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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Räucherpapier - Rauchopfer.

durch welchen die Esse geschlossen und der Rauch mithin genötigt wird, durch die Kammer zu streichen. Die Räucherkammer darf nicht zu hoch im Haus, d. h. nicht zu weit von den Feuerungen, liegen, weil der Rauch sonst zu sehr erkaltet und nicht wirkt, wohl aber das Fleisch mit Ruß und Feuchtigkeit bedeckt. Deshalb sind kleine Räucherkammern mit besonderer Feuerung empfehlenswert und unentbehrlich, wenn die zu andern Zwecken dienenden Feuerungen mit Torf oder Kohle gespeist werden. Alles Fleisch muß frei an Bindfaden in der Kammer hängen. Rindfleisch wird frisch mit einer Mischung von 1 Teil Salpeter und 32 Teilen Kochsalz eingerieben, mit Kleie bestreut und schwach geräuchert; Zungen bleiben nur acht Tage im Rauch. Schinken wälzt man, wenn er aus dem Pökelfaß kommt, in Weizenkleie und räuchert ihn 5-8 und 10 Wochen; Speck wird oft nur mit Salz eingerieben und dann geräuchert; Gänse- und Entenbrüste werden 3-4 Wochen gepökelt, dann mit Weizenkleie eingerieben und 8 Tage geräuchert. Fische werden in einer Salzlösung, die so stark ist, daß Kartoffeln darauf schwimmen, einige Stunden, auch den ganzen Tag (je nach Witterung, Versand etc.), gepökelt, getrocknet und 4-6 Stunden geräuchert. Nach der Methode der Schnellräucherung bestreicht man das gepökelte Fleisch mit rohem Holzessig, hängt es 2-3 Tage an einen luftigen, frostfreien Ort und bestreicht es in Zwischenräumen von je 8 Tagen noch zwei- bis dreimal mit Holzessig; es wird aber nie so zart und saftig wie andres Rauchfleisch. Dagegen erhält man sehr gute Ware, wenn man zu den Würsten, Speck und Schinken eines Schweins 0,5 kg Glanzruß von reiner Holzfeuerung mit 9 Lit. Wasser kocht, bis dies auf die Hälfte verdampft ist, dann erkalten läßt und in der durchgeseihten Flüssigkeit 2-3 Hände voll Salz löst. In diese Brühe legt man kleine Würste ¼ Stunde, größere Blut- und Schlackwürste ½ Stunde, große Würste ¾-1 Stunde, Speck 6-8 und Schinken 12-16 Stunden. Vor und nach dem Einlegen müssen die Waren getrocknet werden. Geräuchertes Fleisch kann man in einer kühlen Rauchkammer nach Absperrung des Rauchs oder auch in jeder andern luftigen, trocknen und kühlen Kammer aufbewahren. Man reibt es gut ab und bestreut es mit trockner gesiebter Asche. Will man es in Kasten packen, so schichtet man es mit Häcksel.

Räucherpapier, mit Parfümen getränktes Papier, welches über einer Flamme oder auf dem Ofen erhitzt, aber nicht verbrannt wird und zum Parfümieren der Zimmer dient. Zur Darstellung taucht man steifes Papier in eine Alaunlösung und bestreicht es nach dem Trocknen mit einer dünnen Lage von geschmolzenem Benzoeharz, Weihrauch und Tolu- oder Perubalsam zu gleichen Teilen.

Räucherpulver, Gemenge fein zerschnittener oder gestoßener aromatischer oder aromatisierter Substanzen, das zum Parfümieren auf den Ofen gestreut wird. Man wählt Substanzen von lebhafter Farbe, färbt auch wohl getrocknete Blüten etc. noch intensiver und benutzt außerdem allerlei Gewürze, Benzoe, Mastix, Weihrauch und ätherische Öle.

Räucherung, Behandlung eines Körpers mit Dämpfen oder Gasen, um ihn damit zu imprägnieren und zu konservieren (Fleischräucherung), zu bleichen (Schwefeln), zu desinfizieren (Chlorräucherung), zu parfümieren etc. Auch räuchert man Pflanzen zur Vertreibung der Blattläuse und Wohnräume, Keller, Höhlungen zur Vertreibung andrer schädlicher Tiere. Über R. als Kultushandlung s. Rauchopfer.

Rauchfang (Rauchmantel), die untere trichterförmige Erweiterung der Kamine zum Auffangen des in offenen Herden sich entwickelten Rauchs. Während sie früher meist auf hölzernen oder eisernen Rahmen aufgemauert waren, werden sie gegenwärtig meist aus Blech konstruiert oder auch durch eiserne, in der Decke angebracht Abzugsklappen ersetzt.

Rauchfangsrecht, s. Baurecht.

Rauchfaß (Räucherpfanne, lat. Turibulum), ein schon im heidnischen und jüdischen Kultus vorkommendes metallenes Gefäß, in welchem Weihrauch verbrannt wurde. Das R. wurde an Ketten getragen und hin- und hergeschwungen, um damit die Tempelräume mit Wohlgerüchen zu erfüllen. Solche bronzene Rauchfässer sind in Pompeji gefunden worden. Andere wurden ohne Ketten an einem Fuß getragen. Die christliche Kirche übernahm das R. in ihren Kultus. Es werden Rauchfässer aus Gold, mit Edelsteinen besetzt, erwähnt. Eins aus Bronze hat sich aus dem 4. Jahrh. erhalten (Antiquarium zu Mannheim). Im spätern Mittelalter wurden die Rauchfässer gewöhnlich aus Bronze oder Kupfer gefertigt, das meist vergoldet wurde, bisweilen auch aus Silber. Sie hatten die Form von halbkugelförmigen Schalen mit durchbrochenen Deckeln von gleicher Größe und erhielten in gotischer Zeit bisweilen architektonische Form (Burg, Turm). Auch waren sie reich mit Figuren und Ornamenten versehen.

Rauchfrost, s. v. w. Rauhfrost.

Rauchhaupt, Wilhelm von, preuß. Abgeordneter, geb. 26. Juni 1826 zu Trebnitz a. S., studierte in Halle und Bonn die Rechte, arbeitete später als Justitiarius bei der Regierung in Liegnitz und übernahm 1855 das Landratsamt Delitzsch, in welchem Kreis das ihm gehörige Gut Storckwitz liegt, auf welchem er lebt. 1867 ward er in den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes gewählt und war 1866-67 sowie 1870-73 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. In der letztern Session war er nebst Lasker, Friedenthal und Brauchitsch Berichterstatter über die Kreisordnung. 1876 wieder gewählt, ward er Führer der neukonservativen Fraktion und brachte 1879 im neugewählten Haus die Vereinigung derselben mit den Altkonservativen zu stande.

Rauchkanal (Feuerkanal), s. Dampfkessel, S. 448, und Feuerungsanlagen, S. 213.

Rauchnächte (Rauhnächte, Losnächte), Nächte, in denen Abergläubische die Zukunft zu erforschen pflegen, weil während derselben eine innigere Verbindung mit der Geisterwelt stattfinden soll als sonst. In Tirol nimmt man vier (6., 25. Dez., 1. und 6. Jan.), in Oberösterreich drei (21., 25. Dez. und 6. Jan.), in Steiermark ebenfalls drei (25. Dez., 1. und 6. Jan.) und in Niederösterreich vier (21., 25. Dez., 1. und 9. Jan.) Hauptrauchnächte an, in denen man, um böse Geister abzuhalten, Wohnungen und Ställe ausräuchert (woher der Name) und mit Weihwasser besprengt. Da dieses Ausräuchern vorzugsweise in die Zeit der Zwölften (s. d.) fällt, werden auch diese häufig als R. bezeichnet.

Rauchopfer, die langsame Verbrennung wohlriechender Stoffe zu Kultuszwecken, ein Gebrauch, der bis zu den Anfangsstufen der Kultur zurückreicht (vgl. Opfer). Anfangs geschah es vielleicht nur, um den übeln Geruch der animalischen Brandopfer zu verdecken, daß man dieselben mit wohlriechenden Hölzern und Harzen verbesserte; mit steigender Geistesbildung aber erkannte man wohl überhaupt die unästhetische Seite des blutigen Speiseopfers und