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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bogen

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Bogen (Baukunst).

(s. Tafel "Kölner Dom II", Fig. 4 u. 8), einseitig ansteigen und höhern Pfeilern zur Stütze dienen, und Erd- oder Grundbogen, wenn sie einzelne Gebäudepfeiler zu verbinden und dadurch deren Belastung auf eine größere Fläche des Baugrundes zu verteilen haben. Man unterscheidet als Hauptbogenformen zunächst Rundbogen und Spitzbogen. Die Rundbogen werden entweder so konstruiert, daß die Bogenlinie von einem und demselben Mittelpunkt aus, oder so, daß sie in ihren einzelnen Stücken von mehreren (3-11) Mittelpunkten aus beschrieben wird. Im ersten Fall entsteht entweder ein Zirkelbogen (voller, römischer B., Fig. 1), wenn ein voller Halbkreis, oder ein Stichbogen (Fig. 2 u. 3), wenn ein kleinerer B. gewählt wird, wobei man wieder den flachen (Fig. 2) und hohen Stichbogen (Fig. 3) unterscheidet; im zweiten Fall ein Korbbogen (Fig. 6), welcher aus drei oder mehreren Teilen eines Kreisbogens mit ab- oder zunehmenden Durchmessern gebildet und, wie in Fig. 6, 7 und 8, verschieden konstruiert wird; den letztern verwandt ist der elliptische B. Ein Spitzbogen (Fig. 4 u. 5) entsteht, wenn ein gebrochener B. gewählt wird, wobei man den flachen (Fig. 4), worin e h kleiner als e f, höchstens e g - e f, und erhöhten Spitzbogen (Fig. 5) unterscheidet. Nähert sich die Bogenlinie so sehr der Geraden, daß auf die Bogenformen nur aus der Richtung der Steinfugen zu schließen ist, so heißt der B. scheitrecht (Fig. 15).

Nach der Verschiedenheit der Wölbungslinie werden unterschieden: der unterhöhte (flache, gedrückte) B., dessen Höhe, d. h. der Abstand des Scheitels von der Grundlinie, weniger als die Hälfte der Weite, und der überhöhte (gestelzte, gebürstete) B., dessen Höhe mehr als die Hälfte der Weite beträgt. Andre B. sind der Kettenbogen, welcher nach der Linie einer an beiden Enden aufgehängten Kette gebildet ist, der gedrückte Spitzbogen (Tudorbogen, Fig. 9), der einhüftige B. (Fig. 10 u. 11), der maurische Hufeisen- und Kielbogen (Fig. 12 u. 18), von denen jener ein über die Halbkreislinie fortgeführter nach unten sich wieder verengernder Rundbogen, dieser eine Art Spitzbogen mit in doppelter Krümmung ausgeschweiften Schenkeln, und der Hufeisenspitzbogen (Fig. 14), welcher ein sich nach unten verengernder Spitzbogen ist. Letztere beiden Bogenformen haben weniger konstruktive als ornamentale Bedeutung. An Treppenbauten kommt der aufsteigende B. (Fig. 10 u. 11) in Anwendung; beim abschüssigen B. sind die Widerlager von ungleicher Höhe; beim verschobenen B. endlich bildet die innere Fläche mit der äußern einen schiefen Winkel. Bei Brückengewölben mit gerade abgeglichener, entweder von beiden Seiten nach der Mitte steigender oder wagerechter Brückenbahn entsteht als Gleichgewichtskurve der Klinoidenbogen, der am Scheitel flach abgerundet ist, und dessen Schenkel nach dem Bogenfuß hin eine fast gerade Form und eine stets mehr oder minder geneigte, aber nie lotrechte Lage annehmen. Der Spitzbogen entsteht, indem man aus den Endpunkten e und f (Fig. 4) der Widerlager mit einem Radius, welcher größer ist als die halbe Entfernung zwischen beiden genannten Punkten, Kreise beschreibt, welche einander schneiden müssen, ehe jeder die Größe eines Viertelkreises erreicht hat. Der Spitzbogen besteht demnach aus zwei Kreissegmenten von beliebig großen Radien und kann zu beliebiger Steilheit emporgeführt werden. Der Spitzbogen hat in formeller Beziehung vor dem Rundbogen den Vorzug,