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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Donau

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Donau (Unterlauf; Verkehrsverhältnisse, Schiffahrt).

0,7 m auf 10 km. Durch die Stromteilungen entstehen große Inseln, namentlich Csepel (Raczkevi) und Margitta. Von der Draumündung (75 m ü. M.) an wendet sich die D. gegen SO., indem die Ausläufer des Warasdiner Gebirges (Fruschka Gora) und von Belgrad an die höhern serbischen Balkanhöhen an das rechte Ufer treten, und behält diese Richtung auf fast 300 km bei. Das linke Ufer bleibt flach und vielfach versumpft bis Belgrad. An Zuflüssen empfängt hier die D. links ihren größten Nebenfluß, die vielgewundene Theiß, und die Temes, rechts die mächtige Save (bei Belgrad) und die Morawa. Von Belgrad bis Neu-Orsova bildet die D. die Reichsgrenze. Ihre Breite beträgt bei Peterwardein, wo sie 12 m tief ist, 1140 m, im allgemeinen zwischen Vukovár und Ujpalanka 390-590 m; bei Semlin ist sie sogar 1560 m breit bei 14 m Tiefe. Unterhalb Ujpalanka treten links Ausläufer der siebenbürgischen Gebirge heran und engen im Verein mit den serbischen Bergen am rechten Ufer auf eine Strecke von 120 km (bis Kladowa) den Strom vollständig ein. Diese großartige Flußenge, Klissura genannt, in welcher die D. ihr größtes Gefälle erreicht, war früher ganz unfahrbar und ist jetzt noch bei niedrigem Wasserstand für die Schiffahrt gefährlich, ja sperrt größern Schiffen den Durchgang. Hohe, schroffe Berge begleiten den Strom auf seinem Weg und drängen ihn stellenweise auf eine geringe Breite, bis 117 m, zusammen. Die das Bett durchsetzenden Riffe bewirken acht Stromschnellen. Die schmälste (2,3 km lange) Strecke unterhalb Orsova führt den Namen Eisernes Thor (s. d.) und enthält Stromschnellen und Wirbelströmungen über eine quer durch den Strom gezogene Barriere, von welcher noch einzelne Felsspitzen über das Wasser emporragen.

Bei Turn-Severin tritt die D. in imposanter Breite in die walachische Tiefebene. Die Ufer der D. in ihrem Unterlauf bieten nichts Angenehmes und sind sehr häufig öde und traurig. Das linke Gestade ist völlig flach; an das rechte treten nur noch stellenweise mäßige Höhen, wie bei Widdin, Rustschuk, Silistria. Die Teilung des Bettes vermehrt sich außerordentlich, und auf dem linken Ufer treten Wasserstopfungen in Form von Seen, Sümpfen und toten Armen auf. Die Breite des Flusses beträgt bei Rustschuk 1300, bei Silistria 2600 m und steigt zuweilen auf 3½ km. Von Orsova an ist seine Richtung 103 km weit eine südöstliche, und der Fluß empfängt auf dieser Strecke rechts den Timok, den Grenzfluß zwischen Serbien und Bulgarien; dann strömt er 200 km weit bis Sistowa nach OSO., inzwischen links den Schyl und die Aluta, rechts den Isker und Osma aufnehmend, und verfolgt von Sistowa bis Tschernawoda eine ost-nordöstliche Richtung, auch auf dieser Strecke durch zahlreiche Nebenflüsse verstärkt, links den Ardschisch, rechts den Lom und Taban. Bei Tschernawoda ist der Strom kaum 60 km vom Meer entfernt, von dem ihn ein niedriger Sattel, die Bergplatte der Dobrudscha, trennt, die von der Eisenbahn nach dem Hafenort Constanza (Küstendsche) überschritten wird. Angesichts dieser Platte biegt er nach N. um und fließt in dieser Richtung, wie bisher, mit versumpften Ufern, von stehenden Lachen begleitet, unzähligemal geteilt, 140 km weit bis Galatz, unterwegs noch an Zuflüssen (links) die Jalomitza und den Sereth empfangend. Bei Galatz wendet er sich sodann nach O. und bald darauf bei der Einmündung des Pruth nach SO., um dem Schwarzen Meer zuzufließen. Bei Galatz haben die durch eine Insel entstehenden beiden Arme eine Breite von 160 und 290 m, unterhalb Isaktscha 590 m und bei Tultscha 260-325 m; die Tiefe ist 16-23 m, bei Tultscha aber über einer Sandbank nur 5 m. 7 km oberhalb Tultscha teilt sich der Strom in große Mündungsarme, und es beginnt sein Deltaland, eine 2600 qkm große Wildnis, die einem unabsehbaren grünen Meer von 3 m hohen Schilfwaldungen gleicht, durchschnitten von Flußarmen, Seen und Lachen, belebt von unermeßlichen Scharen von Seevögeln, von Wölfen und Herden von Büffeln. Die äußersten Mündungsarme liegen 96 km voneinander entfernt. Die drei Hauptarme sind: der Kilia-Arm, der wasserreichste, für die Schiffahrt jedoch ungünstigste Arm, weil er sich zuletzt mehrfach verzweigt (111 km lang); die Sulina, der mittlere Arm, welcher durch die von der europäischen Donaukommission seit 1858 durchgeführten Regulierungsarbeiten zum eigentlichen Schiffahrtskanal wurde, 82,5 km lang, 100-130 m breit und zwischen 5 und 15 m tief, an der Mündung durch zwei gewaltige, ins Meer hinausreichende Dämme (1312 und 915 m) geschützt; endlich der St. Georgsarm, der südlichste, 96 km lange Arm, 130-390 m breit und 10 m, vor der seine Mündung sperrenden Barre jedoch nur 1,5 m tief, von welchem sich die Portitzkaja (Dunawetz) zu dem 2-3 m tiefen Rasinsee abzweigt. Vor den Mündungen der D. liegen Inseln, Sandbänke und Barren, welche die Ein- und Ausfahrt erschweren.

Verkehrsverhältnisse, Schiffahrt etc.

Die gesamte Stromlänge der D. beträgt in gerader Linie 1630 km, mit Einschluß der Krümmungen wird sie auf 2780 km berechnet. Ihr Stromgebiet, zu dem ein großer Teil von Süddeutschland, die österreichischen Alpenländer nebst Mähren und der Bukowina, Ungarn, Siebenbürgen und Kroatien-Slawonien, Rumänien, Bosnien, Serbien und Bulgarien gehören, umfaßt 817,000 qkm. Die Wassermenge, welche die D. dem Meer zuführt, beträgt pro Stunde im jährlichen Mittel über 35 Mill. cbm. Der Fluß ist sehr fischreich, besonders in Ungarn, und namentlich reich an vortrefflichen Karpfen, Huchen und Hausen. Abgesehen von der Länge ihres Laufs, der Ausdehnung ihrer Schiffahrtslinien und dem großen Umfang ihres Gebiets, kommt aber der D., wie schon oben erwähnt, darum eine besondere Wichtigkeit zu, weil sie eine Diagonale vom NW. des Kontinents nach SO. legt, und weil ihrem Gebiet durch die Konfiguration der mit demselben in Berührung stehenden Länder und Meere eine vermittelnde Aufgabe inmitten der occidentalen und orientalen Welt angewiesen ist. Während die D. im W. tief in das geographisch und kommerziell bedeutungsvolle Rheingebiet hineingreift, reicht sie gegen O. zur Küste des für den levantischen Güterverkehr wichtigen Pontus. Diese kulturgeschichtliche Bedeutung des Donaugebiets hat sich denn auch zu allen Zeiten erwiesen, so in den Epochen der Wanderung der illyrisch-etrurischen Völker, der römischen Kolonisierung, der Hunnen- und Avarenherrschaft, der Besitzergreifung durch die Magyaren, bez. die Bayern am Oberlauf, ferner in den drei ersten Kreuzzügen, in den Kämpfen zwischen türkischer Barbarei und deutscher Kultur, in der Machtentfaltung des habsburgischen Reichs, welche Epochen sich alle im Donaugebiet, bez. an den Ufern des Stroms abspielten. Kein zweiter Strom findet aber auch eine so große Mannigfaltigkeit von Volksstämmen an seinen und den Ufern seiner Nebenflüsse wie die D. Im obern Teil wohnen ungefähr 10 Mill. Deutsche, im mittlern Abschnitt mehr als 17 Mill. Magyaren, Nord- und Südslawen aller Stämme wie auch Deutsche, im untern Teil Rumänen, Bulgaren, Serben, Russen, Türken und vereinzelt Deutsche: