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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brunnen

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Brunnen (Schöpf-, Zieh-B.; Pumpen; Evakuations-B.; amerikanische Röhren-B.).

Am Ende der Röhrenfahrt errichtet man einen senkrechten Brunnenstock (Post), in welchem das Wasser bis zu einer Ausflußöffnung mit horizontalem Rohr aufsteigt. Die zu der Leitung dienenden Brunnenröhren werden aus sehr verschiedenem Material hergestellt. Gußeiserne setzen leicht im Innern Knollen von Eisenoxydhydrat an und hindern dann den Ausfluß des Wassers, auch frieren sie leicht auf. Holzröhren aus Erlen-, Kiefern- oder Eichenholz sind zwar billig und widerstehen einem starken Druck, faulen aber in einigen Jahren und erteilen dann dem Wasser einen übeln Geschmack. Zur Konservierung der Röhren trägt ein Umschütten derselben mit einer dünnen Schicht von gelöschtem Kalk oder ein Imprägnieren derselben mit Teer bei. Am empfehlenswertesten sind Thonröhren aus glasiertem Thon oder Steingut, welche jetzt in allen Dimensionen nebst Muffen angefertigt werden. Man verbindet sie mit Hilfe von Zement. Auch gießt man die Röhren selbst aus Zement, indem man einen cylindrischen, 1 m langen Kern von Holz mit Zement umgießt und aus der erhärteten Masse so weit herauszieht, daß man sofort ein weiteres Stück Rohr anfügen kann. Dies Verfahren geht schnell von statten und liefert eine aus einem kontinuierlichen Rohr bestehende Leitung.

Sehr häufig und besonders in Städten ist man genötigt, sich mit dem Sickerwasser zu begnügen, welches man überall findet, wenn man nur tief genug gräbt. Man hat bei der Anlage solcher B. die Nähe von Düngergruben sorgfältig zu vermeiden und muß, am besten bei anhaltend trocknem Wetter, so tief graben, bis man das eindringende Wasser nicht mehr bewältigen kann. In festem Erdreich wird der Brunnenschacht mit Holzwerk abgetrieben und kann dann von unten nach oben ausgemauert werden. In lockerem Erdreich, oder wenn man das Eindringen von Obergrundwasser vermeiden will, gräbt man nur einige Fuß tief, legt auf den geebneten Boden einen aus Eichenbohlen konstruierten, mit Eisen beschlagenen Brunnenkranz (Grundring) und errichtet darauf ein Stück Brunnenmauer in Zement, wobei man vier eiserne Bolzen lotrecht mit vermauert. Entfernt man allmählich das Erdreich unter den Brunnenkranz, so sinkt das Stück Mauerwerk herab, und man kann weiter mauern und weiter graben, bis der B. die erforderliche Tiefe erreicht hat. Das Ausstopfen der untern Steinfugen mit Moos, welches allmählich fault, ist zu verwerfen.

Die Wasserförderung aus den B. wird bei den Schöpfbrunnen mittels eines Haspels und einer darüber sich aufwickelnden Kette oder eines Seils bewirkt, woran zwei Eimer das Gewicht gegenseitig ausgleichen. Bei großer Tiefe läßt man das Seil oder die Kette auf eine über dem B. liegende stärkere Welle sich aufwickeln, welche mittels Zahns und Getriebes von einer stehenden Welle aus durch Ochsen oder Pferde oder auch unmittelbar durch ein Lauf- oder Tretrad von Menschen oder Tieren in Bewegung gesetzt wird. Die Stelle der Eimer ersetzen dann größere oder kleinere Tonnen, welche bei ihrer Ankunft an oder über der Brunnenbrüstung von Haken gefaßt und gestürzt werden und so ihren Inhalt von selbst in Rinnen ausgießen. Sehr gewöhnlich sind auch die Ziehbrunnen, bei denen der Eimer mittels einer Kette oder besser einer Stange an dem langen Arm eines sich auf einer Säule in einer Gabel bewegenden Schwengels hängt, dessen kurzer Arm mit einem Gegengewicht beschwert ist. Pumpen und zwar einfache Saug- und Hub- oder bloße Hubpumpen, durch Schwengel, Drücker etc. in Bewegung gesetzt, sind für den Gebrauch im gemeinen Leben bei nicht zu großer Fördertiefe und zu hebender Wassermenge am meisten verbreitet. Damit sie von Einem Menschen bedient werden können, dürfen sie nicht über 13-16 cm im Stiefel weit sein und bei 30-40 cm Hub einen Lastarm von der 1½fachen und einen Kraftarm von der 2-3½fachen Länge des Hubes besitzen, so daß der Weg der Kraft nicht über 1,25-1,4 m beträgt. In dem B. müssen Tragehölzer für die Pumpen angebracht sein, die Saugröhre ist am untersten Ende zu schließen und auf der Seite mit einer Saugöffnung zu versehen oder besser mit einem durchlöcherten Senkkorb zu umgeben, damit kein Sand oder sonstiger Bodensatz mit aufgesaugt werde. B. mit seitlich zufließendem Wasser sind um so ergiebiger, je größer man den Niveauunterschied beim höchsten und tiefsten Wasserstand, also bei bez. in Ruhe und in Thätigkeit befindlicher Pumpe macht. Empfängt aber der B. einen Zufluß durch Quellen, welche aus dem festen Grund von unten in den B. treten, so wird die Ergiebigkeit durch Herstellung eines luftleeren Raums über dem Wasserspiegel gesteigert. Hierauf beruht die Konstruktion der Evakuationsbrunnen, welche zuerst von Donnet in Lyon und fast gleichzeitig von Schulz in Hagen in vollkommenerer Form ausgeführt worden sind. Donnet konstruiert die Brunnenmauer aus Beton oder Steinen, welche innen mit Zement überstrichen werden, und schließt den Brunnenraum an der Oberfläche des Wassers durch eine Metallplatte, welche auf die hier angesetzte Mauer gelegt und durch Zement mit derselben verbunden wird. Nach einer andern Methode versenkt Donnet eine cylindrische Glocke von Metall, welche mit einer Betonmauer zu umgeben ist, in die Brunnengrube und zwar so, daß der obere Teil der Glocke noch unter das Wasserniveau kommt. Die Saugröhre der Pumpe sitzt auf dem Deckel der Glocke oder auf der erwähnten Platte, und der Saugkorb ragt durch eine Öffnung in den abgeschlossenen Raum hinein, Vorrichtungen, durch welche man die Ergiebigkeit der B. um das Acht- und Mehrfache gesteigert hat.

Durch große Einfachheit zeichnen sich die Rammpumpen aus, welche als amerikanische, Nortonsche- oder Röhrenbrunnen sehr bekannt geworden sind, nach ihrer Anwendung bei der englischen Expedition gegen Abessinien auch abessinische B. genannt werden, aber in Deutschland schon 1815 von Nigge und 1831 von Melm ausgeführt worden sind. Sie bestehen aus gewalzten eisernen Gasröhren von 32 cm innerm und 46 cm äußerm Durchmesser, welche sich durch Zusammenschrauben verschiedener Stücke auf eine Länge bis zu 9,5 m bringen lassen. Eine der zuerst eingerammten Röhren ist an einem Ende mit einer stählernen Spitze versehen und über dieser Spitze aus eine Länge von 30-40 cm ringsherum mit Löchern von 4 mm durchbohrt, so daß Wasser leicht in das Rohr eindringen kann. Zwei Männer können den B. in kurzer Zeit herstellen. Ist erst der Stand des Brunnens gewählt, so schraubt man etwa 1 m von der Stahlspitze entfernt einen eisernen Klemmring D (Fig. 1) auf das Rohr A, schiebt dann auf letzteres einen ca. 35 kg schweren eisernen Fallblock C, befestigt 2 m über demselben zwei Rollen B, über welche von dem Fallblock aus zwei Seile laufen, und treibt nun das senkrecht gestellte Rohr in den Boden, indem die Arbeiter den Fallblock abwechselnd heben und fallen lassen. Nachdem das erste Rohr eingetrieben ist, wird ein zweites angeschraubt, an diesem der Rammapparat befestigt und so fort-^[folgende Seite]