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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ameisensäure; Ameisenscharrer; Ameisenspiritus; Amelanchĭer; Ameland; Amelia; Amélie les Bains; Amelioration

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Ameisensäure - Amelioration.

mit je sieben Augen, kurzen Fühlern und sichelförmigen Oberkiefern, die an der Unterseite ausgehöhlt sind, um die feinen, borstenförmigen Unterkiefer aufzunehmen, welche mit jenen zusammen ein Saugwerk bilden. Die sich stets nur rückwärts bewegende Larve gräbt an sonnigen Waldrändern, besonders unter dem Schutz hervorstehender Baumwurzeln, trichterförmige Vertiefungen von 8 cm Durchmesser und 5 cm Tiefe, verbirgt sich selbst im Grunde des Trichters, so daß nur die langen Kiefer hervorragen, und wartet, bis ein Räupchen, eine Spinne, eine Ameise oder sonst ein ähnliches Tierchen hinabgleitet. Dasselbe wird sogleich mit den zangenförmigen Kiefern gefaßt, unter den Sand gezogen, dort ausgesogen und dann wieder hinausgeschleudert. Am Rande der Grube erscheinende Insekten bewirft der A. mit Hilfe des Kopfes mit Sand, um sie in den Trichter zu stürzen. Im Juni oder Juli spinnt die Larve im Sand einen kugelförmigen Kokon, der einer Sandkugel gleicht, verpuppt sich, und nach vier Wochen kriecht das Insekt aus, welches eine geringe Anzahl gelblicher, am dicken Ende roter Eier legt. Die noch im Herbst auskriechende Larve überwintert im Sand. M. formicalynx L., mit ungefleckten Flügeln und 3 cm lang, führt dieselbe Lebensweise. Südeuropäische Arten graben keine Trichter, sondern sitzen unter der ebenen Sandfläche.

Ameisensäure (Formylsäure) CH_{2}O_{2}, chem. Verbindung, findet sich besonders im Körper der Waldameise, in den Giftorganen der Bienen und andrer stechender Insekten, in den Haaren der Prozessionsraupe, in manchen Sekreten des menschlichen Körpers, im Blut, Harn und Schweiß, in den Brennhaaren der Brennessel, in den Kiefernadeln und im Kieferreisig, im sauer gewordenen Terpentinöl, in manchen Mineralwässern und im Guano. Sie entsteht beim Erwärmen von Kalihydrat mit Kohlenoxydgas, oder wenn feuchte Kohlensäure auf Kalium wirkt. Wie Essigsäure aus Alkohol, so entsteht sie bei der Oxydation von Methylalkohol, außerdem bei der trocknen Destillation und als Oxydationsprodukt vieler organischer Stoffe (Eiweiß, Leim, Stärkemehl, Zucker, Weinsäure, Acetylen, Äthylen). Zur Darstellung der A. erwärmt man entwässertes Glycerin mit entwässerter Oxalsäure auf 50° und fügt, wenn die Entwickelung von Kohlensäure nachgelassen hat, mehr Oxalsäure hinzu. Die Oxalsäure C_{2}H_{2}O_{4} zerfällt hierbei in A. CH_{2}O_{2} und Kohlensäure CO_{2}, das Glycerin wird nicht verändert. Das Destillat enthält 75 Proz. A., und wenn man in demselben wasserfreie Oxalsäure löst und kristallisieren läßt, so bemächtigt sich dieselbe des Wassers, und die abgegossene Flüssigkeit gibt bei der Rektifikation fast reine A. A. ist eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,223, riecht durchdringend sauer, wirkt auf der Haut ätzend, erstarrt bei -1°, siedet bei 105°, mischt sich mit Wasser und Alkohol, raucht schwach an der Luft; ihre Dämpfe sind leicht entzündlich, sie scheidet aus Gold- und Silbersalzen das Metall ab und wirkt in sauren Flüssigkeiten fäulniswidrig. Im Ameisenspiritus und in der Ameisentinktur, auch in Bädern mit Waldameisen findet sie medizinische Verwendung als hautreizendes Mittel. Der Schmerz, welchen der Bienenstich und die Nesselhaare erzeugen, entsteht durch Eindringen von A. in die Wunde und verschwindet daher beim Einreiben mit Ammoniak, welches die Säure neutralisiert. A. ist eine der stärkern organischen Säuren, sie löst Eisen und Zink unter Entwickelung von Wasserstoff und bildet gut charakterisierte, meist lösliche Salze (Formiate). Ameisensaures Natron CHNaO_{2}, durch Neutralisieren von kohlensaurem Natron mit A. erhalten, bildet farblose Kristalle, schmeckt scharf salzig-bitter, verwittert an trockner Luft, löst sich in Wasser und Alkohol und dient besonders zur Darstellung von Ameisenäther. Ameisenäther (Ameisensäure-Äthyläther) CHO_{2}.C_{2}H_{2} wird durch Destillation von ameisensaurem Natron mit Alkohol und Schwefelsäure oder von Oxalsäure mit Glycerin und Alkohol dargestellt. Er bildet eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,917, riecht durchdringend aromatisch, schmeckt gewürzhaft kühlend, siedet bei 54°, löst sich in Wasser, mischt sich mit Alkohol und Äther und dient zur Darstellung von künstlichem Rum und Arrak (daher auch Rumäther, Rumessenz). Der Amyläther und der Butyläther besitzen angenehmen Obstgeruch und werden zu Fruchtessenzen benutzt.

Ameisenscharrer (Ameisenschwein), s. v. w. Erdschwein.

Ameisenspiritus (Spiritus formicarum), über 10 Teile frische Ameisen destillierter wässeriger Weingeist (15 Teile Spiritus, 15 Teile Wasser, 20 Teile Destillat), riecht erfrischend, trübt sich beim Verdünnen mit Wasser und dient zum Einreiben bei gichtischen und rheumatischen Leiden. Auch eine Ameisentinktur (Tinctura formicarum, 2 Teile frische Ameisen, 3 Teile Spiritus) wird benutzt.

Amelanchĭer Medik. (Trauben-, Felsenbirne), Gattung aus der Familie der Rosaceen, kleine Bäume und Sträucher mit einfachen, ganzrandigen oder gesägten, häufig filzig behaarten Blättern, weißen, in Trauben stehenden Blüten und beerenartigen Früchten mit zehn einsamigen Fächern. A. vulgaris Mönch (Mespilus A. L., gemeine Felsenbirne, englische Mispel), in Süd- und Mitteleuropa und im Orient, mit rundlichen, scharf gesägten Blättern, fünf- bis achtblütigen, stark riechenden Trauben und blauschwarzen Früchten, enthält in der Stamm- und Zweigrinde Amygdalin und wird neben einigen andern, besonders amerikanischen Arten, wie A. canadensis Torr. et Gray, mit schlaffen, oft überhängenden, vielblütigen Trauben und schwarzen Früchten, A. alnifolia Nutt. und A. spicata Lam., als Zierstrauch kultiviert.

Ameland, niederländische, zur Provinz Friesland gehörige Insel, 7 km von der Küste, jetzt durch einen Damm mit derselben verbunden. Die Insel, jetzt Halbinsel, ist außer dem gewonnenen Land auf der Watten 60 qkm groß mit (1883) 2300 Einw., welche in vier Dörfern leben und Fischerei, Schiffahrt, Ackerbau und Viehzucht treiben.

Amelia, 1) nordamerikan. Insel an der Ostküste von Florida, s. Fernandina. - 2) Stadt in der ital. Provinz Perugia, auf einem Berge gelegen, mit alten Ringmauern, Bischofsitz (aus dem 5. Jahrh.), hat ein Gymnasium, berühmten Rosinenbau und (1881) 2384 Einw. A. ist das Ameria der Römer (durch seinen Sextus Roscius bekannt).

Amélie les Bains (spr. -lih läh bâng), berühmter Badeort im franz. Departement Ostpyrenäen, Arrondissement Céret, im Techthal, von hochstrebenden Felsenmassen und wilden Sturzbächen umgeben, hat 18 Schwefelthermen von 43-61° C., ein Militärhospital und ausgezeichnete Badeeinrichtungen. Das Wasser wird besonders gegen veraltete Rheumatismen, Gicht, chronische Bronchitis, Kehlkopfkatarrh etc. mit Erfolg angewendet. Die Saison dauert vom Mai bis Ende Oktober, doch erlaubt das milde Klima auch den Winteraufenthalt für skrofulöse Kinder Lungenleidende etc.

Amelioration (franz.), Verbesserung.