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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brandenburg

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Brandenburg (Bistum, Stadt).

cero (1486-99), ein kluger, sparsamer Fürst, die Mark allein bekam. Sein Sohn Joachim I. (1499-1535), ein starrer Gegner der Reformation, regierte in kraftvoller Weise und wußte namentlich den raubritterlichen Adel niederzuhalten. Joachim I. gründete 1506 die Universität Frankfurt a. O. und 1516 das Kammergericht zu Berlin als obersten Gerichtshof. Seine Söhne, der Kurfürst Joachim II. und Johann von Küstrin, welcher die Neumark für sich bekam (beide bis 1571), traten 1539 zur lutherischen Kirche über. Doch befolgte Joachim eine vorsichtige Politik im Schmalkaldischen Krieg, wie denn B. überhaupt in der Zeit der Reformation eine untergeordnete Rolle spielte. Erst nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555) zeigte er sich als Beförderer der Reformation, zu deren Aufrechterhaltung er das Konsistorium zu Berlin errichtete. Seine Prachtliebe stürzte ihn freilich in große Schulden. Folgenreich war es auch, daß er (1537) mit den Herzögen von Liegnitz, Brieg und Wohlau eine Erbverbrüderung errichtete, kraft deren nach Aussterben des zu Liegnitz regierenden Hauses das Besitztum derselben an Kurbrandenburg fallen sollte, daß er für seinen Enkel Joachim Friedrich die Stifter Magdeburg und Halberstadt erwarb, und daß er (1569) von Polen die Mitbelehnung für Preußen erhielt, die später den Erwerb dieses Herzogtums für sein Haus nach sich zog. Sein Sohn Johann Georg (1571-98) vereinigte wieder das ganze brandenburgische Gebiet. Eine abermalige Zerstückelung verhinderte dessen ältester Sohn erster Ehe, Joachim Friedrich (1598-1608), indem er 1603 die Unteilbarkeit des Kurfürstentums B. behauptete und seine Stiefbrüder Christian und Joachim Ernst damit zufriedenstellte, daß er ihnen die erledigten hohenzollernschen Besitzungen in Franken überließ. Er gründete 1605 das Kollegium des Geheimen Rats als ständige oberste Verwaltungsbehörde und bereitete den Anfall des Herzogtums Preußen an B. vor.

In der That wurde Johann Siegmund (1608-1619), der mit Anna, der ältesten Tochter des Herzogs Albrecht Friedrich von Preußen, vermählt war, 1618 Herzog von Preußen. Dagegen konnte er seine Ansprüche auf die gesamte jülich-klevische Erbschaft, welche Anna von ihrer Mutter Maria Eleonore, der ältesten Schwester des 1609 kinderlos verstorbenen Herzogs Johann Wilhelm von Jülich, überkommen hatte, nicht durchsetzen (jülichscher Erbfolgestreit) und mußte sich 1614 mit Kleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein begnügen. Er bereitete durch diese Erwerbungen die Periode glänzendster Machtentfaltung für B. vor. Dieses erlebte aber unter Georg Wilhelm (1619-40) noch eine Zeit der äußersten Schwäche. Der Kurfürst vermochte weder seine rheinischen Besitzungen zu behaupten, noch seine Ansprüche auf Pommern durchzusetzen, das alten Verträgen zufolge 1637 beim Tode des kinderlosen Herzogs an B. hätte fallen müssen. Während des Dreißigjährigen Kriegs schwankte er ratlos zwischen den Parteien. Abwechselnd durchzogen schwedische und kaiserliche Truppen das Land, sogen dasselbe aus und zwangen dem Kurfürsten ihre Bundesgenossenschaft auf. Dazu hatte der haltlose Fürst in dem Grafen Adam von Schwarzenberg (s. d.) einen zwar gewandten, aber eigennützigen Minister, der das Interesse der katholischen Partei mindestens ebenso im Auge hatte wie das Brandenburgs. Trotz dieser Wirren gelang es dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1640-1688), sich in den sichern Besitz seiner Lande zu setzen, dieselben durch neue Erwerbungen zu vermehren und die Vereinigung der einzelnen Landesteile zu einem organischen Ganzen einzuleiten. Seitdem geht die Geschichte Brandenburgs auf in der des preußischen Staats (s. Preußen), dessen Kern die brandenburgischen Lande trotz der Veränderung des Namens immer gebildet haben. Durch Neuorganisation der Verwaltung 1815 ward B. eine Provinz Preußens, jedoch mit erheblich veränderten Grenzen, indem der linkselbische Teil, die Altmark, zu der neuen Provinz Sachsen geschlagen, dagegen ein Teil des 1814 abgetretenen königl. sächsischen Gebiets (Belzig, Jüterbogk u. die Niederlausitz) mit B. vereinigt wurde (vgl. oben).

Vgl. Küster, Bibliotheca historica Brandenburgensis (Bresl. 1743; Accessiones dazu, 1768, 2 Bde.); Derselbe, Collectio opusculorum historiam marchicam illustrantium (das. 1731-33, 2 Bde.); Buchholz, Geschichte der Kurmark B. (Berl. 1865-1875, 2 Bde.); v. Raumer, Über die älteste Geschichte und Verfassung der Kurmark B. (Zerbst 1830); Riedel, Die Mark B. im Jahr 1520 (Berl. 1831-32, 2 Bde.); Derselbe, Codex diplomaticus Brandenburgensis (das. 1839-65, 4 Abtlgn. in 35 Bdn. und 1 Supplementband; 2 Registerbände von Heffter, 1867-69); Spieker, Kirchen- und Reformationsgeschichte der Mark B. (das. 1839); v. Bassewitz, Die Kurmark B., ihr Zustand und ihre Verwaltung unmittelbar vor Ausbruch des französischen Kriegs 1806 (Leipz. 1847); Derselbe, Die Kurmark B. im Zusammenhang mit den Schicksalen des Gesamtstaats von 1806 bis 1808 (das. 1860); H. Berghaus, Landbuch der Mark B., vollständige historisch-geographische Beschreibung (Brandenb. 1853-56, 3 Bde.); Fontane, Wanderungen durch die Mark B. (3. Aufl., Berl. 1874-82, 4 Bde.); Scholz, Die Erwerbung der Mark B. durch Karl IV. (Bresl. 1874); F. Voigt, Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staats (3. Aufl., Berl. 1878), und die vom Verein für die Geschichte der Mark B. (1837 in Berlin gegründet) seit 1841 herausgegebenen "Märkischen Forschungen" (bis 1884: 18 Bde.).

Das Bistum B., 949 von Otto I. gegründet, stand anfangs unter dem Erzbischof von Mainz, seit 968 unter dem von Magdeburg. Nachdem es durch den Aufstand der Wenden 983 vernichtet worden, wurde es von Albrecht dem Bären wiederhergestellt. Nach dem Übertritt des Bischofs Matthias von Jagow zur lutherischen Lehre hörte das Bistum als solches auf (1544), und die Administration ging auf das lutherische Haus über. Doch blieben 12 Domherrnstellen als Pfründen, welche jetzt noch vom König verliehen werden, und von welchen 9 dem Adel, 3 der Geistlichkeit zukommen. Im ganzen hatten seit Ditmar 44 Bischöfe in B. ihren Sitz gehabt. Vgl. Gerken, Ausführliche Stiftshistorie von B. (Wolfenbüttel 1766).

Brandenburg, 1) (das alte wend. Brennibor, "Waldburg", wovon die Mark B. den Namen erhielt), Kreisstadt (mit dem Ehrentitel Kur- und Hauptstadt) im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, an der Berlin-Magdeburger Eisenbahn und an der Havel, welche die Altstadt auf dem rechten von der Neustadt auf dem linken Ufer scheidet, hat 7 evang. Kirchen (darunter die gotische Katharinenkirche von 1402) und 1 katholische, 1 Gymnasium, das Saldernsche Realgymnasium, Woedows Zeichen- und Modellierschule, 2 alte Rathäuser, eine Rolandssäule vor dem Rathaus der Neustadt, eine Strafanstalt, ein Schlachthaus, Gasleitung und (1880) mit der Garnison (Stab der 6. Division, der 12. Infanterie- und 6. Kavalleriebrigade, Füs.-Reg. Nr. 35, Kürassier-Reg. Nr. 6, Feldartillerie) 29,066 Einw., davon 1206 Katholiken. Die Industrie der Stadt ist bedeutend; es gibt eine Kammgarn-^[folgende Seite]