Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ansbach; Ansbert; Anschaffung; Anschauung; Anschauungsunterricht

614

Ansbach - Anschauungsunterricht.

Ansbach (Anspach, ehedem Onolzbach, lat. Onoldinum), Stadt am rechten Ufer der Fränkischen Rezat, in welche hier der Olz- oder Holzbach mündet, und an den Linien Treuchtlingen-Würzburg und Nürnberg-Krailsheim der Bayrischen Staatsbahn, einst Haupt- u. Residenzstadt des Fürstentums A. (s. S. 613), jetzt Hauptstadt des bayrischen Regierungsbezirks Mittelfranken, hat 3 Vorstädte, 2 prot. Kirchen (die stattliche Stiftskirche mit 3 Türmen und der St. Georgenritterkapelle und die 1406 erbaute Johanniskirche mit der Markgrafengruft), 1 kath. Kirche mit Kuppel (1827 erbaut), 1 Synagoge, 1 Theater, 1 Gymnasium und 1 Realschule und zählt (1880) 14,195 Einw., darunter 2062 Katholiken und 220 Juden (2. Ulanenregiment). Das Schloß, die ehemalige Residenz der Markgrafen, ein großes, mit Statuen geziertes Viereck im Geschmack der italienischen Renaissance (1713-23 nach einem Brand neuerbaut), enthält eine Bibliothek und Gemäldesammlung und dient teilweise zum Sitz der Kreisbehörden. Vor demselben steht das eherne Standbild des Dichters A. v. Platen (seit 1859) und im Schloßgarten das des Dichters Uz sowie ein auf die Ermordung des Findlings Kaspar Hauser (s. d.) bezüglicher Denkstein. Die Hauptindustrieerzeugnisse der Stadt sind Tischlerwaren, Beinknopffabrikate, Strohmanufakturen, Posamentier- und Goldstickerarbeiten, Eisengießereien, Bier, Backsteine, Wollgespinste, Zigarren und Tabak, Zichorien etc. Noch sind die Buchdruckereien, eine Gasleitung, die Pferde- und Rindviehmärkte anzuführen. A. ist Sitz der Kreisregierung, des protestantischen Konsistoriums, eines Landgerichts (für die elf Amtsgerichte zu A., Dinkelsbühl, Feuchtwangen, Gunzenhausen, Heidenheim, Heilsbronn, Herrieden, Rothenburg a. d. T., Schillingsfürst, Uffenheim und Wassertrüdingen), eines Amtsgerichts, eines Bezirksamts, einer Filiale der Königlichen Bank und einer Bankagentur der Bayrischen Notenbank. Die Stadt verdankt ihren Ursprung dem St. Gumpertsstift, einem Benediktinerkloster, das, von St. Gumpert aus dem fränkischen Herzogsgeschlecht um 750 errichtet, 1057 in ein Chorherrenstift verwandelt und 1560 säkularisiert wurde. A. gehörte ursprünglich zum Hochstift Würzburg, dann zu Bamberg, ward 1259 an die Grafen von Öttingen verpfändet, kam durch Kauf 1331 an die Burggrafen von Nürnberg und war 1486-1792 markgräfliche Residenz. A. ist die Vaterstadt der oben genannten Dichter Uz und A. v. Platen. Vgl. Hänle, Geschichte der Stadt A. (Ansb. 1865).

^[Abb.: Wappen von Ansbach.]

Ansbert, Priester, Teilnehmer an Kaiser Friedrichs I. Kreuzzug und Verfasser einer Geschichte desselben, die zuerst von Dobrowsky herausgegeben wurde ("Historia de expeditione Friderici imperatoris edita a quodam austriensi clerico", Prag 1827, neuerdings besser in den "Fontes rerum austriacorum", Abt. 1, Bd. 5). Genauigkeit und Fülle des Details in der von einer phantastischen Begeisterung erfüllten und von Anspielungen und Sprichwörtern überfließenden Erzählung machen sie zur wertvollsten Quellenschrift über den Anteil der Deutschen am dritten Kreuzzug. Benutzt ist von A. das Tagebuch der Passauer Dekans Tageno ("Monumenta Germaniae historica", Bd. 17).

Anschaffung, s. v. w. Deckung (s. d.).

Anschauung, im eigentlichen Sinn eine durch den Gesichtssinn erlangte Vorstellung von einem Gegenstand, im weitern Sinn jede nicht durch Verstandesbegriffe vermittelte, sondern unmittelbar auf den Gegenstand bezogene Vorstellung. Sie ist unter allen Vorstellungen die klarste und lebendigste, doch ist der Kreis, in welchem sie herrscht, beschränkt, sie selbst immer individuell, an das gerade Gegebene gebunden, daher unfähig, über die Grenzen der unmittelbaren Wahrnehmbarkeit hinauszugehen, und mithin der Einseitigkeit ausgesetzt. Die A. muß sich mit der Abstraktion verbinden, um allgemeine Vorstellungen zu erzeugen; erst aus diesem Weg kommt aus der A. die Erkenntnis, zunächst nur die des einzelnen Gegenstandes, dann aber auch bei weiterer Arbeit die des Generellen, zu stande. Die A. gibt das Material für das Denken, das Denken selbst erst die Erkenntnis; der Anschauende ist noch im Gegenstand verloren, durch das Denken bemeistert er sich seiner und macht ihn im Wissen zu seinem Eigentum. Kant (und nach ihm Schopenhauer) unterschied zwischen reinen (A. a priori) und empirischen (A. a posteriori) Anschauungen und verstand unter jenen solche, welche der Geist, frei von allem konkreten Gehalt, nur als reine Form schaut, d. h. Zeit und Raum und die in diese Kategorien fallenden Gegenstände der reinen Mathematik, unter diesen dagegen die Bilder, welche die Betrachtung bestimmter Gegenstände in uns hervorbringt. Die meisten neuern philosophischen Schulen haben die A. als die Bedingung aller Erkenntnis ihren Systemen zu Grunde gelegt, die idealistischen eine apriorische (reine), die realistischen eine aposteriorische (sinnliche). Fichte verstand unter intellektueller A. die ursprüngliche A. des Ichs oder das unmittelbare Bewußtsein; Schelling einen unbedingten Erkenntnisakt, in welchem das Subjektive und Objektive zusammenfallen soll, und welcher nach ihm der Anfangspunkt aller philosophischen Erkenntnis ist; Hegel vermittelte ein absolutes Wissen durch notwendige Gedankenbewegung; Herbart und Beneke dagegen kennen nur die empirische A. als Grundlage der Erfahrung. So viel ist gewiß, daß eine intellektuelle A. als ein durch das Denken nicht vermittelter, mithin zufälliger und verlierbarer Zustand des Subjekts, in welchem man das Absolute in seiner ungetrübten Einheit unmittelbar ergreifen soll, eine willkürliche Voraussetzung ist, welche ebensowenig auf sicherm Boden ruht wie jenes unmittelbare Anschauen Gottes, von dem die Mystik so oft geträumt hat. -

Künstlerische A. ist die Art und Weise, wie der praktische Künstler oder auch der an Kunstwerken gebildete Geist des Kunstfreundes die Dinge nach dem Maßstab und den Gesetzen betrachtet, welche sich aus der ästhetischen und historischen Wesenheit der Kunst als durchgehende Norm ergeben.

Anschauungsunterricht, ein Zweig des Elementarschulunterrichts, der in einer Reihe von Übungen besteht, welche darauf berechnet sind, das Anschauungs- und Sprachvermögen der Kinder auszubilden. Wenn das fünf- oder sechsjährige Kind die Schule betritt, ist es in der Regel für den eigentlichen Unterricht noch nicht reif, da es ihm an einem hinreichenden Vorrat deutlicher Anschauungen, an der Fähigkeit, aufzumerken und, was es wahrnimmt, klar auszusprechen, gebricht. Es muß daher erst "bemerken und reden" lernen. Diesen Zweck verfolgen die Anschauungsübungen. Sie beginnen von äußern Anschauungen, um dadurch innere (s. unten) zu veranlassen: sie wollen die Sinne des Kindes für äußere Eindrücke öffnen, damit die Dinge der Außenwelt sich in klaren