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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dresden

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Dresden (Neustadt, Altstadt).

etwas weiter zurück. D. liegt unter 51° 3' nördl. Br., 13° 20' östl. L. v. Gr. Das Stadtgebiet umfaßt bei einer Ausdehnung der Flurgrenze von 49,4 km eine Fläche von 2889,82 Hektar; davon kommen 2121,01 Hektar auf die links der Elbe gelegenen Stadtteile (1481,47 Hektar auf die Altstadt mit der Pirnaischen, See- und Wilsdruffer Vorstadt und 639,54 Hektar auf die von der erstern durch die Weißeritz getrennte Friedrichstadt) sowie 768,81 Hektar auf die Stadtteile des rechten Elbufers, die Neustadt und Antonstadt mit den Scheunenhöfen und der Vorstadt Neudorf. Der rechts der Elbe gelegene Stadtteil (früher "Alten-Dreßden" genannt und geschrieben, seit 1732 "Neustadt" genannt) ist der ältere, eine Sorbenkolonie und erst seit 1549 mit dem neuern Stadtteil links der Elbe (früher "Neu-Dreßden", später "Altstadt" genannt) zu Einer Stadt vereinigt. 1880 betrug bei Einrechnung des selbständigen Gutsbezirks Albertstadt (s. unten) die Gesamtzahl der bewohnten Grundstücke 6741, die der bewohnten Gebäude 8493. Die Physiognomie der Stadt ist diejenige einer blühenden Residenz- und werdenden Großstadt, einer durch Fremdenverkehr und Industrie emporstrebenden Handelsstadt.

Die Neustadt und ihre Bauten.

Eine Wanderung durch die Stadt beginnt von den beiden vor dem Leipziger Thor in der Neustadt nahe bei einander gelegenen Bahnhöfen der Leipziger und Schlesischen Eisenbahn aus. Unser Weg führt uns sogleich auf den Palaisplatz, auf welchem das von Friedrich August I. erworbene Japanische Palais, mit Garten, steht. In demselben befinden sich die Antikensammlung (Augusteum), die meist Arbeiten aus der römischen Kaiserzeit enthält (Hauptwerke: eine archaisierende Athene und weibliche Porträtstatuen aus Herculaneum), und die königliche Bibliothek, die 3-400,000 Bände gedruckte Bücher, 3000 Handschriften (Prachtstücke: die älteste bekannte slawische Bibel in böhmischer Sprache aus dem 14. Jahrh., die vier Evangelien in griechischer Sprache aus dem 13. Jahrh., der Codex Boernerianus, ein äthiopischer Kodex, ein Sanskritfragment auf Palmblättern, der Koran Sultan Bajesids II., Prachtkodex eines türkischen Gedichts in 28 Folioblättern etc.), 2000 Inkunabeln und 20,000 Landkarten enthält (vgl. Falkenstein, Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek, Dresd. 1839). Vom Palaisplatz, in dessen Nähe Th. Körners Geburtshaus (mit dem von E. Peschel angelegten, von der Stadt erworbenen Körner-Museum, mit den Medaillonreliefs von Körner und Schiller geschmückt) steht, gelangt man bald auf den Neustädter Markt, mit dem kolossalen, aus Kupfer getriebenen und vergoldeten Reiterstandbild Augusts II. (einem Werk Wiedemanns, 1736 errichtet). Von da zieht sich nach links bis zum Alberts-, früher Bautzener Platz die Neustädter Hauptstraße, mit einer Baumallee in der Mitte, an der das Neustädter Rathaus, die lutherische Dreikönigskirche mit neuem Turm und die neue katholische Neustädter Kirche mit zwei Türmen liegen.

Wir wenden uns rechts nach der Alten Elb- oder Augustusbrücke, welche zur Altstadt hinüberführt. Wohl schon im 12. Jahrh. aus Stein gebaut (1287 zuerst erwähnt), dann 1344 erneuert, hat sie ihre jetzige Gestalt 1727-29 erhalten. Sie enthält 17 Pfeiler mit 16 Bogen, hat eine Fahrbahnlänge von 402 m, eine Kronbreite von 11,04 m und bietet eine schöne Aussicht auf die Altstadt und in das Elbthal. Rechts, etwa 100 Schritt unterhalb, führt die auch für Fußgänger und Wagenverkehr eingerichtete Eisenbahn- oder Marienbrücke (1846-51 erbaut, mit 12 je 28,32 m weiten Bogen in Korblinienform) über den Strom, welche die Verbindung der auf beiden Elbufern belegenen Bahnhöfe bewirkt. Die Albertbrücke, 1875-77 erbaut, überbrückt den Strom 1500 m oberhalb der Alten Elbbrücke mit 14 steinernen Bogen und besitzt bei einer Kronbreite von 18 m eine Länge von 316 m.

Die Altstadt und ihre Bauten.

Der Alten Elbbrücke gerade gegenüber steht das königliche Schloß, in seinem ältesten Teil 1534 von Herzog Georg erbaut (daher Georgenschloß genannt) und von August II. erweitert. Es nimmt einen Raum von 1300 Schritt im Umfang ein, ist aber als Bauwerk wegen seiner allmählichen Entstehung in verschiedenen Epochen von geringer Bedeutung. Es hat drei Hauptthore, unter denen das sogen. grüne Thor mit einem bis zum Knopf 101 m hohen Turm, dem höchsten von D., geschmückt ist. Das Schloß besteht aus der nach der Brücke hingekehrten Hauptfronte, zwei Flügeln und mehreren Zwischen- und Seitengebäuden und steht durch bedeckte Gänge mit der katholischen Kirche und dem Prinzenpalais (1715 für die Gräfin Cosel erbaut, 1844 und 1849 mehrfach erweitert) in Verbindung. Die fensterlose Rückwand des östlichen Flügels in der Augustusstraße ist durch eine große Sgraffitomalerei von Walther, einen Triumphzug der sächsischen Fürsten vom Mittelalter bis auf die Gegenwart darstellend, verziert worden. Der Thronsaal, geschmückt mit Fresken von Bendemann, bildet ein Rechteck, an dessen einer Seite um den Thron herum in flach vertieften Wandfeldern auf Goldgrund die Gestalten der vorzüglichsten Gesetzgeber und Regenten (von Moses bis Maximilian I.) in kolossalen Figuren dargestellt sind. Im Erdgeschoß des größern Schloßhofs befindet sich das Münzkabinett und neben diesem das Grüne Gewölbe, die kostbarste Sammlung von Schmuck und Kunstarbeiten: Elfenbeinschnitzereien, getriebene Arbeiten in Silber und Stahl, Emails, florentinische Mosaiken, reichverzierte Waffen aus verschiedenen Epochen, wertvolle Steine (darunter der größte Onyx der Welt, mit weißem Rande, der, 17,4 cm hoch, 5,6 cm breit, auf 144,000 Mk. geschätzt wird), eine Diamantenkette, der Hof des Großmoguls Aurengzib in 132 goldenen Figuren (von Dinglinger), eine Hutagraffe von Brillanten mit einem grünen, 1742 für 400,000 Thlr. erkauften Diamanten von 160 Gran, kostbare Kleinodien und unzählige andre Erzeugnisse der Kunstindustrie, vornehmlich des 17. und 18. Jahrh. An der Westseite des Schlosses befindet sich die Hauptwache (von Schinkel) und mehr nach der Elbbrücke zu die katholische Hofkirche, 1739-56 unter August III. nach dem Plan des Italieners Gaetano Chiaveri aus Pirnaer Sandstein im Renaissancestil erbaut. Sie besteht aus einem ovalen Hauptschiff und zwei Nebenschiffen. Der Turm ist bis zur Mitte des Kreuzes 91 m hoch und besteht aus drei von Säulen getragenen Stockwerken. Die Brüstungen der doppelten Galerie des Kupferdaches sind mit 59 aus Sandstein gearbeiteten Statuen von Heiligen geziert. Das Gemälde über dem marmornen Hochaltar ist die Himmelfahrt von Mengs. Die Orgel (2896 Pfeifen) ist das größte und letzte Werk Silbermanns. Rechts stößt an das Schloß und die Hofkirche der Theaterplatz. Auf diesem stand das 1837-41 nach Professor Sempers Entwurf vom Hofbaumeister v. Wolframsdorf erbaute Hoftheater, das 21. Sept. 1869 niederbrannte. Das neue Hoftheater, etwas westlich vom alten, seit 1871 ebenfalls nach einem Entwurf Sempers unter Leitung