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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Garwolin; Garz; Gas; Gasaland; Gasäther; Gasbäder; Gasbeleuchtung; Gascogne

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Garwolin - Gascogne.

(1881) 345,629 Einw. Im mittlern Himalaja, von der chinesischen Grenze südlich bis zum 3.° nördl. Br., gelegen, schließt G. Berge von über 7750 m Höhe ein und ist das Quellgebiet des Ganges und der Dschamna. Die Waldungen erfreuen sich einer besondern Fürsorge der Regierung. Unter den Handelspflanzen kommt dem Thee große Bedeutung zu. In den Hochthälern bildet Viehzucht mit dem Tragen der Waren von Indien nach Tibet und umgekehrt die Hauptbeschäftigung der Einwohner, die zum größern Teil aus Radschputen, im übrigen aus Brahmanen bestehen. Sie sind fügsam und nehmen gern Dienste in den Polizeikorps der Ebenen. Ihre Religion ist ein mit abergläubischen Gebräuchen stark durchsetzter Brahmanismus, im N. der Buddhismus; die Sprache ist ein verderbtes Hindi, im N. Tibetisch. Die Gebirgswege, früher nur mit Lebensgefahr gangbar, sind unter der englischen Verwaltung in gute Saumwege umgewandelt, der verbesserte sogen. Hindostanisteig überschreitet den Gebirgskamm in dem 5119 m hohen Nitipaß (s. Karte "Zentralasien"). Sitz der englischen Lokalverwaltung ist Srinagar. Zur Zeit der Mogulkaiser zu Dehli geriet G. in Abhängigkeit von Nepal, von dem es 1815 an England abgetreten wurde.

2) Engl. Vasallenstaat, westlich vom englischen Distrikt G., nach seiner 487 m ü. M. gelegenen Hauptstadt auch Tehri oder Tiri genannt, 10,826 qkm (327 QM.) groß mit (1881) 199,836 Einw., wirft für seinen Fürsten, einen Radschputen vom Suradschbansistamm (Hindu der Religion nach), ein jährliches reines Einkommen von 160,000 Mk. ab. Als Quellgebiet des Ganges ist das Land, das im N. an Tibet grenzt und hier Bergriesen von 6-7000 m Höhe enthält, während es im S. noch Teile des äußern Himalaja einschließt, von frommen Pilgern aus Indien vielfach besucht. An zahlreichen heilig gehaltenen Stellen, vielfach mit heißen Quellen (darunter die 89° C. heiße Quelle von Dschamnotri), halten Brahmanen reiche Ernte. Die wertvollen Waldungen bewirtschaftet die englische Forstverwaltung gegen Pacht an die fürstliche Kasse.

Garwolin, Kreisstadt im polnisch-russ. Gouvernement Sjedlez, hat Getreidehandel u. (1881) 14,617 Einw.

Garz, 1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin, Kreis Randow, an der Oder, hat ein Amtsgericht, zwei Kirchen, ein Gymnasium, Tabaks- und Ackerbau, Zigarrenfabrikation und (1885) 4517 evang. Einwohner. G. erhielt 1249 Stadtrecht, ward im Dreißigjährigen Krieg von den Kaiserlichen stark befestigt, von den Schweden aber zerstört und geschleift und von den Russen 1713 niedergebrannt. -

2) Stadt auf der preuß. Insel Rügen, Regierungsbezirk Stralsund, mit (1885) 1970 evang. Einwohnern. Hier ist der Burgwall der alten Feste Charenza (Karentia), die nebst dem berühmten Götzentempel 1168 von dem dänischen König Waldemar I. zerstört wurde, und in dessen Nähe das heutige G. sich erhob, welches 1319 Stadtrecht erhielt.

Gas, s. v. w. Luftart, s. Gase; insbesondere s. v. w. Leuchtgas (s. d.); ölbildendes G., s. v. w. schweres Kohlenwasserstoffgas, Äthylen. - Das Wort G., flandrischen Ursprungs (vom deutschen gäschen, gischen), wurde zuerst von van Helmont (s. d.) gebraucht, um damit luftartige Stoffe von der gewöhnlichen atmosphärischen Luft zu unterscheiden.

Gasaland (Umzilas Reich), großes Gebiet in Südostafrika, westlich von Sofala und Inhambane, von dem bedeutenden Flusse Sabi, der an seiner Mündung ein großes Delta bildet, vom Bosi u. a. durchzogen, ein im nördlichen Teil bergiges (Urobi und Silindi 1220, Schimanimani und Gundi-Inyanya 1370 m) und bewaldetes, im S. ebenes und sandiges Land, das von verschiedenen Bantuvölkern (Umhlenga, Mindongwe u. a.) bewohnt wird, welche vornehmlich Viehzucht, Ackerbau aber wenig treiben. Das Land wurde 1872 und 1873-75 von St. Vincent Erskine erforscht.

Gasäther, der flüchtigste Bestandteil des Petroleums, welcher ungemein leicht verdampft und mit sehr heller Flamme brennt, dient zum Karburieren von Leuchtgas und zum Betrieb von Gaskraftmaschinen, wo für diesen Zweck kein Leuchtgas zur Verfügung steht.

Gasbäder bestehen darin, daß der Badende, anstatt in einer Flüssigkeit, sich in einer an kohlensaurem Gas reichen Atmosphäre aufhält. Gewöhnlich jedoch werden die G. örtlich in Form der kohlensauren Gasdouche angewendet, wobei ein Strahlkohlensauren Gases unter verhältnismäßig hohem Druck auf den leidenden Körperteil gerichtet wird. Die Kohlensäure, welche bei den Gasbädern und Gasdouchen Verwendung findet, stammt aus natürlichen, an diesem Gas reichen Mineralwässern und soll reizend (auf alte Geschwüre, Schlaffheit des Uterus) wirken. Das bekannteste Gasbäder-Etablissement Deutschlands befindet sich in Rehme (Öynhausen in Westfalen), sein Ruf scheint jedoch größer als der innere Wert der betreffenden Heilmethode zu sein. Mit den Gasbädern dürfen nicht verwechselt werden die Soldunstbäder, bei denen eine mit Wasserdampf gesättigte, von suspendierten Salzteilchen geschwängerte kohlensäurereiche Luft kurmäßig eingeatmet wird. Vgl. Inhalationskuren.

Gasbeleuchtung, s. Leuchtgas.

Gascogne (spr. -konnj, Vasconia), alte Landschaft im südwestlichen Frankreich, hat ihren Namen von den Basken (Vaskonen), welche, in der Mitte des 6. Jahrh. von den Westgoten aus ihren Wohnsitzen am südlichen Abhang der Pyrenäen verdrängt, sich in dem frühern römischen Distrikt Novempopulania zwischen der Garonne, dem Atlantischen Ozean und den Westpyrenäen niederließen. Sie umfaßte somit die heutigen Departements Landes, Gers und Oberpyrenäen sowie den südlichen Teil von Obergaronne, Tarn-et-Garonne und Lot-et-Garonne und zerfiel in eine Menge kleinerer Landschaften, als: Comminges (Hauptort: Muret), Nébouzan (St.-Gaudens) und Couserans (Massat), Bigorre (Tarbes), Armagnac (Auch), Astarac (Mirande), Lomagne (Lectoure), Condomois (Condom), Chalosse (St.-Sever), die Landes (Dax), Tursan (Aire), Soule (Mauléon) und Labourd (Bayonne). Das Gesamtareal des Landes beträgt 25,990 qkm (472 QM.; vgl. die einzelnen Departements). Die Bewohner der G. (Gascogner), etwa 1 Mill. zählend, haben ihre interessante Volkstümlichkeit sowohl in ihrer äußern Erscheinung als auch in Sprache und Sitten und ihren gutmütigen Charakter bis heute bewahrt. Der Gascogner ist klein und mager, aber nervig, hat feine Züge, heißes Blut und eine lebhafte Einbildungskraft. Er besitzt Ehrgeiz und Unternehmungsgeist, ist aber aufbrausend, eitel und sehr zur übertreibung geneigt. Daher das Wort Gasconade als Bezeichnung für eine harmlose Aufschneiderei. Im übrigen charakterisieren ihn Geistesschärfe, Geschicklichkeit, Heiterkeit, Ausdauer; auch ist er ein guter Soldat. Doch paßt diese Signatur vollständig nur auf die Gascogner des Gersdepartements; die Bauern der Landes, in Erdhütten wohnend, sind ganz unkultiviert und äußerst unwissend, aber gut und ehrlich. -^[GEDANKENSTRICH]