerschiffen, Palastbauten, Kanonen, Gewehren u. a.). So stieg die Schuldenlast bis 1875 auf 210 Mill. türk.
Pfund, die mit 9 Proz. und mehr zu verzinsen waren und eine jährliche Zahlung von 14 Mill. Pfd. für Zinsen und Amortisation erforderten.
Als daher der Aufstand in der Herzegowina und der serb. Konflikt die Beschaffung neuer Geldmittel nötig machten, sah sich der
Großwesir Mahmud Nedim Pascha gezwungen, 5. Okt. 1875 die Zahlung der Zinsen zu suspendieren. Seitdem wurden nur die durch
den ägypt. Tribut garantierten Anleihen von 1854, 1871 und 1877 verzinst. Wiederholt mußten jedoch Anleihen bei den Bankhäusern in
Galata zu übermäßigen Zinsen gemacht werden. Die Summe dieser Schulden (8560000 türk. Pfd.) erforderte jährlich eine Zahlung von
1100000 türk. Pfd. Zinsen. Als Garantie für dieselben übernahmen die Banken die Einkünfte von sechs, später nach Ausscheiden des
Tabaks fünf indirekten Steuern (Salz, Seide, Spirituosen, Stempel, Tabak und Fischerei) in Verwaltung. Im Sept. 1881 traten auf
Einladung der Hohen Pforte die Vertreter der ausländischen Gläubiger in Konstantinopel zusammen, um über die Verzinsung und
Tilgung der Staatsschuld ein Abkommen zu treffen, und 28. Dez. 1881 wurde das vereinbarte Statut durch ein Irade des Sultans bestätigt.
Zur Tilgung derselben wurden die Erträge der erwähnten fünf indirekten Steuern bestimmt. Von diesen dienen vier Fünftel zur Deckung
der Zinsen, ein Fünftel zur Schuldentilgung. Zur Tilgung der Schuld sollen auch Serbien, Montenegro, Bulgarien und Griechenland im
Verhältnis beitragen. Alle Einkünfte, welche 5 Proz. der reduzierten Schuld überschreiten, fließen in die Staatskasse. Am 15.Mai 1883
wurde außerdem eine internationale Gesellschaft zur Ausbeutung des Tabaksmonopols gegründet (100 Mill. Frs.). Diese
Régie co-intéressée hatte zunächst 750000 türk. Pfd. an die Verwaltung der öffentlichen Schuld zu
zahlen. Der Rest des Gewinns soll zwischen der Gesellschaft, der Staatsschuldenverwaltung und der Staatskasse geteilt werden.
1884–88 fand eine ↔ weitere Konsolidierung der verschiedenen Anleihen und eine Zusammenfassung in vier Gruppen
(A bis D) statt. Der ursprüngliche Gesamtbetrag dieser Anleihen einschließlich der Türkenlose bezifferte sich auf 116135062 türk. Pfd.,
wovon bis zum März 1896 im ganzen 12267766 Pfd. = 10,56 Proz. getilgt waren. Außerdem ist das
Budget noch mit einer Anzahl kleinerer Anleihen belastet. Die an Rußland zu zahlende Kriegsentschädigung im Betrage von 32 Mill. türk.
Pfd. wird in jährlichen Raten von 320000 türk. Pfd. abgetragen. Die Einnahmen der Regierung beruhen auf dem Zehnten
(üschür) von den landwirtschaftlichen Produkten, der Einkommensteuer von einigen Gewerben
(temettu), der Grundsteuer (emlâk-wergisi), der Steuer für
Befreiung vom Militärdienst (bedel-i-askeri), den Mauteinnahmen und dem Tribut der Vasallenstaaten.
Nach dem Bericht des Verwaltungskomitees der türk. Schuld, das aus sieben Vertretern der Staatsgläubiger aus den verschiedenen
europ. Staaten besteht, ergaben sich 1895/96 folgende Einnahmen: aus den fünf indirekten Steuern 1041650, aus dem Tabakszehnten
102052, aus der Pacht der Tabaksregiegesellschaft 750000, aus dem Gewinnanteil an derselben 46275, aus dem ostrumel. Tribut
152026, aus den Zollanweisungen auf Cypern 102596, aus denen auf pers. Tabak (Tombeki) 50000, zusammen 2244599 türk. Pfd. Die
Verwaltungs- und Betriebskosten betrugen 107462 türk. Pfd. Von der Nettoeinnahme wurden aufgewendet für Zinsen der vierprozentigen
Prioritätsanleihe 430500, für die einprozentigen 1005025, für Türkenlose 156325, für Certifikate 9458, für den allgemeinen 309427, für den
außergewöhnlichen Tilgungsfonds 159500, für den Zinsvermehrungsfonds 66900 türk. Pfd.
Heerwesen. I. Landarmee.
Die Reform des Heerwesens wurde am Anfang des 19. Jahrh. von Selim III. begonnen und nach der Niederwerfung der Janitscharen
durch Mahmud II. (1826) gefördert. 1835–39 waren preuß. Offiziere nach der Türkei kommandiert; besonders hatte der damalige
Hauptmann H. von Moltke als militär. Ratgeber des Sultans den Grund zur Umgestaltung des Heers gelegt, indem er neben der Linie
eine Landwehr (Redif) zu gründen vorschlug. Durch den Eintritt von preuß., ungar. und poln. Offizieren schritt die Ausbildung der
Truppe vorwärts, doch vernachlässigte man unter Sultan Abd ul-Medschid die Reform. Nach dem Orientkriege 1853–56, in dem sich das
Heer trotzdem bewährte, förderten Abd ul-Kerim Pascha und der Kriegsminister Hussein Avni Pascha die Umgestaltung mit gutem Erfolg.
Vor allem sorgte Hussein für eine bessere Ausbildung des Offizierkorps durch Neugestaltung des Militärbildungswesens. Das franz.
Exerzierreglement wurde eingeführt, die Bewaffnung verbessert, die unpraktische europ. Uniform durch die hier naturgemäße und
kleidsame Zuaventracht ersetzt. Daß die türk. Armee widerstandsfähig ist, hat sie im Russisch-Türkischen Kriege 1877 und 1878
bewiesen. Seit 1882 wurden auf Wunsch des Sultans mehrere höhere deutsche Offiziere beurlaubt, um die Umgestaltung der Armee zu
fördern. Indes werden, abgesehen von dem Militärbildungswesen, alle Reformbestrebungen durch die Unschlüssigkeit in Verbindung mit
Geldmangel sowie durch den Widerstand des herrschenden Systems lahm gelegt.
Der Militärdienst ist obligatorisch; die Dienstpflicht dauert 20 Jahre, nämlich im stehenden Heer
(Nizâm, s. d.) bei der Infanterie 3 (thatsächlich
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 678.