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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Entropium; Entsatz; Entschädigung; Entschälen; Entscheidung

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Entropium - Entscheidung.

die Wärme ebenso wie das Wasser unvermindert zu dem tiefern Niveau herabgelange, machte Clausius (1850) darauf aufmerksam, daß gemäß dem von Robert Mayer (1842) entdeckten Satz von der Äquivalenz von Wärme und Arbeit (erster Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie) nur ein Teil der zugeführten Wärme als solche in den kältern Körper übergehen könne, wogegen der andre Teil, indem er eine ihm äquivalente Arbeitsmenge erzeugt, als Wärme verschwindet. Ihre volle Begründung fand aber jene Thatsache durch den von Clausius aufgestellten zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie, wonach die Wärme niemals von selbst aus einem kältern in einen wärmern Körper übergehen kann, sondern, damit dies geschehe, gleichzeitig entweder ein entgegengesetzter Wärmeübergang aus einem wärmern in einen kältern Körper oder eine sonstige Veränderung stattfinden muß, welche einen solchen entgegengesetzten Wärmeübergang zur Folge hat. Um die Wärme zu nötigen, ihrem Bestreben entgegen aus einem kältern in einen wärmern Körper überzutreten, muß hiernach Zwang ausgeübt werden, wobei Arbeit verbraucht wird, niemals aber Arbeit gewonnen werden kann. Zwischen der Wärme und der Arbeit (und andern Formen der Energie) besteht somit ein wichtiger und bedeutungsvoller Unterschied: während mechanische Arbeit z. B. durch Reibung, Stoß etc. leicht und vollständig in Wärme umgewandelt werden kann, ist es unmöglich, die ganze Wärme wieder in Arbeit zurück zu verwandeln, weil dabei immer ein Teil derselben zu kältern Körpern herabsinkt. Die Folge davon ist, daß die mechanische Energie des Weltalls von Tag zu Tag immer mehr in Wärme übergeht, welche sich nach allen Seiten hin verbreitet und die vorhandenen Temperaturunterschiede nach und nach ausgleicht. W. Thomson, welcher diese Schlußfolgerung zuerst zog (1851), nannte diesen Vorgang "Zerstreuung" (Dissipation) oder auch Herabsetzung (Degradation) der Energie. Die vorhandene Gesamtenergie des Weltalls zerfällt somit in zwei Teile, wovon der eine als Wärme von höherer Temperatur, ferner als mechanische, chemische, elektrische etc. Energie noch teilweise in Arbeit umsetzbar, der andre aber, bereits in Wärme verwandelt und in kältern Körpern angesammelt, für die Arbeitsleistung unwiederbringlich verloren ist. Dieser letztere Teil, die E. des Weltalls, wächst unaufhörlich auf Kosten des erstern, oder, wie Clausius sagt, "die E. des Weltalls strebt einem Maximum zu". In diesem Ausspruch erscheint der zweite Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie in seiner höchsten Verallgemeinerung, ähnlich wie der erste Hauptsatz in dem Satz: "die Energie des Weltalls ist konstant" gipfelt. Wäre nach unabsehbar langer Zeit dieses Maximum erreicht, so würde zwar von der ursprünglich vorhandenen Energie nichts verloren gegangen, dieselbe aber in der Form von Wärme durch die zu einem einzigen tragen Klumpen geballte Materie gleichmäßig verbreitet sein. Temperaturunterschiede gäbe es nicht mehr, diese Grundbedingung für die Zurückverwandlung der Wärme in andre Energieformen würde fehlen, alle mechanische Bewegung, alles organische Leben im Weltall müßte aufhören, der Weltprozeß wäre damit thatsächlich beendet und das wahre Ende der Welt eingetreten. Steht aber der Welt dieses Ende bevor, so kann sie auch nicht von Ewigkeit her bestehen, sondern sie muß vor einer endlichen, wenn auch noch so langen Zeit einen Anfang gehabt haben, als die E. ein Minimum und die Temperaturunterschiede am größten waren; denn bestünde sie seit unendlich langer Zeit, so müßte der Umwandlungsprozeß bereits abgelaufen und jener Endzustand starren Todes und lautloser Ruhe jetzt schon eingetreten sein. Diese aus dem Begriff der E. gezogenen Folgerungen, welche dem Weltall ein so trauriges Schicksal in Aussicht stellen, haben begreiflicherweise manchen Widerspruch hervorgerufen (vgl. Caspari, Die Thomsonsche Hypothese von der endlichen Temperaturausgleichung im Weltall, Stuttg. 1874). Rankine nahm an, daß an der Grenze des von Äther erfüllten Weltraums, hinter welchem sich ein absolut leerer Raum befinden sollte, eine vollständige Zurückwerfung der strahlenden Wärme stattfinde, und Reuschle machte unter Zustimmung Robert Mayers geltend, daß durch das Zusammenstürzen von Sonnen Kräfte entfesselt werden, welche die zerstäubten Massen in den weitem Weltraum hinausschleudern und ihre träge Zusammenballung verhindern. Abgesehen aber von allen Widerlegungsversuchen, wird der Zweifel gestattet sein, ob der zweite Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie, wie vollkommener auch mit den unsrer Beobachtung zugänglichen Thatsachen übereinstimmen mag, so allgemeingültig und sicher begründet sei, daß Schlüsse von solcher Tragweite und Kühnheit auf ihn gegründet werden können. Englische Physiker, wie Thomson, Tait, Maxwell u. a., fassen den Begriff der E. im entgegengesetzten Sinn von dem hier angegebenen auf, indem sie darunter den Teil der Gesamtenergie verstehen, der sich noch in Arbeit umwandeln läßt. Sie sagen daher, daß die E. des Weltalls dereinst verschwinde, was mit dem obigen Satz vom Maximum der E. übereinstimmt.

Entropium (griech.), s. Ektropium.

Entsatz (franz. Secours), Nötigung des Belagerers durch Einwirkung einer von außen kommenden Entsatzarmee, Einschließung und Angriff eines Platzes aufzugeben; vgl. Festungskrieg.

Entschädigung, Ersatz oder Vergütung eines zugefügten Schadens, s. Schadenersatz. - Über die E. unschuldig Angeklagter oder Verurteilter s. Unschuldig Angeklagte etc.

Entschälen, s. Seide.

Entscheidung, Verfügung einer Behörde in einer Angelegenheit, welche bei derselben anhängig ist, insbesondere der richterliche Beschluß in einer Rechtssache. In dieser allgemeinen Bedeutung entspricht der Ausdruck E. dem lateinischen Sententia und dem französischen Jugement; er ist in der deutschen Zivilprozeßordnung ebenso wie in der Strafprozeßordnung die allgemeine Bezeichnung für alle richterlichen Aussprüche und Anordnungen. Im einzelnen unterscheidet dann die Strafprozeßordnung zwischen Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen (s. Urteil) Entscheidungen, welche in Abwesenheit der davon betroffenen Person ergehen, werden derselben durch Verkündung bekannt gemacht; auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu erteilen. Die Bekanntmachung andrer Entscheidungen erfolgt durch Zustellung. Dem nicht auf freiem Fuß Befindlichen ist das zugestellte Schriftstück auf Verlangen vorzulesen. Die gerichtlichen Entscheidungen in Strafsachen werden, wenn sie im Lauf einer Hauptverhandlung ergehen, nach Anhörung der Beteiligten, wenn sie außerhalb einer Hauptverhandlung erteilt werden, nach erfolgter schriftlicher oder mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft gegeben. Auch in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten steht nach der deutschen Zivilprozeßordnung das Urteil (s. d.) den "Verfügungen" der vorsitzenden, kommissarischen und requirierten Richter und den prozeßleitenden oder entscheidenden Beschlüssen des Ge-^[folgende Seite]