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Deutschland (Geschichte 1125-1180. Hohenstaufen).
päpstlichen Legaten nicht ihn, sondern das Haupt der fürstlichen Opposition, den Herzog von Sachsen, Lothar von Supplingenburg, zum König. Im Kampf gegen die Staufer, welche sich weigerten, ihn anzuerkennen, stützte sich Lothar (1125-37) auf das welfische Haus, dessen Haupt, Heinrich dem Stolzen von Bayern, er seine einzige Tochter und Erbin, Gertrud, vermählte. Gegen die Kirche verhielt sich Lothar allzu nachgiebig und unterwürfig. In der Regierung Deutschlands aber bewährte er Einsicht und Thatkraft. Er brachte die Staufer zur Unterwerfung, hielt Ordnung und Frieden im Reich aufrecht und nahm die Wiedereroberung der wendischen Grenzlande auf. Als er starb, wiederholte sich der Vorgang bei seiner eignen Wahl. Nicht sein Schwiegersohn und Erbe Heinrich der Stolze, dem er noch auf dem Sterbebett zu Bayern das Herzogtum Sachsen übertragen, und der reiche Allode in D. und Tuscien in Italien besaß, wurde gewählt, sondern der Staufer Konrad von Franken. Die Regierung dieses ersten Staufers, Konrad III. (1138-1152), war keine glückliche. Obwohl Heinrich der Stolze die Reichskleinodien auslieferte, sprach ihm der König Sachsen ab, und als der Welfe sich weigerte, zu verzichten, nahm er ihm auch Bayern. Der jähe Tod des stolzen Herzogs (1139) verschaffte Konrad einen teilweisen Sieg. Nach ihrer Niederlage bei Weinsberg (1140) verzichtete die welfische Partei im Frankfurter Frieden (1142) auf Bayern, das die österreichischen Babenberger erhielten, und Heinrich der Löwe behielt bloß Sachsen, von welchem überdies die Nordmark oder Mark Brandenburg als selbständiges Reichslehen unter Albrecht dem Bären abgetrennt wurde. Aber der feindliche Gegensatz zwischen den Staufern (Waiblingern) und Welfen, deren Namen später Parteinamen von prinzipieller Bedeutung geworden sind, blieb bestehen und ließ das Reich unter Konrad nie zur Ruhe kommen. Die Beteiligung des Königs am zweiten Kreuzzug (1147-49), der ganz erfolglos blieb, konnte sein Ansehen nicht erhöhen. Als er 1152 starb, empfahl er den Fürsten nicht seinen unmündigen Sohn, sondern seinen Neffen, Herzog Friedrich von Schwaben, zum Nachfolger, und dieser wurde auch in Frankfurt a. M. unter allgemeiner Zustimmung gewählt und in Aachen gekrönt.
Mit Friedrich I. (1152-90) bestieg einer der bedeutendsten Herrscher, die D. gehabt hat, den Thron. Er faßte seine kaiserliche Würde als die erste Macht der Christenheit, als den Quell aller Gewalt auf und war entschlossen, sie zu dieser Höhe wieder zu erheben. So erhaben stand er über den deutschen Fürsten, daß er darauf verzichtete, ihre bereits bestehenden Rechte zu verkümmern, sondern vielmehr nur danach strebte, die Kräfte aller ihm untergeordneten Vasallen für die Erreichung seines hohen Ziels, der kaiserlichen Weltherrschaft, zusammenzufassen. Er versöhnte sich daher sofort mit den Welfen, indem er Heinrich dem Löwen Bayern zurückgab; die Babenberger wurden entschädigt, indem Österreich zu einem selbständigen Herzogtum erhoben ward. Gegen die Nachbarreiche machte er die kaiserlichen Hoheitsrechte mit Mäßigung, aber Festigkeit geltend: Polen wurde durch einen glänzenden Zug bis nach Posen hin (1157) zur erneuten Anerkennung seiner Lehnsunterthänigkeit genötigt; einen Streit zwischen zwei dänischen Prinzen, Swen und Knut, entschied er zu gunsten des erstern, krönte ihn und empfing von ihm den Lehnseid; Böhmen kettete er durch Verleihung des Königstitels enger an das Reich; in Burgund wurde das Ansehen des kaiserlichen Namens wiederhergestellt. Mit dem Papst wünschte er in Frieden zu bleiben; er bestritt nicht dessen Herrschaft über die Kirche, sondern beanspruchte nur für den Schutz, den er als Schirmvogt der Kirche verlieh, die Anerkennung seiner Macht als einer ebenbürtigen. Auf seinem ersten Römerzug leistete er Papst Hadrian IV. einen wesentlichen Dienst, indem er die dem Papsttum feindliche Bewegung des kühnen Reformators Arnold von Brescia unterdrückte. Aber die Päpste waren nicht gewillt, die Herrschaft über die Welt mit einer andern Macht zu teilen, und der von Friedrich anfangs gemiedene Konflikt brach aus, als dieser seine kaiserlichen Rechte im vollen Umfang über die lombardischen Städte verwirklichen wollte. Während diese sich empörten, ward nach Hadrians IV. Tod von der Mehrzahl der Kardinäle Alexander III. (Kardinal Roland) gewählt, den Friedrich als einen anmaßenden Priester anzuerkennen sich weigerte. Der Kampf zwischen dem kühnen Papst und dem lombardischen Städtebund einer-, dem Kaiser und den ihm treu anhängenden deutschen Fürsten anderseits endete nach wunderbaren Glückswechseln 1176 mit der Niederlage Friedrichs bei Legnano und der Unterwerfung unter den Papst 1177 in Venedig, der 1183 im Frieden zu Konstanz die Anerkennung der Selbständigkeit der oberitalischen Städte folgte.
Dennoch trug dieser Kampf einen andern Charakter als der Heinrichs IV. und war für das deutsche Volk nicht ohne segensreiche Folgen. Unter der Führung der glänzenden, genialen Persönlichkeit Friedrichs wurde das deutsche Volk in das Kulturleben des Abendlandes hineingezogen, von dem es sich nur zu lange zurückgehalten hatte. Die Getreuen, die dem Kaiser in den Krieg folgten, kämpften für ein ideales Ziel, für den Glanz der höchsten Krone der Christenheit, für den Ruhm des deutschen Namens. Hingebende Begeisterung für den kaiserlichen Feldherrn und edle Ruhmbegierde erfüllten Friedrichs Heer, das zumeist aus den Dienstmannen der größern Vasallen, den Ministerialen, gebildet war. Hatte schon früher die Ehre des Waffendienstes diesem ursprünglich nicht vollfreien Ritterstand eine Stellung über den Gemeinfreien errungen, so wurde er jetzt im Dienste der edlen staufischen Herrscher noch höher geadelt und durch Streben nach feiner Sitte und Bildung der Träger der geistigen Kultur Deutschlands. Überhaupt entfesselte die nach freien, großartigen Gesichtspunkten geleitete Herrschaft der Staufer die Kräfte des deutschen Volkes. Durch den Aufschwung des Handels und Verkehrs nahm der Wohlstand zu; die Bewohner der Städte verschmolzen zu einem neuen Stande, dem Bürgerstand, der sich von den Fürsten, besonders von den Bischöfen, das Recht der Selbstregierung zu erringen wußte und bald auch im Reich durch seine feste Anhänglichkeit an das Königtum eine politische Bedeutung erlangte. Wissenschaften und Künste begannen von neuem aufzublühen und nicht mehr bloß in den einsamen Zellen der Klöster: die Bürger schmückten ihre Städte mit Kirchen, die Ritter pflegten nach dem Vorgang der Franzosen die Poesie. In besonders großartiger Weise zeigte sich die deutsche Volkskraft bei der Kolonisation und Germanisierung der rechtselbischen Gebiete, welche das tapfere Schwert Albrechts des Bären und Heinrichs des Löwen wieder der christlichen Kultur und deutschen Herrschaft unterworfen hatte. Das östliche Holstein, Mecklenburg und Pommern, das Havel- und Spreegebiet, endlich Schlesien wurden von deutschen Ansiedlern bevölkert und das Gebiet des Reichs um ausgedehnte Territorien vergrößert. Mochte auch Friedrich I. den Vertrag von Venedig als eine tiefe