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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Alfonsine; Alfonsinische Tafeln; Alfort; Alfred

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Alfonsine - Alfred.

ansprüche der jüngern bourbonischen Linie, für welche nach dem Sturz des Königs Amadeo und während der durch die Errichtung einer Republik und den Karlistenkrieg hervorgerufenen Wirren sich eine immer mächtigere alfonsistische Partei namentlich unter den gemäßigt-liberalen Generalen und Politikern bildete; 1874 stellten sich der General Martinez Campos und Canovas del Castillo an die Spitze der Partei, und ersterer rief 30. Dez. 1874 A. in Katalonien zum König aus. A. landete 9. Jan. 1875 in Barcelona und hielt 14. Jan. in Madrid seinen Einzug, wo er Canovas zum Ministerpräsidenten ernannte, der durch ein gemäßigt konservatives Regiment die Herrschaft des jungen Königs mehr und mehr befestigte. Im Februar 1876 leitete A. die letzten Kriegsoperationen gegen die Karlisten. In erster Ehe war der König seit 23. Jan. 1878 mit seiner Kousine Maria de las Mercedes (geb. 24. Juni 1860), dritten Tochter des Herzogs von Montpensier, vermählt, die aber schon 26. Juni 1878 starb; in zweiter Ehe heiratete der König 29. Nov. 1879 die Erzherzogin Maria Christine von Österreich, die ihm zwei Töchter gebar. Obwohl zwei Attentate auf A. (25. Okt. 1878 von seiten Oliva y Moncasis und 30. Dez. 1879 durch Gonzalez) unternommen wurden, die beide ihr Ziel verfehlten, gelang es A. doch, seine Herrschaft immer fester zu begründen und auch frühere Gegner seiner Dynastie zu gewinnen. Nach außen suchte er Spaniens Ansehen und Einfluß zu heben und schloß sich zu diesem Zweck an Österreich und Deutschland an. Als er 1883 von einem Besuch bei Kaiser Wilhelm, der ihn zum Chef eines Ulanenregiments ernannte, auf dem Rückweg nach Spanien über Paris reiste, wurde er daselbst 29. Sept. vom Pöbel gröblich beschimpft. A. bewies hierbei eine solche Festigkeit und Würde, daß seine Popularität erheblich wuchs.

21) A. von Bourbon, Infant von Spanien, zweiter Sohn des Infanten Don Juan und jüngerer Bruder des spanischen Thronprätendenten Don Karlos, geb. 12. Sept. 1849 zu London, trat in die österreichische Armee, 1869 in das päpstliche Zuavenkorps, vermählte sich 1871 in Heubach mit Maria des Neves, Tochter des berüchtigten Dom Miguel, ging 1873 nach Spanien, um die karlistischen Scharen in Katalonien zu kommandieren, überschritt im Juni 1874 den Ebro und drang in Valencia ein, wurde aber bei Alorca geschlagen. Im Juli machte er einen noch kühnern Einfall in Kastilien und eroberte 15. Juli Cuenca, wo die Karlisten raubten, plünderten und mordeten. Weiter errang er aber keine Erfolge mehr und verließ im November plötzlich infolge eines Zwistes mit seinem Bruder den Kriegsschauplatz. Er lebt in Österreich.

Alfonsine, Dorf in der ital. Provinz Ravenna, am Senio, mit Gymnasialschule, starkem Getreide-, Hanf- und Weinbau, Branntweinbrennerei und (1881) 3433 Einw. A. ist der Geburtsort des Dichters Vincenzo Monti.

Alfonsinische Tafeln (Tabulae Alphonsinae), astronom. Tafeln, welche auf Alfons' X. von Kastilien Kosten durch den Rabbiner Isaak Aben Said und andre Astronomen bearbeitet worden sind. Gedruckt wurden diese im Mittelalter wegen ihrer Genauigkeit sehr hochgeschätzten Tafeln zuerst 1483 durch Radtolt in Venedig (wiederholt 1493, 1521, 1545).

Alfort (spr. -för), s. Maisons-Alfort.

Alfred (angelsächs. Älfrêd, d. h. gut und freundlich an Rat), 1) A. der Große, König von England, jüngster Sohn König Ethelwulfs und Enkel Egberts, der die sieben kleinen angelsächsischen Königreiche vereinigt hatte, geb. 849 zu Wantage in Berkshire, ward als fünfjähriger Knabe vom Papst Lee IV. in Rom zum König gesalbt. Zwei Jahre später besuchte er mit seinem Vater Rom zum zweitenmal. Auf der Rückreise hielt sich A. an Karls des Kahlen Hof längere Zeit auf, wo er die fortgeschrittenere Kultur des westfränkischen Reichs genauer kennen lernte. Nach des Vaters Tod (860) zeichnete er sich unter der Herrschaft seiner Brüder in den Kämpfen gegen die mächtig andringenden Normannen aus. Als der letzte der ältern Brüder, Ethelred, 871 starb, wurde A. zum König von Wessex gewählt. Er empfing das Land im allertraurigsten Zustand: die Normannen drangen von Northumberland aus bis in das Herz von Wessex vor; der Ackerbau lag danieder, die Hälfte der Dörfer und Städte, der Kirchen und Klöster in Asche. Zwar schloß A. 872 einen Friedensvertrag mit den Normannen, diese erneuerten aber trotzdem ihre Einfälle; Mercia und die benachbarten Reiche, zuletzt auch Wessex (878) gingen an sie verloren, die Eingebornen flohen zu Tausenden in die Gebirge oder über das Meer. A. selbst verbarg sich in Wildnissen und Sümpfen, so daß man ihn verloren glaubte, und zahlreiche Sagen und Legenden berichten von seinen Erlebnissen auf der Flucht und während der Verbannung. Sicher ist, daß der König nicht aufhörte, die Vertreibung der Dänen im Auge zu behalten. In dem schwer zugänglichen Waldgebiet am Zusammenfluß des Parret und der Thone verschanzte er sich mit seinen Gefährten zu Äthelmy, pflanzte hier sein Banner auf, sammelte die Edlen und das Volk von Somerset und rückte mit seinem Heer gegen Äthandune (Eddingdon bei Westbury), wo er im Mai 878 dem Feind eine entscheidende Niederlage beibrachte. Nach 14 Tagen nahm er die Feste; der Dänenfürst Guthoom, dem A. Ostangeln beließ, nahm das Christentum an. Nun begann für England eine Zeit des Friedens. Aber A. rüstete zugleich zur Abwehr etwaniger neuer Angriffe. So fand ihn schon die nächste große Flotte der Normannen unter Hastings zum Empfang bereit und kehrte um. Einen neuen Einfall der Normannen schlugen A. und sein tapferer Sohn Eduard bei Farnham in Surrey zurück. Seit dieser Zeit tönten der Norden und Westen Europas wider von Alfreds Ruhm. Des Königs erste Sorge war, die Wunden zu heilen, welche die lange Kriegsnot dem Wohlstand des Volks und dessen bürgerlicher Ordnung geschlagen. Dabei erst zeigte sich Alfreds ganze Größe. Er erneuerte die alte Einteilung des Landes und Volks in Shires (Grafschaften) und Hundertschaften, er bereitete die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung vor und sorgte für gewissenhafte Handhabung der erstern; er sammelte die Gesetze von Kent, Mercia und Wessex, fügte neue hinzu und schuf so ein Gesetzbuch, das zum Teil die Grundlage des spätern common law wurde. Mit gleichem Eifer sorgte A. für Hebung des Nationalreichtums. Der Ackerbau wurde begünstigt, fremde Ansiedler wurden herbeigezogen, Dörfer neu gegründet, London aus den Trümmern hergestellt und auf jede Weise gehoben. Ebenso bemüht war der König, Handel und Schiffahrt zu pflegen, und seiner ganz besondern Fürsorge erfreuten sich Kirchen und Klöster. Auch die vaterländische Dichtkunst und die Wissenschaften begünstigte A. in jeder Weise. Noch als König übersetzte er, durch den Unterricht seines gelehrten Freundes Asser vorbereitet, Orosius' Weltchronik, Bedas Kirchengeschichte, Boetius' Schrift vom Troste der Philosophie, Gregors Pastoralregeln u. a. Auch eine Psalmenübersetzung wurde begonnen. Daneben war