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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Walachen - Walckenaer.

wurde. Diese publizierte die neue Verfassung, welche das Programm der neuen Ära enthielt: konstitutionelle Regierung, Ministerverantwortlichkeit, Preßfreiheit, Rechts- und Steuergleichheit, allgemeiner unentgeltlicher Schulunterricht, Aufhebung der Adelstitel, der Todes- und der Prügelstrafe, der Robotpflichtigkeit der Bauern und der Sklaverei der Zigeuner, Ankauf von Grund und Boden durch die Bauern. Politisch gipfelte die Bewegung in der Verbrennung des verhaßten »Reglement Organique« vor dem russischen Konsulatsgebäude zu Bukarest. Am 25. Sept. 1848 wurde durch Russen und Türken die alte Ordnung der Dinge hergestellt. Der Vertrag von Balta Liman vom 1. Mai 1849 verschlimmerte die Lage der Fürsten der Moldau und W., denn sie wurden darin als »hohe Beamte« betrachtet, welche unter der Aufsicht und dem Befehl eines russischen und eines türkischen Kommissars standen. Der unter diesem Regime ernannte Fürst der W. war Barbu Stirbey. Kaum waren Russen und Türken 1850 aus den Fürstentümern gezogen, als 1853 schon die Russen wieder einrückten, um dieselben als Faustpfand für in Konstantinopel verlangte Genugthuung zu besetzen. Da brach der Krimkrieg los, der zum Pariser Vertrag vom 30. März 1856 führte, dessen Folgen die gänzliche Aufhebung des russischen Protektorats (1856) und die Vereinigung der Fürstentümer Moldau und W. zum Staat Rumänien (1861) waren. Weiteres s. Rumänien (Geschichte).

Walachen (Wlachen), s. Rumänen.

Walachisches Korn, s. Weizen.

Walachische Sprache, s. Rumänische Sprache.

Walachisch-Meseritsch, Stadt in Mähren, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, an der Betschwa, Kreuzungspunkt der Linien Kojetein-Bielitz und Weißkirchen-Wsetin der Nordbahn, hat ein Obergymnasium, eine Holzindustrie- und eine Korbflechtschule, eine Strafanstalt für Weiber und (1880) 3328 Einw. Jenseit der Betschwa liegt das Dorf Krasna mit Schloß, großer Glasfabrik, Seidenweberei, Zündhölzchenfabrik und 2106 Einw.

Walafried, Strabo (»der Schielende«), namhafter Theolog, seit 842 Abt des Klosters Reichenau, dessen Schule er in große Aufnahme brachte; starb 849. Er schrieb die »Glossa ordinaria« (s. Exegetische Sammlungen); berühmter noch wurde er als Dichter der Heiligen.

Walch, s. Aegilops.

Walch, Name einer Gelehrtenfamilie, deren Ahnherr Johann Georg, geb. 1693 zu Meiningen, in Jena nacheinander Professor der Philosophie, Beredsamkeit, Dichtkunst, 1724 auch der Theologie (zunächst außerordentlicher, seit 1728 ordentlicher) wurde und 1775 starb, nachdem er sich besonders durch eine große Reihe von kirchengeschichtlichen Spezialstudien, wie »Historisch-theologische Einleitung in die Religionsstreitigkeiten der lutherischen Kirche« (Jena 1730-39, 5 Bde.) und »Bibliotheca patristica litteraris« (das. 1770, neue Ausg. 1834), verdient gemacht hatte. Sein ältester Sohn, Johann Ernst Immanuel W., geb. 30. Aug. 1725 zu Jena, gest. 1. Dez. 1778 daselbst als Professor der Beredsamkeit und Dichtkunst, war Mineralog. Dessen Bruder Christian Wilhelm Franz W., geb. 1726 zu Jena, gest. 1784 daselbst als Professor der Theologie, machte sich durch zahlreiche kirchenhistorische Schriften bekannt, wie »Entwurf einer Geschichte der Ketzereien« (Leipz. 1762-85, 11 Bde.) und »Neueste Religionsgeschichte« (Lemgo 1771-83, 9 Bde.), so wie der jüngere Bruder, Karl Friedrich W., geb. 1734, gest. 1799 als Professor der Rechte in Jena, durch die »Introductio in controversias juris civilis recentioris« (Jena 1771, 8 Bde.; 3. Aufl. 1790), die »Geschichte der in Deutschland geltenden Rechte« (Leipz. 1780) und das »Näherrecht« (Jena 1795).

Walchensee, Alpensee im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Tölz, von dem 1 km weiter nördlich gelegenen Kochelsee nur durch den niedrigen Rücken des Kesselbergs getrennt, liegt 790 m ü. M. und 194 m über dem Kochelsee und hat 26 km im Umfang. Seine größte Länge beträgt 7,5, seine größte Breite 5 km, seine Tiefe bis 196 m (im Mittel 79,3 m). Die Farbe seines Wassers ist dunkel blaugrün. Er ist sehr reich an Fischen, namentlich an Lachsforellen, Salmlingen etc., und rings von Hochwald und Vorbergen der Alpen (Benediktenwand, Heimgarten, Hochkopf u. a.) eingeschlossen, deren nicht steile Abfälle bis dicht an den See herantreten und denselben zu einem der großartigsten Gebirgsbilder der Bayrischen Alpen machen. Das Ganze gibt das Gefühl von stiller Waldeinsamkeit, da nur das Dorf W. nebst einer Kapelle und einige kleine Weiler am See liegen. Der Abfluß erfolgt durch die Jachenau in die Isar.

Walcheren (Walchern), zur niederländ. Provinz Zeeland gehörige Insel, zwischen den beiden Mündungen der Schelde und der Nordsee gelegen und durch die (jetzt überbrückte) Sloe (s. d.) von der Insel Südbeveland getrennt, enthält sehr fruchtbaren Dammboden und ist teils durch kostbare Dammbauten (Westkappelsche Dyk), teils durch Dünen und Sandhügel gegen die Meeresfluten geschützt. Auf ihr liegen die Städte Middelburg, Vere und Vlissingen sowie 18 Dörfer mit insgesamt ca. 45,000 Einw. Bekannt ist die Insel auch durch die britische Expedition von 1809 und das Bombardement von Vlissingen (s. d.).

Walchowīt, s. Retinit.

Walck., bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für C. A. Walckenaer (s. d.).

Walckenaer (spr. walk'nār), Charles Athanase, Baron, franz. Gelehrter und Schriftsteller, geb. 25. Dez. 1771 zu Paris, emigrierte während der Revolution nach Schottland, ward nach der Restauration 1816 einer der Maires von Paris, 1817 Generalsekretär der Präfektur der Seine und 1826 Präfekt von Nièvre. Seit 1838 zu Paris privatisierend und seit 1840 Sekretär der Akademie der Inschriften, starb er daselbst 28. April 1852. Von seinen zahlreichen Schriften gewähren zunächst die biographischen das meiste Interesse. Hierher gehören: »Histoire de la vie et des ouvrages de Lafontaine« (Par. 1820, 4. Aufl. 1858, 2 Bde.); die »Histoire de la vie et des poésies d'Horace« (das. 1840, 2 Bde.; 2. Aufl. 1858) und die »Mémoires touchants la vie et les écrits de la marquise de Sévigné« (das. 1842-52, 5 Bde.; von Aubenas fortgesetzt, Bd. 6, 1865). Ferner veröffentlichte er die Romane: »L'île de Wight, ou Charles et Angelina« (Par. 1799) und »Histoire d'Eugénie« (das. 1803), »Lettres sur les contes de fées« (1826), »Vie de plusieurs personnages célèbres« (Laon 1830, 2 Bde.) u. a. und erwarb sich nicht minder einen Namen als Geograph durch die Werke: »Cosmologie, ou Description de la terre considérée dans ses rapports astronomiques, physiques, historiques et civils« (1815); »Le monde maritime« (1818, 4 Bde.); »Recherches sur la géographie ancienne et celle du moyen-âge« (1822-23); »Histoire générale des voyages« (1826-31, 21 Bde.) und die sehr geschätzte »Géographie ancienne des Gaules« (1839, 3 Bde.; 2. Aufl. 1862, 2 Bde.). Von seinen naturhistorischen Arbeiten sind zu nennen: