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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eisen

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Eisen (Hochöfen).

Koks; zur Darstellung von Weißeisen kann der 0,7 fache Betrag der Kohle genügen, während bei ungünstigen Verhältnissen (arme, schwer reduzierbare Erze, kalter Wind) die doppelte Menge von Kohle verbraucht werden kann.

Das Verschmelzen der Eisenerze geschieht in Gebläseschachtöfen, den sogen. Eisenhochöfen, indem man die Beschickung und das Brennmaterial schichtenweise von oben aus in den Ofen einträgt. Ein älterer rheinischer Kokshochofen mit frei stehendem Gestell und mäßig starkem Außen- oder Rauhgemäuer hat nachstehende Konstruktion (Tafel I, Fig. 3). Der innere Ofenraum B von der ungefähren Gestalt einer Tonne ist durch den feuerfesten Kernschacht E begrenzt, welcher auf einem Ring a und vier Säulen v ruht und von dem Rauhgemäuer G so umschlossen ist, daß zwischen beiden ein mit schlechten Wärmeleitern lose auszufüllender Zwischenraum (Füllung) bleibt. (Statt dieses Gemäuers G ist bei der sogen. schottischen Ofenkonstruktion ein aus Eisenblechplatten zusammengenieteter Mantel vorhanden.) Man teilt das Ofeninnere gewöhnlich in vier Räume, welche bei ältern Öfen scharf abgegrenzt sind, bei neuern mehr ineinander verlaufen. Der Teil von der Ofenmündung (Gichtöffnung, Gicht) A bis zur weitesten Stelle (Kohlensack, Bauch) B heißt Schachtraum, von da bis zu der stark zusammengezogenen Partie C Rast; dann folgt nach unten von C bis D der Schmelzraum (Gestell), und der unterste Raum bei D heißt Herd (Eisenkasten). Das Gestell ist entweder aus Steinen aufgeführt, oder aus Thon (Masse) aufgestampft (Massengestell) und entweder ringsum bis auf eine kleine Öffnung zum Schlackenabschluß und eine darunterliegende zum zeitweiligen Ablassen des flüssigen Roheisens geschlossen (Öfen mit geschlossener Brust, Blauöfen), oder der Herd ist an einer Stelle nur teilweise durch einen dicken Stein g (Wall- oder Dammstein) geschlossen, dem man durch eine Eisenplatte (Wallsteinplatte), welche durch einen davor angebrachten Luftkanal h gekühlt wird, größere Festigkeit gibt. Der Tümpelstein n, an der Vorderseite durch das Tümpelblech geschützt und auf einem Eisen (Tümpeleisen) ruhend, geht nicht bis zum Boden- oder Sohlstein e nieder. Die so zwischen g und n bleibende Öffnung nennt man Vorherd und mit einem solchen versehene Öfen Sumpföfen oder Öfen mit offener Brust im Gegensatz zu den oben erwähnten Blauöfen. Durch den Vorherd kann man behufs Ausräumung von Ansätzen in den Innenherd gelangen, und über den Dammstein g fließt die Schlacke auf der aus Thon und Kohlenlösche gebildeten Schlackentrifft M ab, die durch eine Gußeisenplatte F (Schlackenleiste) seitlich begrenzt ist. Man zieht neuerdings Öfen mit geschlossener Brust immer mehr denen mit offener vor, weil darin die Hitze im Gestell besser zusammengehalten wird, weniger leicht Ansätze im Herd entstehen und das Schmelzen weniger gestört wird. Der Sohlstein e ruht auf einem sichern Fundament, in welchem sich früher stets ein Kreuzkanal (Andreaskreuz) zur Abführung der Feuchtigkeit befand. Neuerdings werden diese Kanäle meist vermieden, weil leicht E. in dieselben eindringt und verloren geht, und sie kommen besonders nur noch da vor, wo beim Verschmelzen bleihaltiger Erze Bleidampf darin kondensiert und flüssiges Blei daraus abgestoßen werden soll (Oberschlesien). Meist besteht das Fundament aus einem Kreuzgewölbe, wenn kein fester Felsgrund vorhanden. Zuweilen bringt man unter dem Hüttensohlenniveau eine Feuerung L an und führt die Feuergase behufs Austrocknung des Gemäuers unter dem Sohlstein hin in vertikale, in dem Rauhgemäuer ausgesparte Kanäle. Die obere Mündung des Ofens (Gicht) umgibt zur Ableitung entweichender Gase ein Gichtmantel N, in welchem Öffnungen zum Einstürzen der Schmelzmaterialien in den Ofen gelassen sind.

Das Gichtplateau ist mit einer Galerie umgeben, die Gichtmündung entweder offen oder durch eine Vorrichtung verschlossen, welche ein bequemes Chargieren und ein Auffangen und Ableiten der nach obenhin gelangenden und noch brennbare Bestandteile enthaltenden Gase (Gichtgase) gestatten (Gichtverschlüsse, Gasfänger). Nach Ausweis der Zeichnung ist hier in die Gicht ein Cylinder O eingehängt, durch welchen die Schmelzmassen eingetragen werden, während die Gichtgase sich hinter dem Cylinder ansammeln, in den rings um den Ofen herumgehenden Kanal p entweichen und aus diesem durch das Rohr p' nach dem zu erhitzenden Raum abgeleitet werden. Im untern Teil des Rauhgemäuers sind Arbeitsgewölbe K und Formgewölbe I ausgespart, nach obenhin durch Trageisen b begrenzt. Von den Formgewölben aus gehen Öffnungen f (Formöffnungen) in den Herd, welche einen hohlen Eisenkonus mit Wasserzirkulation (Wasserform) aufnehmen, in welchem das Ende der Windleitungsröhre m, die Düse, ruht. Der Raum zwischen Düse und Form läßt sich verschließen (geschlossene Form), um ein Entweichen von Wind durch dieselbe zu verhüten. Textfig. 2 stellt diese Einrichtung näher dar. w Wasserform, in deren Zwischenraum durch ein Rohr unten Wasser eingeführt und solches erwärmt oben abgelassen wird. d Düse. n Ring, welcher, mittels eines Bügels a an der Stange s befestigt, durch die Zahnstange z, das Getriebe r und das Laufrad i hin und her bewegt werden kann. Das nicht von Mauerwerk eingeschlossene, frei stehende Gestell wird durch Luft und auch wohl durch Berieselung mit Wasser, Ansetzen von Wasserkasten etc. gekühlt und dadurch vor dem raschen Wegschmelzen geschützt. Entstehende Schäden lassen sich leicht verbessern.

Eine neuere, vielfach in Aufnahme gekommene Ofenkonstruktion von Büttgenbach (Fig. 4 u. 5 der Tafel II) hat das Abweichende von der vorstehend beschriebenen, daß der Ofen nur einen Kernschacht ohne Rauhgemäuer hat (s. oben) und die Gichtgasableitungsröhren gleichzeitig als Träger für das Gichtplateau dienen. In die Gicht ist ein Eisenkonus eingehängt, durch welchen chargiert wird. Die Gichtgase werden teils hinter dem Konus durch seitliche Kanäle in die vertikalen Ableitungsröhren abgeführt, teils gelangen sie durch ein stehendes Rohr mitten im Konus ebenfalls in die Ableitungsröhren und aus diesen zur Reinigung von Staub in ein rings um den Ofen herumgehendes, teilweise mit Wasser gefülltes Waschreservoir. Als Nebenapparate für Eisenhochöfen sind noch anzuführen: Cylinder-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 2. Düse mit Form.]