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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Spermatorrhöe - Sperrgesetz

füßern (s. d.), Grillen u. a. m., um Portionen der Samenflüssigkeit abgesondert werden und bei der Begattung mit dieser in die betreffenden Weibchen gelangen. In diesen öffnet sich entweder die Kapsel an dem einen Ende und schleudert den Inhalt hervor oder sie wird resorbiert, so daß auf diese Weise der Samen frei wird.

Spermatorrhöe (grch.), Samenfluß (s. Pollutionen).

Spermatozōen, s. Spermatozoiden.

Spermatozoīden oder Spermatozoen (grch.), die geformten Elemente des tierischen und menschlichen Samens (s. d.). – In der Botanik heißen S. die männlichen Befruchtungszellen der meisten Kryptogamen, bei denen eine geschlechtliche Fortpflanzung stattfindet, in der Regel kleine nackte, d. h. nicht mit einer Zellwand umkleidete Zellen, die mittels einer oder mehrerer fadenförmiger Plasmafortsätze, sog. Cilien oder Wimpern, sich leicht im Wasser fortbewegen können. Da aber diese Bewegungen nur im tropfbarflüssigen Wasser stattfinden können, so ist auch überhaupt die sexuelle Vereinigung der S. mit den Eizellen an das Vorhandensein von Feuchtigkeit gebunden. Die Entwicklung der S. erfolgt meist in besondern Organen, den Antheridien, in größerer oder geringerer Anzahl. Bei der Reife treten die S. aus den Antheridien (s. d.) in verschiedener Weise aus (s. Textfigur 7 u. 8 zum Artikel Farne sowie Tafeln: Algen Ⅱ, Fig. 9 h u. 10 d, und Moose Ⅱ, Fig. 3 b) und schwärmen eine Zeit lang im Wasser umher, bis sie sich mit einer Eizelle vereinigen können oder zur Ruhe kommen und schließlich absterben. Die Form und Entwicklung der S. ist bei den einzelnen Gruppen der Kryptogamen sehr verschieden.

Spermatŭrie (grch.), die Anwesenheit von Samen im Harn.

Spermestes, s. Amadinen und Prachtfinken; S. cantans, s. Silberschnabel; S. punctularia, s. Muskatvogel.

Spermfisch, s. Kaschelot.

Spermīn, eine im Sperma vorkommende flüchtige organische Base, die identisch ist mit dem künstlich darstellbaren Äthylenimin (s. Imine).

Spermogonĭen (grch.), Fruktifikationsorgane bei Pilzen aus den Gruppen der Ascomyceten (s. d.) und Uredineen (s. d.), kleine, im Nährboden krugförmig eingesenkte Gebilde, die in ihrem Innern auf strahlig gestellten Mycelfäden zahlreiche kettenförmig abgeschnürte kleine Sporen, Spermatien, bilden (s. Tafeln: Flechten Ⅰ, Fig. 1 S, und Pflanzenkrankheiten, Fig. 5 g). Die Weiterentwicklung der letztern ist nur in wenigen Fällen bekannt; manche können keimen und ein neues Mycelium erzeugen, weshalb die frühere Annahme, daß die Spermatien männliche Geschlechtszellen seien, kaum noch gerechtfertigt ist. (S. Flechten.)

Spermöl, der flüssige Anteil des in der Gehirnhöhle des Potwals enthaltenen Fettes, aus dem das Walrat (s. d.) abgeschieden ist.

Spermophĭlus, die Zieselmaus.

Sperren. 1) Befestigungsanlagen, Festungen (s. d.) oder Sperrforts (s. d.), die dem Feind wichtige Verkehrswege sperren; 2) Vorrichtungen, die feindlichen Schiffen das Passieren von Hafeneinfahrten oder Wasserstraßen unmöglich machen sollen. Man verwendet Minensperren (s. Seeminen), ferner Schiffssperren, aus beschwerten und im Fahrwasser versenkten Schiffen bestehend, und Estakaden (s. d.). Floßsperren und Tau- oder Balkensperren sind schwimmende S. aus schweren Stahldrahttrossen, die auf Balken oder Flößen befestigt sind und quer über das Fahrwasser ausgeholt werden; man befestigt sie durch Verankerung an Land. Die Schwimmsperren dienen zum Schutz der Minensperren, indem sie verhindern, daß Torpedoboote oder Dampfpinassen ihre nächtlichen Versuche, die Minen durch Auffischen oder durch Legen von Konterminen fortzuräumen, ausführen können. Alle S. haben Ausfalllücken für die eigenen Schiffe; diese werden durch besondere Einrichtungen, wie Torpedobatterien und Wachtboote, geschützt. (S. auch Absperrungen im Fahrwasser und Tote Sperren.)

Sperrforts, isolierte Festungswerke, welche Verkehrswege dem Feinde vorenthalten sollen und an deren wichtigsten, leichtest zu sperrenden Punkten (Fluß-, Gebirgsdefileen) liegen. Gegen Überfall gesichert und sturmfrei, müssen sie desto länger haltbar sein, je mehr Zeit den Gegner die Herstellung eines Umgehungsweges kosten würde. Sie sollen zur Heranziehung schwerer Geschütze zwingen und müssen behufs Durchführung des Fern- und Nahkampfes mit minimaler Besatzung auch mit schußsichern Hohlbauten und schweren Geschützen, diese in Panzerkassematten (Tirol) und Panzerkuppeln, versehen sein. Bemerkenswert sind die italienischen, österreichischen, schweizerischen und französischen S. in den Alpen, wo sie als Paßsperren auftreten, und die Sperrfortketten in Frankreich an der Mosel- und Saar-Linie. Über Angriff und Verteidigung von S. s. Förmlicher Angriff.

Sperrfrist, s. Börse (Bd. 17).

Sperrgesetz, auch Brotkorbgesetz, Bezeichnung des preuß. Gesetzes vom 22. April 1875, welches, nachdem Papst Pius Ⅸ. die Maigesetze (s. d.) für nichtig erklärt hatte, die Einstellung aller Leistungen aus Staatsmitteln für die röm.-kath. Bistümer und Geistlichen verfügte. Diese Sperre sollte aufhören, sobald die an der Spitze der Diöcese stehende Autorität (Bischof, Kapitularvikar) sich schriftlich verpflichtete, die Gesetze des Staates zu befolgen; unter gleicher Voraussetzung sollte jeder einzelne Geistliche für sich persönlich die Wiederaufnahme der Staatsleistungen herbeizuführen in der Lage sein. Von dieser gesetzlichen Befugnis wurde seitens der Bischöfe kein, seitens der Geistlichen ein ganz geringfügiger Gebrauch gemacht. Darauf gestattete die Novelle vom 14. Juli 1880 dem Staatsministerium, die Wiederaufnahme der Staatsleistungen auch ohne jene Voraussetzung der Verpflichtung zum Gehorsam gegen die Gesetze für die einzelnen Diöcesen zu beschließen. Dies ist für alle Diöcesen geschehen, und das S. ist demgemäß als rechtlich aufgehoben zu betrachten. Die auf Grund des S. nicht ausgezahlten Summen wurden gemäß §. 9 des S. grundsätzlich nicht als erspart verrechnet, sondern angesammelt und mit Zins und Zinseszins an die kath. Kirche ausbezahlt, entweder als Nachzahlung an die einzelnen Empfangsberechtigten oder deren Erben, oder als Gabe an die Bischöfe zur Bildung von Diöcesanfonds. Gemäß §. 9 des S. erging das Gesetz vom 24. Juni 1891, auf Grund dessen der Betrag von 16009333 M. 2 Pf. an die kath. Kirche bar ausgezahlt worden ist. Die Diöcesanfonds haben gesetzlich die Aufgabe, emeritierte Geistliche zu unterstützen, die Gehälter der Mitglieder der Domkapitel und Beamten der bischöfl. Kurie aufzubessern sowie Beiträge zur Wiederherstellung kirchlicher Gebäude an arme Gemeinden zu geben; die Verwendung erfolgt kraft Vereinbarung zwischen dem Kultusminister und dem betreffenden Diocesanobern.

Über S. im Zollwesen s. Zolltarif.