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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Friede

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Friede (Friedensschlußformalitäten).

hauses aus allerhöchstem Vertrauen, 1873 Unterstaatssekretär im Justizministerium, 1875 Kronsyndikus. Er beteiligte sich schon an der Gesetzgebung des Jahrs 1846, durch welche für Preußen das mündliche und öffentliche Verfahren in Untersuchungssachen geschaffen wurde, und ist seitdem fast ununterbrochen legislatorisch thätig gewesen. Sein Hauptverdienst erwarb er sich als Schöpfer des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (nachmaligen Reichsstrafgesetzbuchs), welches wesentlich durch seine Energie in unglaublich kurzer Zeit (1870) zu stande kam, nachdem ihm 1868 die Aufstellung des ersten Entwurfs übertragen war. Auch nahm er an den Beratungen über das Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich als Mitglied der Immediatkommission und Bundeskommissar hervorragenden Anteil und verfaßte den "Entwurf einer deutschen Strafprozeßordnung" (Berl., im Januar 1873). Nach Annahme der wesentlich durch ihn zu stande gekommenen Justizgesetze im Reichstag 21. Dez. 1876 wurde er zum Staatssekretär des Reichsjustizamts (Reichsjustizminister) und 30. Okt. 1879 an Leonhardts Stelle zum preußischen Staats- und Justizminister ernannt.

2) Emil Albert, Kirchenrechtslehrer, geb. 22. Dez. 1837 zu Konitz in Westpreußen, studierte seit 1856 in Berlin und Heidelberg die Rechte, habilitierte sich 1862 in Berlin als Privatdozent, wurde 1865 außerordentlicher Professor in Halle, folgte 1868 einem Ruf als ordentlicher Professor nach Freiburg und wirkt als solcher seit 1869 in Leipzig, wo er 1881 zum Geheimen Hofrat ernannt wurde. In dem Streit zwischen Staat und Kirche ist er einer der bedeutendsten Vorkämpfer der staatlichen Oberhoheit, wie er denn auch bei den preußischen Kirchengesetzen von 1872 in einflußreicher Weise beteiligt war. Bereits in seiner Inauguraldissertation "De finium inter ecclesiam et civitatem regundorum judicio" (Leipz. 1861) trat er für die Rechte des Staats über die Kirche ein, und die gleiche Tendenz verfolgte er in seinen übrigen zahlreichen Schriften: "Ehe und Eheschließung im deutschen Mittelalter" (Berl. 1864); "Das Recht der Eheschließung in seiner geschichtlichen Entwickelung" (Leipz. 1865); "Die evangelische und katholische Kirche der neu einverleibten Länder in ihren Beziehungen zur preußischen Landeskirche und zum Staat" (Halle 1867); "Aus deutschen Bußbüchern" (das. 1868); "Das Veto der Regierungen bei Bischofswahlen" (das. 1869); "Agende, wie es in des Kurfürsten zu Sachsen Landen in den Kirchen gehalten wird" (das. 1869); "Die Geschichte der Zivilehe" (Berl. 1870); "Der Staat und die katholische Kirche im Großherzogtum Baden" (Leipz. 1871, 2. Aufl. 1874); "Das Deutsche Reich und die katholische Kirche" (das. 1872); "Die Grenzen zwischen Staat und Kirche" (Tübing. 1872); "Sammlung der Aktenstücke zum ersten vatikanischen Konzil" (das. 1872); "Die preußischen Gesetzentwürfe über die Stellung der Kirche zum Staat" (Leipz. 1873); "Johannes Baptista Baltzer" (das. 1873); "Der Staat und die Bischofswahlen in Deutschland" (das. 1874); "Aktenstücke, die altkatholische Bewegung betreffend" (Tübing. 1876); "Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts" (Leipz. 1879, 2. Aufl. 1884); "Das Collegium Juridicum" (das. 1882); "Die geltenden Verfassungsgesetze der evangelischen deutschen Landeskirche" (Freib. i. Br. 1885). F. redigiert seit 1864 mit R. Dove die "Zeitschrift für Kirchenrecht" und besorgte eine neue kritische Ausgabe des "Corpus juris canonici" (Leipz. 1879-81, 2 Tle.) und der "Quinque compilationes antiquae" (das. 1882).

Friede (Frieden, lat. pax, franz. la paix, engl. peace), Gegensatz von Krieg oder Streit überhaupt, also im allgemeinen der durch absichtliche Menschengewalt nicht gestörte Zustand der Ordnung und Ruhe im Leben des Einzelnen wie im Leben der Völker. Sodann wird F. gleichbedeutend gebraucht mit Friedensschluß, Friedensvertrag. Unter diesem versteht man einen feierlichen Vertrag, wodurch zwei oder mehrere Staaten den Krieg unter sich für beendigt erklären und fernern Gewaltthätigkeiten ein Ziel setzen, ohne daß einer sich in völlige Abhängigkeit vom andern begibt; hierdurch unterscheidet sich der Friedensschluß von der Eroberung. Der F. soll den Streit definitiv beseitigen, denn sonst wäre er nur ein Waffenstillstand. Dem wirklichen Abschluß des Friedens gehen Friedensverhandlungen, Friedenstraktate, voraus, wozu die ersten einleitenden Schritte entweder von den kriegführenden Teilen selbst und zwar sowohl von dem besiegten als von dem siegenden offen oder insgeheim gethan werden, oder von dritter Seite aus geschehen, indem eine oder mehrere neutrale Mächte zur Vermittelung (médiation, bona officia) sich entweder anbieten, oder dazu eingeladen werden. Eine bewaffnete Mediation kommt dann vor, wenn der intervenierende Staat durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogen ist und ebendarum ein besonderes Interesse an der Beendigung des Kriegs hat. Die Verhandlungen werden sodann, je nach den Umständen und der Beschaffenheit des Gegenstandes, den sie betreffen, entweder bloß zwischen den Gesandten der streitenden Mächte, mögen dieselben bei einer dritten vermittelnden Macht bereits akkreditiert sein oder zur Betreibung des Friedenswerkes sich an einem bestimmten Ort eigens (Friedenskongreß) versammeln, oder unter Teilnahme dritter, vermittelnder oder alliierter oder irgendwie am Streit beteiligter Mächte gepflogen. Diese Unterhandlungen können auf zweifache Weise stattfinden: in Konferenzen, wenn die Unterhändler sich in förmlichen Sitzungen versammeln, oder in schriftlichen Verhandlungen (ministerielle Korrespondenz). Nicht so leicht werden sie unmittelbar zwischen den beiderseitigen Souveränen gepflogen; ein solcher singulärer Fall ist der 1859 zwischen den Kaisern von Österreich und Frankreich zu Villafranca vereinbarte F. Das Ergebnis der Friedensverhandlungen wird nach der Zahl der an den Verhandlungen teilnehmenden Mächte in einem oder mehreren Friedensinstrumenten niedergelegt. Das Friedensinstrument enthält neben der feierlichen Versicherung, daß unter den betreffenden Staaten künftighin F. sein solle, die Motive zum Friedensvertrag, die Namen der Gesandten, deren Vollmachten und dann in besondern Artikeln (Friedensartikeln) die Bedingungen, unter welchen die beteiligten Mächte den Streit ruhen lassen und Frieden schließen wollen, also die nötigen Bestimmungen vornehmlich über die künftigen Grenzen und die sonstigen Rechtsverhältnisse der betreffenden Staaten, daneben über Auswechselung der Gefangenen, Amnestie und andre etwanige Nebenpunkte, zuletzt Datum und Unterschriften. Oft werden neben dem allgemeinen oder Hauptinstrument noch besondere entweder über die nur einzelne Mächte betreffenden Punkte oder über ganz spezielle Interessen errichtet (Neben- oder Zusatzvertrag, convention additionnelle) oder auch Accessionsurkunden der mitbeteiligten Mächte beigefügt. Endlich werden dem Friedensinstrument zuweilen auch besondere (geheime) Artikel angehängt, welche gar nicht oder wenigstens nicht sogleich zur öffentlichen Kenntnis ge-^[folgende Seite]