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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Areus; Arezzo

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Areus - Arezzo.

in der Person des berüchtigten Niccolò Franco (s. d.), seines Geistesverwandten, der ihm aber an Wissen weit überlegen war, einen Hilfsarbeiter zu sich, der ihn mit seinem Rat und seiner Feder unterstützte. Inzwischen hatten seine bessern Schriften ihm eine große Anzahl von Bewunderern erworben, man nannte ihn "den Göttlichen" (il Divino), und nicht nur aus allen Teilen Italiens, sondern selbst aus dem Ausland empfing er Besuche. Stets darauf bedacht, sich auf gutem Fuß mit dem römischen Stuhl zu erhalten, verfaßte er abwechselnd mit den obscönsten Schriften auch Erbauungsbücher, wie: "L'umanità di Cristo", "La vita di Maria Vergine", eine Übersetzung einiger Psalmen u. a. Als Julius III. den päpstlichen Stuhl bestieg, gratulierte ihm A. in einem Sonett, wofür er mit 1000 Goldkronen und dem Orden des heil. Petrus belohnt wurde. Als ihn drei Jahre später der Herzog von Urbino dem Papst selbst vorstellte, nahm ihn dieser sehr ehrenvoll auf, schlug ihm jedoch den Wunsch, Kardinal zu werden, lachend ab. Sehr verstimmt kehrte A. nach Venedig zurück, um es nicht wieder zu verlassen. Er starb daselbst 1557, indem er vor Lachen über ein leichtsinniges Abenteuer einer seiner ebenso zügellosen Schwestern vom Stuhl fiel und den Hals brach. A. war unstreitig ein Mann von bedeutendem Talent, den nur seine Unwissenheit und Sittenlosigkeit hinderten, sich einen ehrenvollen Platz in der Litteratur seines Vaterlands zu erwerben, während sein Name jetzt nur mit Verachtung genannt wird. Von seinen zahlreichen Werken sind seine fünf Komödien in Prosa: "Il Marescalco", "La Cortigiana", "L'Ipocrito", "La Talanta", "Il Filosofo" (Vened. 1553-1560 u. öfter), welche durch Witz, Originalität und dramatische Lebendigkeit zu den besten der italienischen Litteratur gehören, sowie die Tragödie "Orazia" in Versen (das. 1546-49) die einzigen, welche ihm Ehre machen. Die meisten übrigen sind von der krassesten Obscönität. Am bekanntesten darunter sind die berüchtigten, dem König Franz I. gewidmeten "Ragionamenti" (1535-38, 3 Tle., u. öfter; ins Französische übersetzt unter dem Titel: "Les dialogues du divin P. A.", Par. 1879), ein drastisches Gemälde der sittlichen Verderbnis in den höhern Ständen Italiens und deshalb von unzweifelhaftem sitten- und kulturgeschichtlichen Wert. Wichtig für die Zeitgeschichte sind auch seine "Lettere familiari" (Vened. 1538-57; Par. 1609, 6 Bde.). Sein Leben hat Mazzuchelli beschrieben (Pad. 1741). Vgl. Franc. de Sanctis, Pietro A. (in der "Nuova antologia", 1870); Chasles, L'Arétin, sa vie et ses écrits (Par. 1873); Sinigaglia, Saggio di uno studio su P. A. (Neapel 1882); Samosch, Pietro A. (Berl. 1881).

2) Leonardo, Gelehrter, s. Bruni.

Areus, König von Sparta, Eurysthenide, Sohn des Akrotatos, Nachfolger seines Großvaters Kleomenes II., regierte 310-266 v. Chr., erlitt 280 gegen die Ätolier eine große Niederlage, rettete aber, von einem Zug nach Kreta heimkehrend, 272 Sparta von der drohenden Eroberung durch Pyrrhos und leistete hierauf auch den Argeiern Beistand. Er fiel, gegen Makedonien kämpfend, 266 in der Schlacht bei Korinth. Im 1. Buch der Makkabäer (12, 20-23) wird ein Brief des A. an den jüdischen Hohenpriester Onias mitgeteilt, dessen Echtheit jedoch mehr als zweifelhaft ist.

Arezzo, ital. Provinz, welche den südöstlichen Teil der Landschaft Toscana umfaßt, grenzt im NW. an die Provinz Florenz, im N. an Forli, im NO. an Pesaro-Urbino, im SO. an Perugia und im SW. an Siena und hat einen Flächenraum von 3309 qkm (nach Strelbitskys Berechnung 3297 qkm = 59,8 QM.). Sie wird von den Gebirgsmassivs des Etruskischen Apennin durchzogen, insbesondere vom Hauptzug, beginnend mit dem Monte Falterona (1648 m) und endigend mit der Alpe della Luna (1350 m), dann vom Gebirgsrücken des Prato Magno (1580 m). Dazwischen liegen schöne Thäler und Hügelland. Als Hauptflüsse sind der Arno, der das fruchtbare Val Casentino bewässert, und der Tiber, sodann die kanalisierte Chiana zu nennen. Die Bevölkerung beläuft sich auf (1881) 238,744 Seelen. Das Land ist, namentlich in den Thälern, fruchtbar und wohlbestellt und erzeugt Getreide, Wein und Hülsenfrüchte über den Bedarf; auch Obst, Oliven und Maulbeeren werden viel gebaut und in den gebirgigen Gegenden besonders Kastanien. Ein Viertel des Bodens ist Waldland. Sehr bedeutend ist die Schweinezucht, welche vortreffliches Fleisch liefert. Die Industrie zeichnet sich in der Fabrikation von Schafwollwaren, Hüten und Leder aus. Unter den zahlreichen Mineralquellen sind die von Chitigesano (im Val Casentino) und Montioni (im Val di Chiana) hervorzuheben. Die Hauptverkehrslinie ist die Eisenbahn von Florenz über Arezzo nach Rom. Die Provinz bildet einen einzigen Kreis.

Die gleichnamige Hauptstadt liegt 270 m hoch in einem fruchtbaren Thal, an der Westseite eines sanften Hügels und am Flüßchen Castro, das 2 km unterhalb in die Chiana mündet, hat luftige und wohlgepflasterte Straßen und ist reich an bedeutenden Bauwerken des 13. und 14. Jahrh. und der Renaissance. Am bemerkenswertesten sind: der gotische Dom (1277 begonnen) mit schönen Skulpturen auf dem Hochaltar (von G. Pisano) und den herrlichen Grabmälern Gregors X. und des kriegerischen Bischofs Tarlati (gest. 1327), die Kirche Santa Maria delle Pieve (die älteste der 15 Pfarrkirchen) mit eingebauten Resten eines antiken Tempels und berühmtem Altarbild (von P. Lorenzetti), die Kirchen San Francesco, San Domenico (mit ausgezeichneten Fresken) und Sant' Annunziata, die Badia (mit Gemäldesammlung), ferner die schönen Kaufmannsloggien an der Piazza Grande (von Vasari erbaut) und das Stiftshaus der Fraternità della Misericordia (aus dem 14. Jahrh.) mit sehenswertem Museum. Statuen Ferdinands I., Ferdinands III. und des Hydraulikers Fossombroni schmücken die Plätze. Die Stadt zählt (1881) 11,816, als Gemeinde 38,950 Einw., die sich mit Seidenzucht, Tuchmanufaktur, Gerberei, Verfertigung von Kämmen, Eisen- und Töpferwaren beschäftigen. A. ist der Sitz eines Bischofs und eines Präfekten und hat ein Gymnasium, ein Lyceum, eine Akademie der Wissenschaften und Künste, eine technische Schule und eine ansehnliche Bibliothek. - A. hieß ehemals Arretium und war nächst Perusia die vornehmste der etrurischen Zwölfstädte, berühmt durch die hier gefertigten Waffen, Thongefäße (vasa aretina) und Baubacksteine. Die Stadt schloß bereits 308 v. Chr., während des Etruskischen Kriegs, ein Bündnis mit den Römern. Im zweiten Punischen Krieg verhinderte Rom den beabsichtigten Abfall der Aretiner durch einen Überfall. Neben der hoch gelegenen Altstadt (A. vetus) entstand unter Augustus in der Ebene eine Militärkolonie, aus welcher das moderne A. sich entwickelt hat. Im Mittelalter wurde A. Republik und stand im Kampf der Guelfen und Ghibellinen meist auf seiten der letztern und den Florentinern feindlich gegenüber, von denen die Aretiner in der Schlacht bei Camal-^[folgende Seite]