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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gaetano; Gaffel; Gafori; Gafsa; Gagarin; Gagat; Gage; Gagel; Gagelsträucher; Gagern

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Gaetano - Gagern.

publikanern besetzt, aber schon 5. Juli wieder an den König von Neapel übergeben. 1806 ward es von den Franzosen unter Masséna belagert, bis eine gefährliche Verwundung den heldenmütigen Verteidiger, den Prinzen Ludwig von Hessen-Philippsthal, nötigte, sich nach Sizilien überschiffen zu lassen, worauf die Festung 18. Juli kapitulierte. 1815 wurde die Festung, welche damals nur 1000 Mann Besatzung unter dem Obersten Begani hatte, drei Monate lang von den Österreichern belagert und kapitulierte 25. August. Im J. 1848 flüchtete Papst Pius IX. nach G. und residierte hier vom 25. Nov. 1848 bis zum 4. Sept. 1849. In dieser Zeit war G. der Sammelplatz mehrerer Fürsten, so des Königs von Neapel und des geflüchteten Großherzogs von Toscana. Nachdem Garibaldi 7. Sept. 1860 Neapel in Besitz genommen hatte, zog sich König Franz II. mit den ihm treu gebliebenen 40,000 Mann hinter die Linie des Volturno zurück und wurde mit ca. 12,000 Mann in die Festung G. eingeschlossen. Nachdem durch den Abzug der französischen Flotte die Beschießung auch von der Seeseite möglich geworden war, wurde G. nach tapferm Widerstand, bei dem sich die Königin Marie besonders hervorthat, zuletzt durch Mangel an Lebensmitteln und Kriegsmunition, Seuchen und ein furchtbares Bombardement 13. Febr. 1861 zur Kapitulation gezwungen.

Gaetano, Stifter des Theatinerordens, s. Cajetan 1).

Gaffel, in Oberdeutschland s. v. w. Abgabe, besonders Abzugsgeld (vgl. Gabella); dann Zunft, Gilde; daher Gaffelbruder, Gildebruder, Zunftmitglied; Gaffelherren, Ratsherren, welche den Zunftversammlungen beiwohnen; Gaffelknecht, Jungmeister der Zunftdiener; Gaffelmeister, Obermeister, Zunftältester.

Gaffel, eine Segelstange, welche ziemlich diagonal und, wenn in normaler Lage, längsschiffs hinter dem Mast hängt und dazu dient, die obere Seite eines Gaffelsegels (s. Takelage) auszuspannen; das Ende, womit sie am Mast anliegt, schließt in Gabelform ab (woher der Name), und diese Gabel (Mick) umfaßt den Mast. Die G. vertritt die Stelle einer Raa und ist mit zwei Tauen (Fallen, Piekfall und Klaufall) versehen, die dazu dienen, die G. mit dem Segel hinten am Mast hinaufzuziehen; seitwärts wird die G. durch die Geerden bewegt, welche den Brassen eines Raasegels entsprechen. Vgl. Segel.

Gafori, Franchino, bedeutender ital. Musiktheoretiker, geb. 14. Jan. 1451 zu Lodi, machte theologische und musikalische Studien, schloß sich 1477 in Verona dem flüchtigen Dogen von Genua, Prosper Adorno, an und begleitete ihn nach Neapel, wo er mit namhaften Musikern, wie J. ^[Johannes] Tinctoris u. a., verkehrte, ging aber nach einigen Jahren der Pest wegen nach Oberitalien zurück. Seit 1484 als Chorkantor am Dom zu Mailand, zugleich als Kapellsänger des Herzogs Ludovico Sforza angestellt, starb er 24. Juli 1522 daselbst. Seine Schriften, die für die Geschichte der Theorie große Bedeutung haben, sind: "Theoricum opus musicae disciplinae" (1480, 2. Aufl. 1492), von der antiken Musiktheorie und der Solmisation handelnd; "Practica musicae sive musicae actiones in IV libris" (1496, 4. Aufl. 1512), sein Hauptwerk; "Angelicum ac divinum opus musicae" (1508), ein kurzer Abriß der Musiklehre; "De harmonia musicorum instrumentorum opus" (mit Biographie Gaforis, 1518) u. a.

Gafsa, Stadt im südlichen Tunis, nördlich vom Schott el Dscherid, in einer 10 qkm großen, äußerst fruchtbaren Oase, mit prachtvollen Wäldern von Dattelpalmen, in deren Schatten die verschiedensten Obstbäume und Kulturen gedeihen, und 3-4000 Einw. (davon ein Viertel Juden), welche Ackerbau, Schafzucht und Verfertigung sehr gesuchter Burnusse betreiben. Die Kasbah ist eine ungeheure, aber verfallende Festung. G. ist das alte Capsa, wo Jugurtha seine Schätze aufbewahrte.

Gagarin, fürstliche Familie in Rußland: Matwei Petrowitsch G., Generalgouverneur von Sibirien unter Peter I., wurde beschuldigt, sich zum unabhängigen Herrscher von Sibirien haben machen zu wollen, und 17. Juni 1721 in St. Petersburg gehenkt. - Alexander Iwanowitsch G., russischer General, 1847 Gouverneur von Kutais, zeichnete sich im Krimkrieg aus, wurde 16. Juni 1854 bei Tscholok schwer verwundet und 1857 vom Fürsten von Swanetien, Konstantin Dadaschkalien, den er gefangen nach Tiflis bringen sollte, ermordet. - Paul Pawlowitsch, 1858 Mitglied der Kommission für Aufhebung der Leibeigenschaft, 1864 Präsident des Ministerkonseils, starb 1872 in Petersburg.

Gagat (Gagatkohle, Pechkohle, schwarzer Bernstein, schwarzer Agtstein, franz. Jais, engl. Jet), schwarze, glänzende, muschelig brechende, sehr bituminöse Braunkohle aus Böhmen, Steiermark, England, Planitz, Zwickau, Württemberg, Schomberg, Ohmden, Balingen, Bole, Baden, Hannover, Asturien und dem Departement de l'Aude, läßt sich feilen, drechseln, nimmt schöne Politur an und wird zu Schmucksachen verarbeitet. Sehr häufig sind Surrogate aus Glas (Lavaschmuck), welche viel schwerer sind als G., solche aus gehärtetem Kautschuk, welche minder schönen Glanz besitzen und zerbrechlicher sind, und aus gehärtetem Steinkohlenteerpech.

Gage (franz., spr. gahsche), Pfand; Gehalt, Besoldung, besonders der Offiziere und in Offiziersrang stehenden Militärbeamten der österreichischen Armee (im Gegensatz zur Löhnung der Unteroffiziere und Gemeinen) sowie der Schiffskapitäne, wenn diese nicht selbst Schiffseigentümer sind (im Gegensatz zur Heuer, der Bezahlung des übrigen Schiffsvolks); ferner die Besoldung von Schauspielern, Opernsängern etc. Gagist, einer, der G., festen Gehalt, bezieht.

Gagel, Pflanze, s. Myrica.

Gagelsträucher, s. Myrikaceen.

Gagern, 1) Hans Christoph Ernst, Freiherr von, politischer Schriftsteller und Staatsmann, geb. 25. Jan. 1766 zu Kleinniedesheim bei Worms, studierte in Leipzig und Göttingen Rechts- und Staatswissenschaften, trat 1786 in den nassau-weilburgischen Staatsdienst, ward 1791 Gesandter beim Reichstag, dann in Paris und bald darauf Geheimrat und Regierungspräsident. Napoleons I. Dekret, daß kein auf dem linken Rheinufer Geborner in einem nicht zum französischen Reiche gehörenden Staat ein öffentliches Amt bekleiden dürfe, zwang ihn, 1811 seine Entlassung zu nehmen. Er begab sich nach Wien, wo er mit Hormayr und dem Erzherzog Johann in genauer Verbindung stand und an den Entwürfen zum neuen Aufstand der Tiroler 1812 thätigen Anteil nahm. Deshalb 1813 aus Österreich ausgewiesen, begab er sich in das preußisch-russische Hauptquartier und dann nach England, wo er in die Dienste des Prinzen von Oranien trat und für dessen Restitution in den Niederlanden eifrig thätig war. Hierauf ernannte ihn der neue König der Niederlande zum leitenden Minister der oranischen Fürstentümer in Deutschland. 1815 wohnte er als Gesandter des Königs der Niederlande dem Wiener Kongreß bei und erwirkte