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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Buenos Ayres

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Buenos Ayres.

vinzhauptstadt ist seit 1884 La Plata mit 28,000 Einw. Die Provinz zerfällt in 80 Verwaltungsbezirke mit 87 Städten und Flecken, 565 Landgemeinden und 5 Grenzbezirke. Hauptorte sind: San Nicolas (10,700 Einw.), Chivilcoy (8100 Einw.), Mercedes (6600 Ew.).

Die Geschichte von B. fällt bis 1853 mit der der Argentinischen Republik (s. d.) zusammen. B. strebte immer nach einem Vorrang vor den andern Provinzen und übte auch wirklich als einziger Seehafen des Landes, als die reichste und bevölkertste Provinz stets ein Übergewicht aus; es war hauptsächlich der Sitz der zentralistischen Partei. Nachdem es sich 1853 nach Rosas' Sturz als selbständiger Staat unter einem eignen Präsidenten mit gesonderter Verfassung und Verwaltung konstituiert hatte, wurde es 1855 von Brasilien, den Vereinigten Staaten, Frankreich, Sardinien etc. unbedingt, von England und Chile jedoch nur unter Vorbehalt seiner Wiedervereinigung mit der Argentinischen Konföderation anerkannt. Die Verhandlungen, welche auf Grund eines am 8. Jan. 1855 zwischen B. und den konföderierten Staaten geschlossenen Vertrags zum Behuf einer gründlichern Verbindung gepflogen wurden, mußten abgebrochen werden, als im Dezember 1855 einige argentinische Flüchtlinge von Montevideo aus in B. einfielen, um die förmliche Wiedervereinigung zu erzwingen. Die nun eröffneten Feindseligkeiten endigten nach dem für B. unglücklichen Treffen bei Capeda 23. Okt. 1859 damit, daß B. sich wieder der Konföderation anschließen mußte. Auch ein Erhebungsversuch 1880 mißlang. Die Provinz wurde gezwungen, die Stadt B. der Regierung der Republik als Residenz abzutreten und die Stadt La Plata zum Sitz ihrer Behörden zu wählen. Vgl. Wilcocke, History of the viceroyalty of B. (Lond. 1806); Hutchinson, B. and Argentine gleanings (das. 1865); K. Andree, B. und die Argentinische Republik (3. Aufl., Leipz. 1874); Coni, Die Provinz B. (Zür. 1884); Greger, Die Provinz B. (Bas. 1884); "Annuaire statistique de la province de B." (jährlich) und weitere Litteratur bei "Argentinische Republik".

Buenos Ayres (Ciudad de Nuestra Señora de B.), früher die Hauptstadt des gleichnamigen Freistaats, seit 1862 Hauptstadt der gesamten Argentinischen Konföderation und Sitz der Regierung und des Kongresses der letztern sowie des diplomatischen Korps, vieler Konsulate, auch eines deutschen Berufskonsuls, und eines Bischofs, ist seit 1880 aus der Provinz B. ausgeschieden. Sie liegt am rechten, südlichen Ufer des breiten, jedoch seichten La Plata, 300 km vom offenen Meer, und ist in Form eines Rechtecks sehr regelmäßig in 464 Cuadras angelegt, die aber noch bei weitem nicht alle ausgebaut sind. Eine Citadelle und mehrere Forts schützen die Stadt. Unter den zwölf Plätzen sind hervorzuheben: die Plaza Victoria mit dem 1578 gelegten Grundstein der Stadt, die Plaza Retiro (früher de Toros) mit der Reiterstatue des Generals San Martin, die Plaza 11. Setiembre und die Plaza Constitucion ^[richtig: Constitución]. Unter den 24 zum Teil großen und prachtvollen katholischen Kirchen verdient die Kathedrale besondere Erwähnung. Auch eine deutsche protestantische Kirche befindet sich in B., die erste, welche im ehemals spanischen Südamerika erbaut ist; die Gemeinde derselben bildet einen Zweig der "unierten evangelischen Landeskirche in Preußen" und steht unter dem Konsistorium der Provinz Brandenburg, welches auch die Predigerstelle besetzt. Außer diesen deutschen bestehen noch zwei englische und eine nordamerikanische protestantische Gemeinde. Hervorragende öffentliche Gebäude sind ferner: der Palast des Präsidenten, das Repräsentantenhaus, die Bank, das Rathaus (cabildo), die Universität, die Münze, das große Hospital. An wissenschaftlichen Anstalten besitzt die Stadt eine 1824 gestiftete sogen. Universität, eine öffentliche Bibliothek, ein Nationalkollegium, eine 1853 reorganisierte medizinische Schule, ein geistliches Seminar, eine blühende deutsche Schule, eine Sternwarte, ein naturhistorisches Museum (von Burmeister begründet) und verschiedene gelehrte Gesellschaften. An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt B. 19, darunter ein deutsches, englisches, französisches, italienisches, spanisches Hospital, eine Irrenanstalt, ein Waisen- und ein Findelhaus, eine Entbindungsanstalt, ein Asyl für Einwanderer etc. Die Stadt hat Gas- und Wasserleitung, beide freilich noch nicht ganz genügend. Die Bevölkerung belief sich 1884 mit Einschluß der zahlreichen dort ansässigen Deutschen, Engländer, Franzosen, Italiener, Spanier etc. auf 283,758 Seelen. B. ist der bedeutendste, wenn auch nicht der beste Hafen am Rio de la Plata, das ozeanische Ein- und Ausgangsthor für die Argentinische Konföderation und Paraguay. Gleichwohl besitzt es nur eine offene, häufigen Windstößen ausgesetzt Reede. Im S. der Stadt ist aber 1876 bis 1883 mit einem Aufwand von 2,517,000 Pesos die Boca de Riachuelo so vertieft worden, daß Schiffe von 7 m Tiefgang einlaufen können; hier gingen 1883 ein 47,309 Schiffe von 1,207,300 Ton., darunter 600 Seeschiffe von 249,000 T. Der zweite Hafen von B. ist Ensenada, das durch großartige Arbeiten zu einem Hafen ersten Ranges umgeschaffen werden soll und durch eine Eisenbahn mit B. verbunden ist. Direkte Dampferlinien verbinden B. mit Southampton, Liverpool, London, Bordeaux, Hamburg, Antwerpen, Marseille, Genua und New York. Einfuhr und Ausfuhr sind übrigens hohen Zollsätzen unterworfen. Die Hauptartikel der Ausfuhr bestehen in Wolle, Häuten und Schaffellen, Talg, Salzfleisch, Haaren etc., während Getreide, Spirituosen und Industrieerzeugnisse der Alten Welt die bedeutendsten Posten des Imports bilden. England und Frankreich, daneben auch Deutschland, beteiligen sich hauptsächlich an der Einfuhr, ersteres namentlich mit Baumwoll- u. Leinenwaren. Die vornehmsten Abnehmer der Landesexporte sind Frankreich und Belgien, das letztere zum großen Teil zur Durchfuhr nach Deutschland. In zweiter Linie stehen England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Der Handel von B. wertete 1884 bei der Einfuhr 73,001,000, bei der Ausfuhr 44,813,000 Pesos, also weit über zwei Drittel des Gesamthandels Argentiniens. Banken bestehen jetzt sieben in der Stadt (darunter die Staatsbank) mit einem Gesamtkapital inkl. Depositen von (1883) 183 Mill. Pesos. Es erscheinen hier 82 Zeitungen, davon 25 täglich (17 spanische, 3 italienische, 2 englische, 2 französische, 1 deutsche). Fünf Eisenbahnlinien gehen von der Stadt aus, welche durch Trambahnen von 150 km mit ihren Vorstädten verbunden ist. Überhaupt ist B. fast die einzige von den größern Städten der alten spanischen Kolonien, die seit dem Abfall vom Mutterland in raschem Aufblühen begriffen ist und im äußern Ansehen wie im Wohlstand und in der Einwohnerzahl Fortschritte macht. Das ist zum großen Teil die Folge der Niederlassung von Fremden, wie denn die Gewerbthätigkeit und der Verkehr durch diese allein die große Ausdehnung gewonnen haben, die sie jetzt auszeichnet; auch ist der Großhandel fast ganz in den Händen von Europäern (besonders Engländern, dann Franzosen und Deutschen). - Die Stadt wurde schon 1535 von Pedro