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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Begräbnisplatz

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Begräbnisplatz.

besonders in den sächsischen Linien und zwar bis in die neueste Zeit üblich. Als sogen. Sterbethaler Friedrichs d. Gr. gelten Thaler vom Jahr 1786, die sich nur dadurch auszeichnen, daß das A zwischen der Jahreszahl durch zwei Punkte eingeschlossen ist (17. A. 86). Diese Punkte, angeblich zur Bezeichnung des Todestags dienend (17. August 1786), soll der Münzmeister in dem Augenblick hinzugefügt haben, als er den Tod des Königs erfuhr; doch bezeichnen sie in Wirklichkeit die zweite Münzstätte in Berlin.

Begräbnisplatz (Totenacker, Friedhof, Gottesacker, Kirchhof, Campo santo), der Ort, wo die Verstorbenen beerdigt werden. In den ältesten Zeiten bestattete jeder seine Toten an dem Ort, wo er sich eben befand, am liebsten in Felsenhöhlen und an Straßen, wo man einen Hügel über dem Grab aufwarf, worin die Gebeine und Asche beigesetzt waren. In den Wüsten des Morgenlandes pflegten die, welche durch die Wüste zogen, an dem Ort, wo ein Toter lag, einen Stein auf den Erdhügel zu legen, so daß diese Grabhügel mit der Zeit zu bedeutender Höhe anwuchsen. Später, als man feste Wohnplätze gewann, entstanden Familienbegräbnisplätze, und bei verschiedenen Naturvölkern ist es sogar üblich, dem Toten die Wohnung ganz zu überlassen. Öffentliche Begräbnisplätze finden sich zwar schon bei Naturvölkern auf gewissen heiligen Bezirken, wie z. B. bei Stonehenge, auf dazu erlesenen Inseln und Feldern (Urnenfriedhöfe der Germanen und Slawen, s. Gräber); allgemeiner wurden sie aber erst, als die Menschen sich in Städten und Dörfern vereinigten, wo es an Raum zu Familienbegräbnissen mangelte und polizeiliche Rücksichten desfallsige Anordnungen im großen erheischten. Daher finden wir bei den Ägyptern und andern alten Völkern die in Felsen gehauenen weitläufigen Totenstädte (Nekropolen). Die Hebräer benutzten Höhlen, schattige Grotten, Gärten und Bergabhänge zu Begräbnisplätzen, verschlossen die Gräber mit großen Steinen und pflegten sie zu übertünchen, um die Vorübergehenden vor verunreinigender Berührung zu warnen. Wie wir aus Überbleibseln in Palästina und Syrien sehen, sind diese Begräbnisplätze mit Treppen versehen oder horizontal in der Erde angelegt und enthalten mehrere Abteilungen von 2-2,5 m Länge, meist untereinander, in welche die Leichen geschoben wurden. Die Könige besaßen erbliche und mit vielem Aufwand erbaute Gräber, wie z. B. die Gräber der Könige nördlich von Jerusalem besondere Vorhöfe hatten. Auf den Gräbern errichtete man Grabmäler, in frühern Zeiten aus rohen Steinen, später in Form prachtvoller Mausoleen mit allerlei Sinnbildern. Die Griechen, Römer, Gallier, Germanen besaßen anfänglich, wie die Hebräer, meist Familiengrüfte. In Sparta wurden die Toten innerhalb der Stadt begraben; in Athen hatte man womöglich Privatgräber, doch gab es auch einen öffentlichen B. in der Nähe der Stadt. Die Römer hatten ihre Begräbnisse auf ihren Landgütern, besonders neben den Straßen; ein gemeinsamer öffentlicher B. war in Rom nur für die Armen, Sklaven u. dgl. vorhanden, er lag auf dem Esquilinus; doch gab es auch gemeinsame Kolumbarien (s. d.), in denen die Asche von Beamten und weniger reichen Personen beigesetzt wurde. Die Christen hatten während der Verfolgungen keine besondern Begräbnisplätze, sondern bestatteten ihre Toten in freiem Feld. Später wurden die Begräbnisplätze vielfach in die Katakomben verlegt, wo in unterirdischen Kapellen die Versammlungen der Gemeinde stattfanden, und blieben auch für später in der Nähe der Kirchen, weil man glaubte, daß diese heiligen Stätten, die gewöhnlich durch in denselben beigesetzte Märtyrergebeine und Reliquien geweiht waren, die beste Ruhestätte gewährten. Auf diese Weise entstanden die Kirchhöfe, welche im ganzen Mittelalter die gemeinschaftlichen Begräbnisplätze bildeten; ja, Vornehme erhielten ihre Gräber sogar inmitten der Kirchen. Vergebens verlangten mehrere Kirchenversammlungen Verbote gegen diese Unsitte; erst in späterer Zeit hat man angefangen, in größern Städten die Begräbnisplätze außerhalb der Mauern zu verlegen, und dringt darauf, daß auch in kleinern Orten und Dörfern diese Maßregel ausgeführt werde. In der katholischen Kirche muß bei Anlegung eines neuen Begräbnisplatzes die Erde zuvor von dem Bischof feierlich geweiht werden, und in streng römischen Ländern ist die heilige Stätte Akatholiken verschlossen. Häufig befindet sich auf dem B. eine besondere Totenkapelle. In der Schweiz und andern Ländern mit beschränktem Platz trifft man außerdem Beinhäuser für die ausgegrabenen Gebeine. In der protestantischen Kirche findet eine Weihe der Begräbnisplätze nur nach völliger Vollendung derselben, gewöhnlich bei der ersten Leiche, statt. Doch wurde auch hier noch bis vor kurzem Selbstmördern und Andersgläubigen die Aufnahme versagt, weshalb man in größern Städten die Frage der konfessionslosen Gemeindefriedhöfe infolge der Unduldsamkeit mancher Geistlichen anregen mußte. Die Totenäcker der griechischen Kirche, besonders in Rußland, liegen außerhalb der Orte, soviel wie möglich auf Anhöhen, und werden durch hohe Fichten eingefriedigt. Die heutigen Juden suchen, wo es angeht, ihre Begräbnisplätze in der Nähe der Synagogen anzulegen. Die aufrecht stehenden Leichensteine derselben gleichen den Grenzsteinen und tragen den Namen des Verstorbenen und alttestamentliche Stellen. Bei den Mohammedanern befinden sich die Begräbnisplätze immer an den Straßen, damit die Vorübergehenden für die Toten beten können; es sind übrigens große Gärten, mit Gebüsch, Cypressen und Pappeln bepflanzt und mit Kiosken und Gängen versehen, so daß sie vielfach zu Vergnügungsorten dienen. Auf den Monumenten ist der Turban des Verstorbenen und bei einem gewaltsamen Tode durch die Schnur, Enthauptung, Spießen etc. die Todesart selbst abgebildet. Die Chinesen, welche den meisten Wert darauf legen, in heimatlicher Erde zu ruhen, legen ihre Begräbnisplätze auf Anhöhen an und umgeben sie mit Fichten, Cypressen oder Mauern, während die Gräber selbst kleinen Häusern gleichen; nur bei den Ärmern bestehen sie aus Erdpyramiden.

Unter den ältern christlichen Kirchhöfen verdient das mit herrlichen Kunstwerken geschmückte Campo santo in Pisa, dessen Erde auf Schiffen aus Palästina herbeigeschafft wurde, besondere Erwähnung; berüchtigt ist der Armenkirchhof von Neapel mit 365 Gewölben, die an den aufeinander folgenden Tagen des Jahrs zur Bestattung dienen, vielbesucht ferner der Judenfriedhof in Prag, der Johannisfriedhof zu Nürnberg und der Père Lachaise in Paris, der einem herrlichen Park mit kostbaren Monumenten berühmter Personen ähnlich ist. In der letzten Zeit ist in fast allen deutschen Städten von einiger Bedeutung, namentlich in den Residenzstädten, Wesentliches zur Verbesserung und würdigen Ausschmückung der Kirchhöfe geschehen. Man hat nicht nur aus Sanitätsrücksichten die Notwendigkeit der Verlegung der Begräbnisplätze außerhalb der Städte