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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Besteder - Bestrichener Raum.

bedarf. - Im Wasserbau ist B. (Bestick) die Bestimmung des durch die obere Breite (Kronenbreite), durch die Höhe und durch die Neigung der Böschungen (Dotierung) gegebenen Profils eines Dammes. - Im Seewesen ist B. des Schiffs die Bestimmung der geographischen Länge und Breite seines Ortes, welche wichtige Arbeit in regelmäßigen Zeitabschnitten wiederholt wird. Besteckrechnung (Besteckaufnahme) ist die aus terrestrische oder astronomische Beobachtungen gegründete Berechnung des Schiffsortes. Stützt sich die Besteckberechnung auf letztere, so spricht man von einem observierten B.; basiert sie dagegen auf Beobachtung des gesteuerten Kurses, also des Kompasses der geloggten Fahrt (d. h. der mit dem Log ermittelten Fahrgeschwindigkeit), so hat man es mit dem gegißten B. zu thun. In beiden Fällen wird der gefundene Ort auf der Seekarte verzeichnet.

Besteder, der Bauherr, welcher ein Schiff erbauen läßt. Je nachdem von dem B. dem Baumeister (Annehmer) das Material zum Schiffbau geliefert wird oder nicht, liegt ein Dienstmietvertrag oder ein Kaufvertrag vor, und die Rechtsgrundsätze, welche bei diesen Verträgen jeweilig gelten, sind auch für die Rechtsverhältnisse zwischen B. und Annehmer maßgebend.

Besteg, in der Geologie die dünne Zwischenlage verschiedenartigen Materials, welche Gesteinsschichten voneinander oder einen Gang von dem Gestein, in welchem er aussetzt, trennt.

Bestellung, s. Bodenbearbeitung.

Bestellungsbrief (Konsularprovision, Lettre de provision), die Urkunde, durch welche eine Staatsregierung einen Konsul zur Wahrung der Interessen ihrer Angehörigen in fremdem Land beauftragt. Zu dem B. muß das Exequatur (s. d.) der fremden Regierung hinzukommen.

Bester Bube, Kartenspiel, wird unter 3-6 Personen mit einer Pikettkarte gespielt.

Besteuerung, s. Steuern.

Beste Welt, s. Optimismus.

Besthaupt (Bestfall), s. v. w. Baulebung.

Bestiaire (franz., spr. bestjähr, "Tierbuch"), in der franz. Litteratur des Mittelalters Name von Schriften, worin vierfüßige Tiere (wirkliche und fabelhafte) nach Wesen und Körperbau beschrieben werden. Sie sind teils in Versen, teils in Prosa abgefaßt, vielfach auch illustriert und beruhen auf einem wahrscheinlich griechischen Original, betitelt: "Physiologus". Den Inhalt bilden übrigens mehr Sittenlehren und Allegorien als wissenschaftliche Beobachtungen. Das älteste bekannte Werk der Art ist das Gedicht "B." des Nordfranzosen Philippe de Thann (um 1120). Andre aus dem 12. und 13. Jahrh. sind die neuerlich von Hippeau herausgegebenen: "B. divin" des normännischen Klerikers Guillaume (Caen 1852) und "Le b. d'amour" von Richard de Fournival (Par. 1860). Vgl. Physiologus.

Bestiarii (lat.), bei den alten Römern, namentlich in der Kaiserzeit, Menschen, welche verurteilt waren, im Amphitheater mit wilden Tieren zu kämpfen oder, an einen Pfahl gebunden, der Wut derselben preisgegeben zu werden. Dergleichen Hinrichtungen wurden oft zur theatralischen Darstellung mythologischer Begebenheiten, die mit dem Tode der Helden endeten, benutzt.

Bestie (lat. Bestia), wildes Tier; auch Bezeichnung eines tierisch-rohen Menschen; bestialisch, tierisch, roh; bestialisieren, zur B. machen, vertieren; Bestialität, rohes, viehisches Betragen.

Bestimmtheit (Determinatio), im logischen Sinn diejenige Eigenschaft eines Begriffs, vermöge deren er von allen andern Begriffen, sowohl seinem Inhalt als seinem Umfang nach, genau abgegrenzt wird. Jenes geschieht durch die Angabe seiner Merkmale (Definition, s. d.), dieses durch jene seiner Unterbegriffe (Einteilung, s. d.). Bleibt die eine oder die andre unvollständig, so ist der Begriff unbestimmt, und es können Verwechselungen eintreten. Wird z. B. bei dem Begriff des Quadrats das Merkmal der Gleichheit aller Seiten hinweggelassen, so kann es auch ein Parallelogramm sein. Ließe man bei der Aufzählung der Vogelarten die auf dem Wasser lebenden aus, so bliebe es ungewiß, ob der Schwan, die Gans etc. mit unter die Vögel gerechnet werden dürften. Alle Bedingungen, von welchen die Vollständigkeit der Definition oder Einteilung abhängt, haben Einfluß auf die B.; dieselbe hängt daher unmittelbar mit der Deutlichkeit (s. d.) zusammen. Im psychologischen Sinn bedeutet B. die Abhängigkeit des Willens von Motiven, so daß einerseits schlechterdings ohne Beweggründe nichts, anderseits jedesmal dasjenige gewollt wird, wofür die stärksten Antriebe sprechen. B. in diesem Sinn heißt Determinismus (s. d.) und ist dem Indeterminismus (s. d.) oder der transcendentalen Freiheit, d. h. der schlechthinnigen Unabhängigkeit des Willens von Beweggründen jeder Art, entgegengesetzt. Im moralischen Sinn drückt B. dauerhafte Abhängigkeit des Wollens von denselben Motiven, also zugleich Festigkeit gewisser Grundsätze und des von denselben beherrschten Wollens und Handelns aus und ist als Merkmal eines entschlossenen und determinierten Charakters der Schwäche und Charakterlosigkeit entgegengesetzt.

Bestockung (Bestaudung), die Bildung von Seitentrieben an den untersten, über der Bodenoberfläche erscheinenden Stengelgliedern krautartiger Gewächse, welche in einem gewissen Alter normal oder infolge kräftiger Ernährung eintritt. Insbesondere redet man von B. bei den Getreidepflanzen, wo sie schon bald nach der Keimung beginnt und von besonderer Bedeutung ist, weil aus jedem dieser Triebe ein ährentragender Halm sich entwickeln kann, also die Fruchtbarkeit der Pflanze mit der Reichlichkeit der B. zusammenhängt. Je besser ein Feld bearbeitet und gedüngt wurde, und je günstiger die Witterung nach dem Ausgang der Saaten ist, um so besser die B.; dem entsprechend ist auch bei diesen günstigern Vorbedingungen das Saatquantum zu verringern. Ob starke B. bei dünner Saat höhern Ertrag bringt als starke Saat und geringe B., ist zwar von der Praxis angenommen, durch exakte Versuche aber noch nicht bestätigt.

Bestreichen, eine Terrainstrecke unter Geschütz- oder Gewehrfeuer halten. Da das Feuer aus Gewehren und Geschützen in der Regel senkrecht zur Feuerlinie abgegeben wird (Frontalfeuer), so entsteht vor jedem "ausspringenden Winkel" (s. d.) ein unbestrichener Raum, welcher jenen auf 180° ergänzt. Der Raum unter der verlängert gedachten Brustwehrkrone vor der Eskarpe eines Festungswerks oder im Vorterrain, welcher von diesem aus nicht bestrichen wird, heißt toter Winkel. Die Bestreichung desselben geschieht von senkrecht zu jenem Festungswerk liegenden Linien, den Flanken, der Länge nach, daher flankierend, durch Flankenfeuer, während das von der flankierten Linie abgegebene Feuer Frontalfeuer genannt wird. Vgl. Festung.

Bestrichener Raum liegt in den Teilen der Flugbahn, in welchen das Geschoß sich nicht über die Zielhöhe, allgemein 1,9 m über dem Erdboden, erhebt. Je flacher ("rasanter") die Flugbahn, desto größer der bestrichene Raum und desto größer die Treffwahr-^[folgende Seite]