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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Erdarten; Erdartischocke; Erdbeben

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Erdarten - Erdbeben.

len hierbei statt der Holzbahnen Arbeitsschienen mit Vorteil Verwendung finden, so müssen die mittlern Transportentfernungen schon 1800-2000 m betragen. Bei noch größern mittlern Transportwegen benutzt man Lokomotiven mit einer ihrer Zugkraft und den Steigungsverhältnissen entsprechenden Reihe von Kippwagen. Über derartige Eisenbahnen s. Feldeisenbahnen. Lokale Verhältnisse können die Anwendung auch andrer als der angeführten Transportmethoden vorteilhaft erscheinen lassen. So werden schiefe Ebenen mit Seilbetrieb bei Aushebung langer Einschnitte in Anwendung gebracht, wenn zur Beschleunigung der Arbeit eine selbständige Materialienförderung aus der Mitte in den Aussatz disponiert ist, während sich da, wo die Örtlichkeit zum Ein- und Ausladen günstig und der Wasserweg nicht nur vorteilhaft gelegen, sondern auch gut befahrbar ist, der Transport des Bodens mit Schiffsgefäßen rechtfertigt.

Die Anschüttung der Bodenmassen zur Bildung der Aufträge hängt wesentlich von der Form und Beschaffenheit des zu beschüttenden Bodens sowie von der Gattung des Schüttmaterials ab und wird entweder in horizontalen oder geneigten Lagen, als Lagen- oder als Kopfschüttung ausgeführt. Die Lagenschüttung findet bei geringen Höhendifferenzen zwischen Auf- und Abtrag, z. B. bei Bildung von Dämmen aus Seitenentnahmen, die Kopfschüttung bei größern Höhendifferenzen beider, z. B. da Anwendung, wo das gesamte Schüttmaterial direkt aus dem Einschnitt in den Auftrag geschafft werden muß. Bei einem Schüttmaterial, welches im Auftrag keine hohlen Räume entstehen läßt, wie reiner Sand oder feiner Kies, sind beide Methoden gleich zulässig; bei einem Material dagegen, welches diese Eigenschaft nicht besitzt, verdient die Schüttung in horizontalen Lagen deshalb den Vorzug, weil sich in denselben das Material durch Stampfen, Betreten und Befahren besser dichten läßt. Nasse oder gefrorne Bodenmassen dürfen zur Anschüttung nicht verwendet werden, wenn man ein Ausweichen oder gar Zerfließen der Schüttungen vermeiden will, weil naß in einen Dammkörper gebrachtes Erdmaterial niemals wieder ganz trocken wird und begierig das eindringende Tagewasser aufnimmt, gefrorner Boden beim Eintritt milder Witterung auftaut und sich dann wie der nasse Boden verhält. Besondere Vorsicht erfordert die Herstellung hoher Dämme über Wasserdurchlässen oder Wegunterführungen, welche nicht nur in dünnen Lagen, sondern auch ganz gleichmäßig zu beiden Seiten des Bauwerkes bewirkt werden muß, damit dasselbe durch ungleichen Seitendruck nicht verschoben oder gar umgedrückt wird. Um die in dem Entwurf vorgesehene Form der Einschnitte und Aufträge bez. beim Lösen und Anschütten von vornherein möglichst genau einhalten zu können, werden deren Profile nach Höhe und Neigung ihrer Böschungen entweder mittels Latten und Pflöcken in geeigneten Abständen in dem Umfang aufgestellt, daß hierdurch die Bodenbewegung nicht gehindert wird, oder dieselben werden, wenn geübte Vorarbeiter vorhanden sind, nur abgesteckt und schmale Streifen der Böschungen planmäßig planiert, welche den zwischenliegenden Teilen zum Anhalt dienen. Nach diesen Profilen, welche im ersten Fall in den Aufträgen vor, in den Abträgen nach deren Herstellung errichtet werden, erfolgt dann auch die Regulierung und Befestigung der Böschungen, zu welchem Zweck dieselben mit urbarer Erde bekleidet, planiert und dann mit Gras- oder Kleesamen eingesäet oder mit Rasen belegt werden. Hierbei ist den Böschungen der Aufträge eine ihrem voraussichtlichen Setzen entsprechende, etwas konvexe Form und dem Dammkörper selbst eine dieser Setzung entsprechende Überhöhung zu geben. Die Neigung der Böschungen, der Einschnitte und Dämme hängt von der Kohäsion und dem sogen. Ruhewinkel der sie bildenden Bodenmassen ab, und auf 1 m Höhe beträgt die Ausladung durchschnittlich bei Gartenerde 2 m, bei Lehm und Sand 1½ m, bei Thon, Kies und Gerölle 1¼ m, bei weichem Gestein 1 m, bei festem Gestein im Auf- und Abtrag bez. ¾ und 1/3-1/8 m. Im allgemeinen kann die Neigung der Böschungen bei gleicher Bodenbeschaffenheit im Einschnitt etwas steiler als an dem Auftrag angenommen werden. Um die Höhenlage und Form der Dämme und Einschnitte dauernd zu erhalten, ist auf deren sofortige und vollständige Entwässerung besondere Rücksicht zu nehmen. Das von den Oberflächen der Böschungen ablaufende Wasser wird in Leitgräben mit hinreichendem Gefälle und mit der nötigen Befestigung den natürlichen Abzugsstellen oder Wasserläufen zugeführt, das in die Einschnitte und Dämme eingedrungene Wasser durch eingebaute Sickerdohlen, Abzugskanäle und Drainröhren nach den Böschungen und den an ihrem Fuß angelegten Abzugsgräben geleitet. Die Unter- oder auch Überführung stetig oder periodisch fließender Wasserläufe mittels Durchlässen, Brücken und Kanälen gehört nicht mehr in das Gebiet des Erdbaues, sondern in den Bereich der Kunstbauten (s. Brücke). Wo bei der Herstellung von Einschnitten nach außen geneigte Bodenschichten freigelegt werden oder bei der Bildung von Aufträgen nach außen geneigte Schichten entstehen, welche auf schlüpfriger Unterlage, insbesondere feuchten Thon- oder Lehmschichten, ruhen, können Rutschungen von geringerm oder größerm Umfang eintreten, welchen durch Stützungen oder Vermehrung der Reibungswiderstände vorzubeugen ist. Die Stützungen können durch Erdpfähle oder Stützmauern bewirkt, die Reibungswiderstände durch Trockenlegung der feuchten Unterschichten, durch Flechtzäune oder verwandte Befestigungsmittel vermehrt werden.

Die bei Herstellung kleinerer Kanäle erforderlichen E. werden über Wasser in einer der Herstellung von Einschnitten für Landverkehrswege analogen Weise, unter Wasser mit Hilfe von Baggerwerkzeugen und Baggermaschinen ausgeführt, während bei Aushebung größerer Kanäle (Suezkanal) die Lösung und Ablagerung des gelösten Bodens auch durch Exkavatoren (s. d.) bewirkt wird.

Vgl. Henz, Praktische Anleitung zum Erdbau (3. Aufl., Berl. 1874); Heyne, Der Erdbau in seiner Anwendung auf Straßen und Eisenbahnen (Wien 1874-76); Becker, Allgemeine Baukunde des Ingenieurs (4. Aufl., Leipz. 1883); "Handbuch der Ingenieurwissenschaften", herausgegeben von Heusinger v. Waldegg u. a., Bd. 1 (das. 1877 ff.).

Erdarten, s. Erden.

Erdartischocke, s. Helianthus.

Erdbeben, Erschütterungen der Erdoberfläche, je nach der Stärke bald nur ein Erzittern oder schwaches, wellenförmiges Schwanken, bald heftige Stöße, welche Gebäude vernichten, und mit welchen unterirdisches Getöse, Spaltenbildungen, Bergstürze, Hebungen ganzer Landstriche, Wogenbildungen an der Meeresküste, plötzliches Zurückweichen des Meers und springflutartiges Eindringen in das Land, Hervortreten von Wasser und Schlamm aus neuentstandenen Spalten verbunden sein können. Die Erde als Ganzes betrachtet, sind die E. eine alltägliche