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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Chalotten - Chamäleon.

tagne, geb. 6. März 1701 zu Rennes, trug durch seine zwei dem Parlament vorgelegten "Comptes rendus des constitutions des Jésuites" (Dezember 1761 und Mai 1762, oft gedruckt) viel zur Vertreibung der Jesuiten aus Frankreich bei und stellte in seinem "Essai d'éducation nationale, ou plan d'études pour la jeunesse" (Genf 1763, deutsch von Schlözer) der jesuitischen Erziehungsweise eine naturgemäßen entgegen. Als er aber den Steuervorlagen des Ministeriums opponierte, ward er als angeblicher Verfasser einer anonymen Schmähschrift gegen einen Minister im Dezember 1765 mit seinem Sohn gefangen gesetzt und darauf nach Saintes verwiesen. Erst 1775 durfte er sein Amt wieder antreten. Seine Denkschriften über seinen Prozeß wurden, obgleich verboten, in ganz Frankreich verbreitet. Voltaire verteidigte C.' Unschuld, und die Nation stimmte ihm bei. Er starb 12. Juli 1785. Die Akten des Prozesses erschienen unter dem Titel: "Procès instruit extraordinairement contre M. de Caradeuc de la C." (1767).

Chalotten, s. v. w. Schalotten, s. Lauch.

Chalwar, Gewicht der kaukasischen Tataren, = 50 Batmans; für rohes Petroleum = 40 Batmans.

Chalwet (arab.), der innerste, nach außen völlig abgeschlossene Teil der mohammedanischen Wohnungen, auch die Badezelle, in welcher gewisse Körperteile gefärbt und rasiert werden; dann auch die Abgeschlossenheit der Derwische.

Chaly, Gewebe mit seidener Kette und Einschlag aus Kammgarn, dem Wollmusselin ähnlich.

Chalybäus, Heinrich Moritz, Philosoph, geb. 3. Juli 1796 zu Pfaffroda im sächsischen Erzgebirge, zuerst Hauslehrer in Wien, dann Lehrer an der Kreuzschule zu Dresden, seit 1825 an der Fürstenschule in Meißen, seit 1828 an der Ritterakademie zu Dresden, von wo er 1839 an die Universität Kiel berufen, 1852 aber seiner deutschnationalen Gesinnung halber mit neun seiner Kollegen von der dänischen Regierung seines Lehramtes entlassen wurde; starb 22. Sept. 1862 in Dresden. Seine aus Vorlesungen vor einem größern Publikum entstandene geschmackvolle "Historische Entwickelung der spekulativen Philosophie von Kant bis Hegel" (Dresd. 1837, 5. Aufl. 1860) begründete seinen Ruf und wurde zweimal ins Englische (von Tulk, Lond. 1854, und von Edersheim, 1860) übersetzt. Außerdem schrieb er im Sinn eines theistischen Eklektizismus: "Phänomenologische Blätter" (Kiel 1841); "Die moderne Sophistik" (das. 1843); "Entwurf eines Systems der Wissenschaftslehre" (das. 1846); "System der spekulativen Ethik" (sein Hauptwerk, Leipz. 1850, 2 Bde.); "Philosophie und Christentum" (Kiel 1853) und "Fundamentalphilosophie" (das. 1861).

Chalyber (später Chaldäer genannt), ein Volk des Altertums, das an der Nordküste von Kleinasien östlich der Mündung des Iris wohnte. Sie waren besonders als Bergwerkskundige und Eisenarbeiter berühmt, die Waffen und Gerätschaften aller Art fertigten. Schon Äschylos pries das Eisen dieser C. (daher das Wort chalybs, Stahl).

Chalybographie (griech.), Kunst des Stahlstichs; auch ein Erzeugnis derselben.

Chalybon (Chaleb), s. Aleppo.

Chalybs (griech.), der Stahl, abgeleitet von den bergbaukundigen Chalybern (s. d.). Vinum chalybeatum, eisenhaltiger Wein.

Cham (Ham), Sohn Noahs und nach der ethnographischen Anschauung der Hebräer (1. Mos. 10) Stammvater der südlichen Nationen, besonders der afrikanischen, durch seine vier Söhne: Kusch (Völkerschaften Südarabiens und Äthiopiens), Mizraim (afrikanische Völker, besonders die Einwohner Ägyptens, welches aber in den Psalmen auch selbst C. heißt), Phut (ebenfalls afrikanische Völkerschaften), Kanaan (die Völker Palästinas und Phönikiens).

Cham, 1) Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, unweit der Mündung des Flusses C. (Chamb) in den Regen, 370 m ü. M. und an der Eisenbahn von Nürnberg nach Furth, in einem Thalbecken zwischen dem Bayrischen und Oberpfälzer Wald, hat 4 Kirchen, ein Waisenhaus, Wasserleitung, große Granitwerke, Dampfsägemühlen, Spiegelglasschleiferei, Bierbrauerei, bedeutenden Handel mit Holz und Holzwaren, große Getreide- und Viehmärkte und (1880) 3445 meist kathol. Einwohner. C. ist Sitz eines Bezirksamts, eines Amtsgerichts und einer Bankagentur der Bayrischen Notenbank. - C. wird schon 976 genannt und war ehedem Sitz eigner Markgrafen, die von den Pfalzgrafen von Scheyern abstammten und 1106 aussterben, worauf C. an Scheyern fiel und so später an Bayern kam. Früher stark befestigt, hatte der Ort im Dreißigjährigen Krieg wie im spanischen Erbfolgekrieg viele Drangsale zu bestehen; neuerlich (Juli 1873) wurde er durch eine Feuersbrunst fast gänzlich zerstört. C. ist Geburtsort des französischen Marschalls Luckner. Vgl. Lukas, Geschichte der Stadt C. (Landsh. 1862). -

2) Dorf im schweizer. Kanton Zug, am Nordende des Zuger Sees gelegen, Station der Zürich-Zug-Luzerner Bahn, mit (1880) 2965 Einw., einer Papiermühle und der Fabrik der Anglo-Swiss Condensed Milk Company, welche kondensierte Milch exportiert.

Cham (spr. kamm), eigentlich Amédée de Noé, franz. Karikaturenzeichner, geb. 26. Jan. 1819 zu Paris, Sohn des Grafen Noe, war erst Schüler Paul Delaroches, dann Charlets und widmete sich besonders der grotesken Zeichnung. Seine ersten Karikaturen erschienen 1842. Seitdem pflegte er die kleinern Ereignisse des Tags dem Publikum in flüchtigen Bildern vorzuführen und lieferte für Almanache, namentlich für den "Almanac prophétique", für das "Musée Philipon", insbesondere aber für den "Charivari" zahlreiche komische Zeichnungen, Skizzen, Szenen und Revuen, die später meist als Albums gesammelt wurden. Er starb 6. Sept. 1879 in Paris.

Chamaecyparis, eine Gruppe der Pflanzengattung Cypresse, s. Retinospora.

Chamade (franz.), s. Schamade.

Chamaedorea Willd. (Bergpalme), Gattung aus der Familie der Palmen, rohrähnliche Gewächse mit glatten, geringelten Stämmen, endständigen, gefiederten, selten ganzen Blättern, diözischen, in schwach verzweigten Trauben stehenden, oft wohlriechenden Blüten und runden, roten oder schwarzen, kleinen Beeren. Man kennt gegen 50 Arten dieser in Mexiko, Mittelamerika, Neugranada und Venezuela heimischen Gattung; sie sind bisweilen nicht stärker als ein Finger und erreichen doch eine Höhe von 6 und 9 m, gewöhnlich bilden sie in den Wäldern dichtes Unterholz. Ihre Blüten, solange sie noch in den Scheiden eingeschlossen sind, werden besonders in Mexiko als Gemüse (Tepejilote) genossen, und aus den rohrartigen Stämmen baut man in Neugranada Brücken. Sehr viele Arten werden in unsern Gewächshäusern kultiviert, und manche, wie C. elegans Mart., C. Ernesti Augusti Wendl., C. elata hort., C. graminifolia Wendl., C. lunata Lich. (s. Tafel "Blattpflanzen I"), eignen sich auch zur Zimmerkultur (s. Tafel "Palmen").

Chamaedris, s. Veronica.

Chamäleon (Chamaeleon Laur., hierzu Tafel "Chamäleon"), Reptiliengattung aus der Ordnung

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