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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Eumeniden - Eunuch.

Er war ein Gönner der Künste und Wissenschaften, zog bedeutende Gelehrte und Künstler an seinen Hof, begründete die berühmte pergamenische Bibliothek und vollendete den großartigen Altar mit dem Gigantenfries.

Eumeniden, s. Erinnyen.

Eumenidenfest (Eumenideia), jährliche Feier der alten Athener zu Ehren der Eumeniden, wobei diesen trächtige Schafe, Kuchen und Trankopfer von Honig und Wein dargebracht wurden. Nur unbescholtene, frei geborne Bürger hatten bei dem Fest, mit Blumen bekränzt, Zutritt.

Eumenie (griech.), Wohlwollen, Güte, Huld.

Eumenius, einer der angesehensten röm. Redner der spätern Zeit, griechischer Abkunft, geboren um 250 n. Chr. zu Augustodunum (Autun) in Gallien, war Lehrer des Constantius Chlorus, folgte demselben als Sekretär längere Zeit auf seinen Kriegszügen und lebte später als Lehrer der Rhetorik in seiner Vaterstadt, um deren Schule er sich verdient machte. E. gehört zu den lateinischen Panegyrikern; doch zeigen die vier ihm beigelegten, noch erhaltenen Reden (296-311 für die Wiederherstellung der Schulen in seiner Vaterstadt an Constantius und Konstantin gerichtet), daß er sich übermäßiger Lobhudeleien enthielt. Sie finden sich gedruckt in Bährens' "Panegyrici veteres latini" (Leipz. 1874). Vgl. Brandt, E. und die ihm zugeschriebenen Reden (Freiburg 1882).

Eumerus, s. Schwebfliegen.

Eumetrie (griech.), Ebenmaß; eumetrisch, der E. entsprechend, ebenmäßig.

Eumolpiden, eine der vornehmsten Familien in Athen, von uralten Zeiten her im erblichen Besitz des Priestertums der Demeter zu Eleusis und Bewahrerin der ungeschriebenen Gesetze, wonach diejenigen gerichtet wurden, welche die Eleusinien entweiht hatten. Vgl. Eumolpos.

Eumolpos (der "schön Singende"), in der griech. Mythe ein in Eleusis eingewanderter Thraker, Sohn des Poseidon und der Chione, einer Tochter des Boreas, als Krieger, Priester der Demeter und Sänger gleich ausgezeichnet. Als zwischen den Eleusiniern und Athen ein Krieg entbrannte, leistete er erstern Hilfe, ward aber samt seinen Söhnen Phorbas und Immarados von Erechtheus (s. d. 2) erschlagen. Nach andrer Überlieferung fiel nur sein Sohn Immarados, und E. selbst schloß mit den Athenern einen Vergleich, dem zufolge Erechtheus in Athen als König herrschen, E. aber mit den Töchtern des Keleos dem Dienste der Demeter zu Eleusis vorstehen sollte. Daher wurde dem E. die Einführung der Eleusinischen Mysterien zugeschrieben und unter seinem Namen Schriften über dieselben verfaßt. Unter seinen Nachkommen, den Eumolpiden (s. d.), wurde die Würde des Hierophanten in Eleusis erblich. Nach alexandrinischen Dichtern war E. auch Lehrer des Herakles in der Musik und in den Mysterien, und nach Hygin gewann er bei den Leichenspielen für Pelias im Gesang (zu dem Flötenspiel des Olympos) den Preis.

Eumolpus, s. Blattkäfer.

Eumorphie (griech.), Wohlgestalt.

Eumusie (griech.), Schönheitsgefühl, Kunstsinn (Gegensatz: Amusie); eumusisch, kunstsinnig.

Eunapios, griech. Schriftsteller, geb. 346 n. Chr., aus Sardes in Lykien, wo er nach längerm Aufenthalt in Athen und in Ägypten als Arzt wirkte, schrieb als Anhänger der neuplatonischen Lehre eine Reihe Biographien von Philosophen und Sophisten, welche trotz ihrer Oberflächlichkeit und Parteilichkeit gegen das Christentum durch Notizen über einzelne, besonders neuplatonische, Philosophen nicht ohne Wert sind. Herausgegeben wurden sie unter andern von Boissonade, mit reichem kritischen Apparat (Amsterd. 1822). Außerdem lieferte E. eine Fortsetzung der Chronik des Dexippos in 14 Büchern, welche von der Regierung des Claudius Gothicus (270) bis zu der des Arcadius und Honorius (404) reichte. Einzelne Exzerpte davon haben sich in dem auf Veranlassung Konstantins VI. Porphyrogennetos ^[richtig: Konstantins VII. Porphyrogennetos] im 10. Jahrh. angelegten Geschichtskorpus erhalten (gedruckt in Boissonades Ausgabe des E.). Eine wesentliche Vermehrung erfuhren dieselben aber durch die von Angelo Mai in einer vatikanischen Handschrift entdeckten Stücke. Alle diese und die frühern finden sich in der Bonner Ausgabe der Byzantiner.

Eunectes, s. Riesenschlangen.

Eunomia (griech.), Gesetzlichkeit, gesetzlicher Zustand; als Personifikation eine der Horen, Tochter der Themis, Schwester der Dike und Eirene; daher eunomisch, gesetzlich.

Eunomius, Haupt der strengen Arianer oder Anomöer, gebürtig aus Kappadokien, Schüler des Aëtius, philosophisch gebildet, wurde 360 Bischof von Kyzikos. Von hier infolge seines Widerspruchs gegen die Unionsformel, welche der Kaiser Constantius hatte aufstellen lassen, vertrieben, lebte er abwechselnd in Konstantinopel und Chalcedon, bis unter Theodosius d. Gr. 381 seine Lehre endgültig verdammt und er selbst nach Niedermösien verwiesen wurde. Später kehrte er nach Dacora zurück, wo er um 399 starb. Vgl. Arianischer Streit.

Eunuch (griech., Verschnittener, Entmannter, Kastrat), im allgemeinen ein der Hoden, auch wohl des Penis beraubter, somit zur Zeugung unfähiger Mann (s. Kastration), im engern Sinn ein Verschnittener, dem im Orient die Obhut über den Harem anvertraut ist. In der Regel wird die Entmannung durch das zuverlässigste und einfachste Verfahren, Wegnehmen der Hoden, bewirkt, so namentlich bei den italienischen Kastraten; weil indes hiernach oft noch einige Erektionsfähigkeit des Gliedes, also Potentia coëundi, zurückbleibt, so wird einem großen Teil der orientalischen Eunuchen auch noch der Hodensack und der Penis weggenommen, eine Operation, welche der Mehrzahl der ihr Unterworfenen das Leben kostet, weshalb die Übrigbleibenden besonders teuer bezahlt werden. Im Altertum war auch noch eine einfachere, freilich unzuverlässigere Entmannungsmethode üblich, wobei die Hoden nicht weggenommen, sondern nur durch Reiben, Drücken und ähnliche Manipulationen mehr oder weniger zerstört wurden; die so Entmannten hießen Thlibiae, Thlasiae, Thladiae. Unter ihnen fand sich besonders häufig und vollkommener als bei andern die Potentia coëundi erhalten, und sie besonders wurden deshalb von den ausschweifenden römischen Frauen zu einer folgenlosen Befriedigung des Geschlechtstriebs gemißbraucht. Die Sitte, Eunuchen als Frauenwächter zu halten, ist eine Folge der Vielweiberei; in Ländern, wo Monogamie herrscht, kam sie nur vor, wenn asiatische Wollust eindrang, z. B. in der Zeit der römischen und byzantinischen Kaiser. Die Sitte der Entmannung zu dem angebenen Zweck scheint in Libyen ihren Ursprung gehabt und sich von dort über Ägypten nach dem Orient verbreitet zu haben. Syrien und Kleinasien waren in dieser Beziehung besonders berühmt. Am oströmischen Hof spielten die Verschnittenen eine große Rolle; sie waren häufig die Günstlinge der Kaiser und Großen, und der Name Eunuchos kommt daselbst sogar zur Bezeichnung eines Hofamtes