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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Etrusker; Etruskisches Meer; Etsch

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Etrusker - Etsch.

Gegenstände meist bestimmt ward. Die etruskische Malerei ist ein Zweig der griechischen, doch scheint in E. früher als in Griechenland die Wandmalerei geübt worden zu sein (s. Tafel "Ornamente I", Fig. 40-43). Zahlreiche Grabkammern, besonders bei Tarquinii, sind mit Figuren in bunten Farben bemalt. Der Stil der Zeichnung geht von einer den alten griechischen Werken verwandten Strenge und Sorgfalt in die flüchtigen und karikaturartigen Manieren über, welche in der spätern Kunst der Etrusker herrschten. Auf eine alttuskische Dichtkunst scheint die Sage hinzudeuten, daß der Götterknabe Tages seine Offenbarungen gesungen habe. Tuskische Tragödien eines gewissen Volnius erwähnt Varro, und die Theater zu Fäsulä u. a. O. sind Zeugen dafür, daß wenigstens griechische Schauspiele entweder in Übersetzung oder in der Ursprache aufgeführt wurden. Bemerkenswert ist aber, daß sich in keiner Inschrift auch nur die geringste Ähnlichkeit mit einem griechischen Rhythmus entdecken läßt. Die Musik der Römer stammte aus E., auch ihre darstellenden Sänger kamen daher. Saiteninstrumente zeigen die Denkmäler hin und wieder, doch war die Flöte das eigentlich einheimische Musikinstrument. Von den profanen Wissenschaften übten die Etrusker Heilkunde, Naturkunde und Astronomie, und besonders als Ärzte genossen sie einen nicht unbedeutenden Ruf bei den Griechen. Die von ihnen gerühmte Kunst des Wasserfindens oder Regenlockens (aquaelicium) beruhte offenbar auf tieferer Kunde der Natur. Ihre Zeitrechnung folgte sehr genauen Gesetzen. Sie bestimmten den Anfang des Tags durch den höchsten Stand der Sonne und bedienten sich wirklicher Mondmonate. Wie sie die Mondmonate mit dem Sonnenjahr in Einklang brachten, ist unbekannt; doch scheinen ihre Jahre von kürzerer Dauer als die des Sonnenjahrs gewesen zu sein. Am Tempel der Nortia zu Volsinii wurde jedesmal an den Iden des Septembers ein Nagel eingeschlagen, um so die Zahl der vergangenen Jahre zu bezeichnen.

Die Götterlehre der Etrusker wich von der altitalischen vielfach ab. Sie unterlag frühzeitig griechischen Einflüssen, indem man hellenische Gottheiten teils geradezu dem Götterkreis der Etrusker einverleibte, wie das z. B. beim Bacchus der Fall war, teils dieselben den alten tuskischen Göttern unterschob, wodurch von mehreren der letztern der ursprüngliche Begriff ganz verloren gegangen ist. Man unterschied zwei Ordnungen von Göttern: die obern oder verhüllten Gottheiten, welche Jupiter befragt, wenn er eine Verheerung oder Veränderung des bisherigen Zustandes durch einen Blitz verkünden will, und die Zwölfgötter, welche Jupiters gewöhnlichen Rat bilden, mit dem lateinischen Namen Consentes genannt. Den Etruskern eigentümliche Gottheiten waren: Vertumnus, eine Naturgottheit, die, wie es scheint, die Verwandlungen in der Natur bezeichnete; Nortia, eine Schicksalsgöttin, an deren Tempel zu Volsinii das Einschlagen des Nagels erfolgte; der von den Römern sogen. Vejovis oder Vedius, der böse Jupiter, dessen tuskischer Name nicht bekannt ist; der dunkle Summanus; die Unterweltsgottheiten Mantus und Mania, nebst den Manes; Voltumna, die Göttin des Bundestempels; die freundliche Göttin der Geburt, Mater Matuta, mit einem berühmten Tempel zu Cäre, u. a. Auch Janus, als Himmelsgott, scheint tuskischen Ursprunges, wie nicht minder Menerfa (Menrfa) für eine ursprüngliche tuskische Göttin zu halten ist. Einer ihrer Tempel stand zu Falerii, wo ihr im März ein großes Fest, die Quinquatrus, gefeiert wurde. Von da ward ihr Dienst nach Rom gebracht und ihr allmählich der Begriff der griechischen Athene substituiert. Ebenso sind die Lares ihrem Namen sowohl als ihrem Begriff nach etruskisch. Als die drei obersten Gottheiten galten den Etruskern Jupiter, Juno und Minerva, die deshalb auch in den meisten Städten Tempel hatten. Die Religiosität der Etrusker neigte sich zum Finstern und Dämonischen hin; sie wußten viel von einer geheimnisvollen Geisterwelt zu erzählen, fanden Gefallen an geheimnisvoller Zahlenmystik und hatten manche rohe und grausame Gebräuche, wie denn nicht selten Menschenopfer vorkamen. Das Totenreich erschien ihnen namentlich von seiner schrecklichen Seite als ein Ort der Peinigung. Diese Richtung führte dann zu allerlei Instituten und Zeremonien, welche die Erforschung des göttlichen Willens zum Zweck hatten, und so war E. das gelobte Land des Divinationswesens und der Wahrsagerei in allen möglichen Formen. Man weissagte aus dem Flug der Vögel (Augurium), aus dem Fraß heiliger Hühner, aus den Erscheinungen am Himmel, besonders den Blitzen, aus den Eingeweiden der Opfertiere (Haruspicium). Als Vater dieser Wahrsagekunst galt ein Dämon, Namens Tages, der, ein Kind von Jahren und Gestalt, aber grau an Weisheit, in einer Ackerfurche entdeckt ward und den Lucumonen das Geheimnis offenbarte. Die sogen. Bücher des Tages waren die Quelle der etruskischen Weisheit, es gab besondere Schulen zum Unterricht in der Wahrsagekunst. Diese Kunst hat sich dann, befördert von dem altitalischen Schicksalsglauben, auch bei den übrigen Stämmen Italiens eingebürgert.

Quellen sind, abgesehen von den Kunstdenkmälern und Inschriften, einheimische, griechische und römische Aufzeichnungen und Traditionen. Unter den ältern römischen Quellen sind die Annalen des Cincius und die "Origines" des Cato erwähnenswert. Der Volaterraner Aulus Cäcina, der zur Zeit des Cicero lebte, schrieb "De etrusca disciplina", woraus Seneca einige wichtige Abschnitte erhalten hat; ferner beschäftigte sich mit der etruskischen Sprache der Grammatiker und Historiker Verrius Flaccus, aus welchem wieder Festus die Mehrzahl seiner Notizen schöpfte, und Kaiser Claudius schrieb 20 Bücher "Tyrrhenischer Geschichten", die jedoch ebenfalls verloren sind. Viele wichtige Notizen sind auch von den alten Auslegern zu Vergils "Aeneis" aufbewahrt worden. Von neuern Schriften über E. sind außer Dempster ("De Etruria regali", 1726) und Gori ("Museum etruscum", 1737-43, 3 Bde.) die wichtigsten: Inghirami, Monumenti etruschi (Flor. 1825, 10 Bde.); O. Müller, Die Etrusker (Bresl. 1828, 2 Bde.; neue Ausg. von Deecke, Stuttg. 1877); Abeken, Mittelitalien vor den Zeiten der römischen Herrschaft nach seinen Denkmalen dargestellt (das. 1843); "Musei etrusci monumenta" (Prachtwerk, Rom 1842, 2 Bde.); Dennis, The cities and cemeteries of Etruria (2. Aufl., Lond. 1878, 2 Bde.; deutsch von Meißner, Leipz. 1851); Desvergers, L'Étrurie et les Étrusques (Par. 1864, 2 Bde.); Gray, History of Etruria (Lond. 1843-70, 3 Bde.); Taylor, Etruscan researches (das. 1874); Genthe, Über den etruskischen Tauschhandel nach dem Norden (Frankf. 1874).

Etrusker, die Bewohner Etruriens (s. d.).

Etruskisches Meer, s. Tyrrhenisches Meer.

Etsch (ital. Adige, bei den Römern Athesis), Fluß in Südtirol und Oberitalien, entspringt in den Rätischen Alpen auf dem Sattel der Reschenscheideck (1525 m) in Tirol, welcher ihr Stromgebiet von dem des Inn scheidet, durchfließt den Reschensee (1482 m