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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ungava; Ungehorsam; Ungehorsamsverfahren; Ungelt; Unger

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Ungava - Unger (Joseph)

den Verhandlungen führten zwar zu einem für die Dauer eines Jahres abgeschlossenen provisorischen Ausgleich in den Zoll- und Handelssachen sowie in der Bankangelegenheit, dagegen gelang es nicht, in der Quotenfrage eine Einigung zu erzielen, da Österreich eine Erhöhung der ungar. Quote zu den gemeinsamen Ausgaben beider Reichshälften forderte, U. diese aber nicht zugestehen wollte. Diese provisorischen Abmachungen wurden den Parlamenten beider Länder vorgelegt und von dem ungar. Reichstage angenommen, dagegen machte die Obstruktion der Deutschen ihre Erledigung im österr. Reichsrat unmöglich, und so sahen sich beide Regierungen gezwungen, einseitig vorzugehen, um ihre volkswirtschaftliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten. Schon im Dezember unterbreitete die ungar. Regierung dem Reichstage eine Vorlage, wodurch der bestehende Zustand bis zum 1. Mai 1898 verlängert wurde. Weil sie aber wegen des Widerstandes der äußersten Linken nicht rechtzeitig erledigt werden konnte, so trat am 1. Jan. 1898 thatsächlich ein gesetzloser Zustand ein, da die Gültigkeit des Ausgleichs mit dem 31. Dez. 1897 erlosch. Allerdings dauerte dieser Ausnahmezustand nur wenige Tage, da beide Häuser bis Mitte Januar das Provisoriumsgesetz bewilligten, worauf die Verhandlungen zwischen beiden Regierungen zur Herstellung eines endgültigen Zustandes von neuem ihren Anfang nahmen.

Litteratur. Von Urkundenwerken sind zu nennen: Monumenta comitialia regni Hungariae (9 Bde., Budapest 1874 fg.); Monumenta Vaticana historiam regni Hungariae illustrantia (Serie I, 6 Bde.; Serie II, 2 Bde., ebd. 1884-91). Allgemeine Darstellungen geben: Georg Pray, Annales regum Hungariae (5 Bde., Wien 1763-70); Katona, Historia critica regum Hungariae (42 Bde., Pest und Ofen 1779-1808); Feßler, Geschichte der Ungarn und ihrer Landsassen (10 Bde., Lpz. 1814-25; neue Bearbeitung von Klein, 2. Aufl., 5 Bde., ebd. 1867-83); Engel, Geschichte des Ungarischen Reichs (5 Bde., Wien 1813-14; neue Ausg. 1834); Mailáth, Geschichte der Magyaren (5 Bde., ebd. 1828-31; 2. Aufl., Regensb. 1852-53); Szalay, Magyarország története (Bd. 1-3, Lpz. 1850-53; Bd. 4-6, Pest 1854-59; deutsch, Bd. 1-3, Pest 1866-75); Horváth, Magyarország történelme (6 Bde., Pest 1860-63; neue Bearbeitung in 8 Bdn., Budapest 1871-73). Einzelne Perioden behandeln: Horváth, A kereszténység elsö százada Magyarországon (Das erste Jahrhundert des Christentums in U., Budapest 1878); Pauler, A magyar nemzet története az Árpádházi királyok alatt (2 Bde., ebd. 1894); Kupelwieser, Die Kämpfe U.s mit den Osmanen bis zur Schlacht von Mohacs (Wien 1895); Marczali, Geschichte U.s im Zeitalter Josephs II. (2. Aufl., 3 Bde., Budapest 1885-88); Sayous, Histoire des Hongrois et de leur littérature politique de 1790 à 1815 (Par. 1872); Horváth, Huszanöt év Magyarország történelméböl 1823-48 (3 Bde., Genf 1864; deutsch u. d. T. Fünfundzwanzig Jahre aus der Geschichte U.s, 2 Bde., Lpz. 1867); Falk, Széchényi István gróf és kora (Széchenyi und seine Zeit, Pest 1868). Über die Zeit der Revolution sind hervorzuheben: Archiv des ungar. Ministeriums, hg. von Adlerstein (3 Bde., Altenburg 1851); Adlerstein, Chronol. Tagebuch der magyar. Revolution (3 Bde., Wien 1861); Görgey, Mein Leben und Wirken in U. (2 Bde., Lpz. 1852); Klapka, Memoiren (ebd. 1850); ders., Der Nationalkrieg in U. und Siebenbürgen (2 Bde., ebd. 1851). Die neueste Geschichte U.s behandeln vom österr.-liberalen Standpunkte aus Rogge in: Österreich von Világos bis zur Gegenwart (3 Bde., Lpz. 1872-73), vom konservativen Gesichtspunkt Freiherr von Helfert, Geschichte Österreichs (6 Bde., Prag 1868-86). Ein histor. Archiv giebt die Ungarische Historische Gesellschaft heraus.

Ungava, seit 1895 Name des Gebietes zwischen Hudsonbai, Atlantischem Ocean und Provinz Quebec in Canada.

Ungehorsam, s. Kontumaz und Versäumnis.

Ungehorsamsverfahren. Ein U. oder Kontumazialverfahren findet nach den neuern Strafprozeßordnungen der Regel nach nicht statt. Wegen der nach der Deutschen und Österr. Strafprozeßordnung zugelassenen Ausnahmen s. Abwesenheit und Kontumaz. Im Civilprozeß ist an Stelle des U. das Versäumnisverfahren (s. Versäumnisurteil) getreten. (S. auch Wehrpflichtige.)

Ungelt, s. Umgeld.

Unger, Joh. Georg, Holzschneider, geb. 1715 zu Goes bei Pirna, erlernte dort die Buchdruckerkunst und später auch die Holzschneidekunst. In Berlin, wohin er 1740 ging, betrieb er die Holzschneidekunst mit Eifer, wovon fünf große Landschaften den Beweis liefern. Er starb 1788. - Sein Sohn Johann Friedrich U., geb. 1750 in Berlin, war Buchdrucker, Buchhändler, Form- und Stempelschneider und wurde 1800 zum Professor der Holzschneidekunst an der Akademie der bildenden Künste in Berlin ernannt. Er vervollkommnete die Schriften, namentlich die deutsche Schrift (Fraktur). Die von ihm geschnittene Frakturschrift (Ungersche Schrift) hatte einige Ähnlichkeit mit der Schwabacher Schrift, ist indessen fast außer Gebrauch gekommen. Durch Vervollkommnung der Technik sowohl als durch Ausbildung einer Anzahl guter Schüler leistete er der Holzschneidekunst große Dienste. Er starb 1804. - Des letztern Gattin, Friederike Helene U., geb. 1751 zu Berlin, eine Tochter des preuß. Generals von Rothenburg, setzte nach dem Tode ihres Gatten dessen Unternehmungen fort und starb 21. Sept. 1813 zu Berlin. Allgemeinen Beifall fand ihr Roman "Julchen Grünthal, eine Pensionsgeschichte" (Berl. 1784); ferner sind zu nennen die "Bekenntnisse einer schönen Seele" (ebd. 1806) und "Der junge Franzose und das deutsche Mädchen" (Hamb. 1810) u. a.

Unger, Joseph, österr. Jurist und Staatsmann, geb. 2. Juli 1828 in Wien, studierte daselbst die Rechte und erhielt 1850 eine Anstellung bei der Universitätsbibliothek. Nachdem er sich 1853 in Wien als Privatdocent für österr. Privatrecht habilitiert hatte, wirkte er 1853-55 als außerord. Professor in Prag, folgte 1855 einem Rufe nach Wien und wurde 1857 ord. Professor daselbst. Beim Wiedererwachen des konstitutionellen Lebens in Österreich trat U. in einer mit Fischhof gemeinsam verfaßten Schrift "Zur Lösung der ungar. Frage" (anonym, Wien 1861) für die dualistische Staatsform ein. 1867 in den niederösterr. Landtag und von diesem in den Reichsrat gewählt, sah er sich durch eine schwere Erkrankung genötigt, nach kurzer Zeit sein Mandat niederzulegen, wurde aber 1869 in das Herrenhaus berufen, in dem er als Wortführer der liberalen Partei hervortrat. In dem nach dem Sturze des Kabinetts Hohenwart gebildeten Ministerium Auersperg nahm U. im Nov. 1871 einen Sitz oder Portefeuille an und bewies sieb im Reichsrate als gewandter Sprech-^[folgende Seite]