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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Beneficium juris - Benevent.

tet, als die Erbschaftsmasse zureicht. Der Erbe heißt in diesem Fall "Benefizialerbe". Die Wirkungen der Inventarserrichtung sind: 1) Die Vermächtnisnehmer und sonstigen Erbschaftsgläubiger dürfen während der gesetzlichen Frist der Inventarserrichtung den Erben nicht in Anspruch nehmen, wogegen ihnen auch währenddessen keine Verjährung läuft. 2) Der Erbe haftet für Erbschaftsschulden nie mit eignem Vermögen, sondern nur, soweit nach dem Verzeichnis der Nachlaß hinreicht. 3) Forderungen, die der Erbe gegen den Erblasser hatte, bleiben, während sie an sich mit dem Erbschaftserwerb durch Konfusion erlöschen würden, wirksam bestehen, so daß also der Erbe gleichsam selbst Erbschaftsgläubiger wird. 4) Der Erbe befriedigt die Erbschaftsgläubiger ohne Rücksicht auf etwanige Pfandrechte und Vorzugsrechte nach der Reihenfolge, wie sie sich melden. Denjenigen, die sonst gesetzlich einen Vorzug haben würden, wie Gläubigern vor Vermächtnisnehmern, bessern Gläubigern vor nachstehenden, bleibt daher nichts übrig, als ihren Regreß an die befriedigten Interessenten zu nehmen. Wenn Interessenten Zweifel in die Richtigkeit und Vollständigkeit des von dem Erben aufgenommenen Inventars setzen, so können sie von ihm die Ableistung des Offenbarungseides fordern. Heutzutage wird die Rechtswohlthat des Inventars dadurch geltend gemacht, daß der Erbe bei dem zuständigen Gericht erklärt, er trete die Erbschaft mit der Rechtswohlthat des Inventars an, worauf sodann der Richter die Errichtung des Inventars sowie die Befriedigung der Gläubiger und die Auseinandersetzung der Verlassenschaft überhaupt von Amts wegen besorgt. Vgl. Preußisches Landrecht, I, 9, § 413 ff., I, 16, § 486 ff.; Code civil, Art. 793 ff.; Österreichisches bürgerliches Gesetzbuch, § 800 ff.

Beneficium juris (lat.), die von einem Gesetz, welches eine allgemeine Regel aufstellt, zu gunsten gewisser Klassen von Personen, Sachen oder Rechtsverhältnissen gestatteten oder verfügten Ausnahmsrechte oder Ausnahmeregeln. Nicht zu verwechseln ist damit das Privilegium, d. h. ein Ausnahmegesetz, welches einen einzelnen Rechtsfall betrifft und normiert.

Benefit building societies (engl., bennefit bilding ssosseitis), englische, auf Selbsthilfe beruhende Baugenossenschaften; s. Genossenschaften und Baugesellschaften.

Benefiz (lat.), s. v. w. Beneficium (s. d.). Benefizvorstellung, eine theatralische Vorstellung, deren Ertrag nicht der Direktion, sondern entweder einem wohlthätigen Zweck oder einem Bühnenmitglied (Benefiziant) ganz oder teilweise zu gute kommt.

Benefizenz (lat.), Wohlthätigkeit.

Benefiziat (lat.), ein Benefizempfänger, Pfründner, Stipendiat (s. Beneficium).

Benefizieren (lat.), Wohlthaten erweisen.

Beneke, Friedrich Eduard, Philosoph, geb. 17. Febr. 1798 zu Berlin, machte den Feldzug von 1815 als freiwilliger Jäger mit und lag seit 1816 in Halle und Berlin philosophischen Studien ob, deren Richtung die beiden Schriften: "Erfahrungsseelenlehre als Grundlage alles Wissens" (Berl. 1820) und "Erkenntnislehre nach dem Bewußtsein der reinen Vernunft" (Jena 1820) bezeichneten. Kurz darauf habilitierte er sich in Berlin als Privatdozent; da er aber 1822 in Berlin eine "Grundlegung zur Physik der Sitten" hatte erscheinen lassen, in welcher man Materialismus witterte, wurde ihm die Fortsetzung seiner Vorlesungen untersagt. Um Mißdeutungen vorzubeugen, gab er die "Schutzschrift für meine Grundlegung zur Physik der Sitten" (Leipz. 1823) heraus und siedelte 1824 nach Göttingen über, wo er als Privatdozent lehrte. Litterarische Früchte seines dortigen Aufenthalts sind: "Beiträge zu einer rein seelenwissenschaftlichen Bearbeitung der Seelenkrankheitskunde" (Leipz. 1824); "Psychologische Skizzen" (Bd. 1: "Zur Naturlehre der Gefühle", Götting. 1825; Bd. 2: "Über das Vermögen der menschlichen Seele", das. 1827); "Das Verhältnis von Seele und Leib" (das. 1826). Im J. 1827 kam er als akademischer Lehrer wieder nach Berlin, und nach Hegels Tod erhielt er im Frühjahr 1832 eine außerordentliche Professur der Philosophie. Seit 1. März 1854 vermißt, ward er 3. Juni 1856 als Leiche in dem Schiffskanal bei Charlottenburg gefunden. Seine übrigen Schriften sind: "Lehrbuch der Psychologie als Naturwissenschaft" (Berl. 1833; 4. Aufl. von Dreßler, 1877); "Die Philosophie in ihrem Verhältnis zur Erfahrung, zur Spekulation und zum Leben" (das. 1833); "Erziehungs- und Unterrichtslehre" (das. 1835 bis 1836, 2 Bde.; 4. Aufl. von Dreßler, das. 1876); "System der Metaphysik und Religionsphilosophie" (das. 1840); "Grundlinien der Sittenlehre" (das. 1837-41, 2 Bde.); "Grundlinien des Naturrechts, der Politik und des philosophischen Kriminalrechts" (das. 1838, Bd. 1; mit dem vorigen zusammen auch u. d. T.: "Grundlinien des natürlichen Systems der praktischen Philosophie"); "System der Logik als Kunstlehre des Denkens" (das. 1842, 2 Bde.); "Pragmatische Philosophie oder Seelenlehre in der Anwendung auf das Leben" (das. 1850, 2 Bde.); "Lehrbuch der pragmatischen Philosophie" (das. 1853). Zur weitern Ausführung des in letzterer Schrift Behandelten gab er seit 1851 die Zeitschrift "Archiv für die pragmatische Psychologie etc." (1851-53) heraus. Diejenige Seite der philosophischen Thätigkeit Benekes, auf die er selbst den größten Wert legt, und die in gewissem Sinn die Grundlage seines Systems bildet, ist die Psychologie. Er verwirft nicht, wie Herbart, die Seelenvermögen, will sie aber, als reiner Empirist jeder metaphysischen Begründung der Psychologie abhold, bloß aus der Erfahrung geschöpft wissen. Vielfach sind die vorgetragenen Sätze rein Herbartisch, und es ist nur statt der Herbartischen eine neue Terminologie eingeführt. Benekes pädagogisches System enthält viel Treffendes und hat neben demjenigen Herbarts den meisten Beifall gefunden. Vgl. Raue, Die neue Seelenlehre Benekes (5. Aufl., bearbeitet von Dreßler, Leipz. 1876).

Bene placito (ital., spr. plahtsch-), Wohlgefallen, Belieben; a b. p., in der Musik: nach Belieben.

Beneschau, Stadt in Böhmen, südöstlich von Prag, an der Franz-Josephbahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine gotische Dechanteikirche, Piaristenkollegium, Kommunalgymnasium, gewerbliche Fortbildungsschule, eine Kunstmühle, Malzfabrik, Spirituserzeugung und (1880) 4413 Einw. In der Nähe die fürstl. Lobkowitzsche Herrschaft Konopischt mit Schloß, Tiergarten, Zuckerfabrik, Bierbrauerei und Spiritusfabrik.

Bene Vagienna (spr. wadschenna), Stadt in der oberital. Provinz Cuneo, Kreis Mondovi, zwischen dem Tanaro und der Stura gelegen, hat Reste einer römischen Wasserleitung (vom alten Augusta Vagiennorum) und (1881) 1941 Einw., welche Obstbau treiben.

Bene Vale, bene Valete! (lat.), lebe, lebt wohl!

Benevent (Benevento), eine Provinz Italiens, zu Kampanien gehörig, ist aus der frühern päpstlichen Delegation B. und mehreren Bezirken der benachbarten Provinzen gebildet, grenzt im N. an die Provinz Campobasso, im W. an Caserta, im S. an Avellino und im O. an Foggia und umfaßt, in drei Kreise (B.,