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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Alexander

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Alexander (Rußland).

zu helfen sei. Am Abend des 22. Febr. 1866 drangen mehrere Parteihäupter in das Schlafzimmer des Fürsten und zwangen ihn zur Abdankung. Seitdem lebte A. meist in Wien und Wiesbaden und starb 15. Mai 1873 zu Heidelberg.

[Rußland.] 16) A. Jaroslawitsch Newskij, Großfürst von Rußland, ward 1218 zu Wladimir geboren. Sein Vater, Großfürst Jaroslaw II. von Nowgorod, ließ ihn sorgfältig erziehen. Nach des Vaters Tod (1247) Fürst von Nowgorod, ward er nach seines Bruders Andreas Tod (1252) Großfürst von Wladimir. Schon 1240 hatte er an der Newa (daher sein Beiname Newskij) über die Schweden gesiegt und dann glücklich gegen die Ritter des Schwertordens gekämpft, welche auf Betrieb des Papstes Gregor IX. in Rußland eingefallen waren. Roms Plan, die Russen in den Schoß der katholischen Kirche überzuführen, mißglückte, da A. standhaft dagegen blieb. Es war sein Verdienst, einerseits manche Rebellion gegen die Tataren in Rußland verhindert, anderseits durch kluge Unterwürfigkeit und feinen diplomatischen Takt allzu schlimmen Übergriffen der Orientalen vorgebeugt zu haben. Im Orient genoß er ein so großes Ansehen, daß, wie erzählt wird, die tatarischen Frauen ihre Kinder mit seinem Namen zu schrecken pflegten. A. starb 14. Nov. 1263 auf der Rückreise von dem Hof des Großchans der Tataren. Sein Leichnam wurde in Wladimir beigesetzt. Man zählt A. unter die größten Heiligen der russischen Kirche; Peter d. Gr. erbaute ihm 1712 das Alexander Newskij-Kloster (s. d.) und stiftete 1722 den nach ihm genannten Orden (s. Alexander Newskij-Orden).

17) A. I. Paulowitsch, Kaiser und Selbstherrscher aller Reußen, geb. 23. (11.) Dez. 1777 zu Petersburg als ältester Sohn des Großfürsten Paul und seiner zweiten Gemahlin, Maria Feodorowna von Württemberg, ward unter der Leitung des freisinnigen Schweizers Laharpe nach Rousseauschen Grundsätzen erzogen. Die Einzelheiten seiner Ausbildung überwachte mit mütterlicher Sorgfalt Katharina II. Dennoch blieb dieselbe oberflächlich. Weich und sentimental, zeigte sich A. wohlwollend und für Ideale begeistert, aber auch schwach und unbeständig. Schon 1793 wurde er mit der Prinzessin Elisabeth von Baden vermählt. Zwei Töchter aus dieser Ehe starben als Kinder. Sein Vater Paul I., seit 1796 Zar, behandelte ihn mißtrauisch und willkürlich. Als er durch dessen Ermordung 24. März 1801 auf den Thron gelangte, war er, obwohl er von dem Mord weder gewußt, noch ihn gebilligt hatte, doch anfangs von Rücksichten auf die Mörder Subow, Pahlen und Bennigsen abhängig. Später erlangte das sogen. Triumvirat, Stroganow, Nowossilzow und Adam Czartoryiski, den bedeutendsten Einfluß auf ihn. Seiner Persönlichkeit entsprechend, war sein Bemühen vornehmlich auf die innere Entwickelung Rußlands gerichtet. In der ersten Hälfte seiner Regierung, namentlich während der ersten Jahre, war er eifrig bestrebt, das Finanzwesen seines Reichs zu ordnen, die geistige Bildung zu fördern und das harte Los der Leibeignen zu mildern. Esthland, Livland und Kurland verdanken ihm die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Einführung einer mit dem Institut der Gemeindegerichte verbundenen Bauernordnung. Leibeigne zum Verkauf auszustellen oder in den Zeitungen auszubieten, wurde verboten, die Freilassung derselben und ihre Ansiedelung in den Städten erleichtert. Um diesen und andern Reformen seine Sorgfalt zuwenden zu können, war A. anfangs bemüht, kriegerische Einmischung in die europäischen Angelegenheiten zu vermeiden. Bereits 1802 schloß er mit dem jungen König von Preußen einen herzlichen Freundschaftsbund (Zusammenkunft in Memel, Juni 1802), dem beide bis an ihr Lebensende treu geblieben sind. Gleichzeitig trat A. mit Bonaparte, damaligem Ersten Konsul der französischen Republik, in enge politische Beziehungen, um die Angelegenheiten Europas nach gemeinsamem Einverständnis friedlich zu leiten. A. mußte sich aber bald überzeugen, daß diese Bundesgenossenschaft nur dazu diente, die Machtstellung Frankreichs zu erhöhen. Es kam deshalb bereits 1804 zum vollständigen Bruch. A. unterstützte 1805 Österreich, trat aber nach der Schlacht bei Austerlitz vom Bund gegen Napoleon zurück, um den Kampf 1807 zu gunsten Preußens zu erneuern, freilich erst, als sein Verbündeter den größten Teil seiner Monarchie bereits verloren hatte. Als die preußischen und russischen Truppen bis über die Memel zurückgedrängt waren, vermittelte A. den Frieden von Tilsit. Dem Abschluß desselben ging die berühmte Zusammenkunft des russischen und des französischen Kaisers 25. Juni (in einem auf zwei Flößen in der Mitte des Niemen erbauten Pavillon) voraus, und A., der für Napoleons glänzende persönliche Eigenschaften die größte Bewunderung hegte, ließ sich von demselben zum zweitenmal für den Gedanken einer gemeinsamen Leitung der europäischen Angelegenheiten gewinnen. Bei der Zusammenkunft in Erfurt (Oktober 1808) wurde der Bund erneuert und A. der Besitz der Türkei versprochen, gegen die er sofort einen glücklichen Krieg begann. Bei den weit auseinander gehenden Interessen der beiden Staaten dauerte indes diese Eintracht nicht lange, und 1812 kam es von neuem zum Bruch. Anfangs schien auch Rußland dem gewaltigen Imperator unterliegen zu müssen, und nach der Einnahme von Moskau verzweifelte A. fast an der Fortführung des Kriegs. Indessen gelang es dem ungebrochenen Mute des Freiherrn vom Stein, ihn umzustimmen und seine Begeisterung anzufachen. Er erklärte, die Waffen nicht niederlegen zu wollen, ehe Napoleon gestürzt sei. Die Friedensanerbietungen desselben wurden zurückgewiesen, der religiöse und nationale Fanatismus der Russen wachgerufen und das mehr dem Hunger und der Kälte als den Waffen weichende französische Heer auf seinem Rückzug hart bedrängt und fast vernichtet. Alexanders Entschluß für die Fortführung des Kriegs beförderte die Erhebung Deutschlands, die ohne seine Unterstützung kaum möglich gewesen wäre. In den Befreiungskriegen übte A. als der mächtigste unter den verbündeten Herrschern einen sehr großen Einfluß aus, sowohl auf die militärischen Operationen als auf die schonende Behandlung Frankreichs und auf die Rückführung der Bourbonen. Beim Wiener Kongreß war er für die Eintracht unter den Fürsten und für die Herstellung einer festen Ordnung unermüdlich thätig. Damals hatten die liberalen Ansichten Einfluß auf ihn, und im Sinn derselben suchte er persönlich und durch den Freiherrn vom Stein auf die Regelung der deutschen Verhältnisse durch die Wiener Schlußakte zu wirken. Auch setzte er durch, daß die Neutralität der Schweiz anerkannt wurde, und verschaffte den Ionischen Inseln republikanische Selbständigkeit. In gleichem Sinn gab er Polen, das ihm durch die Entscheidung des Wiener Kongresses zugefallen war, eine freisinnige Verfassung. Unter dem Einfluß der großen Begebenheiten dieser Zeit und auf Anregung der ihn damals in ihre