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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fleisch

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Fleisch (Zubereitung, Konservierung).

Fleischarten in betreff ihrer Verdaulichkeit in folgender Ordnung von der leichtest- bis zur schwerstverdaulichen Fleischart folgen: F. der Vögel, Säugetiere, Fische, Amphibien, Krebse, Austern. Zu bemerken ist hier noch, daß Pferdefleisch vorzüglichen Nahrungswert besitzt und eine gute Brühe liefert. Das F. junger Tiere ist im allgemeinen leichter verdaulich als das alter Tiere.

Zubereitung. Konservierung.

Für die Zubereitung hat man totenstarres F. zu vermeiden, welches nicht weich wird, während alles F. eine große Zartheit erlangt, welches schon eine etwas tiefer greifende Zersetzung erlitten hat. Diese Zersetzung ist beginnende Fäulnis, und in dem Zustand, in welchem das Wild häufig gegessen wird, ist dieselbe bereits bis zur Entwickelung übelriechender Gase vorgeschritten. Der Genuß eines in stärkere Fäulnis übergegangenen Fleisches kann leichtere, aber auch schwerere Erkrankungen und selbst den Tod herbeiführen (vgl. Wurstgift). Je nach der Art der Zubereitung des Fleisches erhält man ein Nahrungsmittel von sehr verschiedenem Ernährungswert. Beim Braten wird das F. ohne Wasser, aber häufig mit Fett erhitzt; es bildet sich durch Gerinnung des Eiweißes im Fleischsaft der oberflächlichen Teile eine Schicht, welche den Austritt des Fleischsafts verhindert. Das F. behält alle wertvollen Bestandteile, und die Bildung einer geringen Menge Essigsäure, die während des Bratens erfolgt, erhöht die Verdaulichkeit. Durch die Röstung der oberflächlichen Schicht entstehen Zersetzungsprodukte gewisser Bestandteile des Fleischsafts, welche den Wohlgeschmack erhöhen (vgl. Braten). Beim Dämpfen wird das F. durch die Einwirkung von Wasserdampf gar, und auch hierbei erfolgt im wesentlichen kein Verlust, welcher aber sich sehr bemerklich machen und die ganze Natur des Fleischstücks wesentlich beeinflussen kann, sobald man es mit viel Wasser, wie beim Kochen, behandelt. Legt man ein Stück F. in kaltes Wasser und erhitzt es langsam, so wird der Fleischsaft mehr oder weniger vollständig ausgezogen, und wenn man dann zum Kochen erhitzt, so verwandeln sich die leimgebenden Substanzen in Leim, und dieser geht gleichfalls in die Brühe über (vgl. Bouillon). Je kleiner das Stück F. ist, und je langsamer man es mit Wasser erhitzt, um so vollständiger ist die Auslaugung, um so kräftiger wird die Fleischbrühe, um so wertloser aber auch das Kochfleisch. Die Fleischfaser, von dem Fleischsaft entblößt, schrumpft zusammen und wird schwerer verdaulich; ihr Ernährungswert ist geringer, weil sie die zur Fleischbildung in dem Körper des Genießenden nötigen Salze nicht mehr vollständig enthält. Gute Fleischbrühe und gutes Kochfleisch lassen sich aus einem und demselben Stück F. nicht darstellen. Will man gutes Kochfleisch bereiten, so muß man das F. in das kochende Wasser bringen und dafür sorgen, daß dasselbe zunächst auch im Kochen bleibt. Dann gerinnt, wie beim Braten, das Eiweiß in den äußersten Fleischschichten und verhindert den Austritt des Fleischsafts. Das F. behält im wesentlichen seinen Nährwert, und nur die äußersten Fasern werden so nachteilig verändert wie bei der Bereitung der Fleischbrühe. Das Innere des Fleischstücks wird in seinem eignen Saft gar. Dazu aber ist die Siedetemperatur, welche die Fleischfaser hart macht, nicht nötig. Am besten bringt man das F. in lebhaft siedendes Wasser, unterhält diese hohe Temperatur indes nur einige Minuten (um die Gerinnung des Eiweißes in den äußern Schichten zu erreichen), fügt dann so viel kaltes Wasser hinzu, daß die Temperatur auf 70° C. sinkt, und erhält diese Temperatur mehrere Stunden lang, bis das F. mürbe geworden ist. Diese Zubereitungsart liefert eine Fleischspeise, welche allen Anforderungen entspricht und den möglichst großen Nutzen gewährt. Wird Fleischfaser in Berührung mit dem Fleischsaft in viel Wasser erhitzt, so quillt sie nach kurzer Zeit stark auf, wird mürbe und weich. Dies ist der richtige Zeitpunkt, an welchem das F. vom Feuer zu entfernen ist. Bei längerm Kochen schrumpft die Faser trotz des sie noch umgebenden Saftes zusammen, wird hart, hornartig und verliert ihre Verdaulichkeit; zugleich fließt der Fleischsaft aus. Das F. ist nun verdorben. Durch sehr langes Kochen kann man zwar die Faser abermals erweichen; allein sie ist dann trocken, lederartig, saft- und kraftlos. Bei der großen Veränderlichkeit des Fleisches sind Konservierungsmethoden von hoher Bedeutung. Handelt es sich, wie beim Fleischhandel, nur um Konservierung auf verhältnismäßig kurze Zeit, so wendet man am besten Kälte an. Man bringt das frisch geschlachtete und vorläufig an der Luft abgekühlte F. in geschlossene Räume, aus welchen ein Gebläse die Luft unter der Decke absaugt, um sie in einen Eisbehälter zu pressen, in welchem sie abkühlt und ihre Feuchtigkeit verliert, worauf sie in den Fleischraum zurückkehrt. Das F. wird schließlich mit Boraxpulver bestäubt, in passende Leinensäcke gebunden und in mit Eis gekühlten Eisenbahnwagen verladen. Ähnlich konserviert man das frische F. auf dem Transport von Amerika nach Europa und zwar unter Anwendung von natürlichem Eis oder Eismaschinen, mit denen in der Fleischkammer eine Temperatur von 1,5-3,5° erhalten wird. Auf längere Zeit läßt sich F. durch Kälte um so weniger konservieren, je häufiger es aus einem gekühlten Raum in den andern gebracht wird und inzwischen an die freie und wärmere Luft gelangt. Wo es das Klima gestattet, wie in Nord- und Südamerika, vielfach auch in Afrika, Kleinasien und in den Donaufürstentümern, trocknet man in Streifen geschnittenes F. an der Luft, bisweilen nachdem es vorher in Salzlösung getaucht oder mit Pfeffer und Knoblauch eingerieben worden war. Dieses getrocknete F. (Charque oder Charqui, Tassajo) wird z. B. in Südamerika von allen Klassen gern gegessen. Für Europa eignet sich dies F. nicht, weil es sehr salzreich ist, leicht Feuchtigkeit anzieht und dann fault, bei schärferm Trocknen aber spröde und ungenießbar wird. Viel größere Bedeutung besitzt das Appertsche Verfahren, und das nach demselben konservierte australische Büchsenfleisch spielt bereits bei Verproviantierung der Schiffe und im Krieg eine große Rolle. Es besitzt den vollen Nährwert des Fleisches, und da es gutes F. im eignen Saft gekocht repräsentiert, so ist es auch von großem Wohlgeschmack. Dagegen zeigt es eine sehr derbe Faserung, weil es stark erhitzt worden war und von Tieren stammt, die in der Freiheit aufwuchsen. Auf europäischem Markt stellt sich das Büchsenfleisch teurer als bestes frisches Mastochsenfleisch. Große Verbreitung hat in neuerer Zeit schwach gepökeltes nordamerikanisches F. als Corned beef, welches wohl nach einem dem Appertschen ähnlichen Verfahren konserviert wurde, in Europa gefunden. Mit dem Appertschen Verfahren stimmen im Prinzip die Vorschläge überein, nach welchen man das F. durch Überziehen mit Paraffin, Verpacken in Schmalz oder Gelatine konservieren soll. Ein derartig konserviertes F. ist der Pemmican, getrocknetes, zerkleinertes und mit Fett gemischtes F. In neuerer Zeit gewinnen die Chemikalien immer größere Bedeutung für die Konservierung des Flei-^[folgende Seite]