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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geißlersche Röhre

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Geißlersche Röhre (Erscheinungen in mäßig und in stark verdünnter Luft).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Geißler'

Anmerkung: Fortsetzung von Nummer 2)

Weltruf. Er war auf dem Gebiet der physikalischen Mechanik ein außerordentlich fruchtbarer Erfinder und lieferte den Forschern die vortrefflichsten Instrumente und Hilfsapparate. Seine hervorragendste Leistung ist die Erfindung der nach ihm benannten Röhren, an welche sich die Neuerfindung der Quecksilberluftpumpe knüpft. Zur Untersuchung der alkoholhaltigen Flüssigkeiten konstruierte er das Vaporimeter. 1868 ernannte ihn die Universität Bonn zum Doktor honoris causa. Er starb 24. Jan. 1879 in Bonn.

Geißlersche Röhre (von dem Glaskünstler Geißler ausgeführt, von Plücker angegeben) nennt man eine zugeschmolzene Glasröhre, welche ein sehr verdünntes Gas enthält, und in welche an geeigneten Stellen eingeschmolzene Platin- oder Aluminiumdrähte hineinragen, welche außerhalb mit Ösen zum Einhängen von Zuleitungsdrähten versehen sind. Von den zahlreichen und mannigfaltigen Formen, welche man diesen Röhren zu geben pflegt, ist eine der einfachsten in Fig. 1 dargestellt.

Fig. 1. Geißlersche Röhre.
Textfigur: Fig. 1. Geißlersche Röhre.

Verbindet man die an ihren Enden eingeschmolzenen Platindrähte, welche man Elektroden nennt, mit den Polen eines Funkeninduktors (s. Induktion) oder den Elektroden einer Influenzmaschine (s. d.), so entwickelt sich in der Röhre eine prachtvolle Lichterscheinung. Befindet sich mäßig (z. B. auf 1/300) verdünnte Luft in der Röhre, so erscheint der negative Pol von einer zarten tiefblauen Lichthülle, dem Glimmlicht, umgeben; vom positiven Pol aber ergießt sich eine pfirsichblütrote Lichtgarbe durch die ganze Röhre fast bis zur negativen Lichthülle, bleibt aber von dieser durch einen dunkeln Zwischenraum getrennt; diese Garbe zeigt sich häufig, namentlich wenn Dämpfe von Terpentinöl, Schwefelkohlenstoff oder andre brennbare Gase in der Röhre gegenwärtig sind, in eine Reihe abwechselnd heller und dunkler Schichten zerlegt, welche zur Achse der Röhre senkrecht stehen und in wellenartiger Bewegung vom positiven nach dem negativen Pol fortzuschreiten scheinen. Einem genäherten elektrischen Strom oder einem Magnet gegenüber verhält sich der positive Strom wie ein beweglicher Stromleiter; er wird z. B. von einem Magnet abgelenkt nach denselben Gesetzen wie ein beweglicher Leitungsdraht (s. Elektrodynamik) und kann in fortgesetzte Umdrehung um einen Magnet versetzt werden. Hierzu dient am bequemsten die Vorrichtung Fig. 2; in ein eiförmiges Glasgefäß, in welchem die Luft (mittels einer Quecksilberluftpumpe) hinreichend verdünnt ist, ragt ein mit einer Glashülle bedeckter Eisenstab E hinein; der Lichtstrom ergießt sich parallel zum Eisenstab zwischen den beiden Platinelektroden, deren eine (a) am obern Ende des Eies angebracht ist, während die andre (b) weiter unten den Eisenstab ringförmig umgibt; stellt ↔ man das Ei auf den Pol eines Elektromagnets M, so wird der Eisenstab magnetisch, und der Lichtstrom dreht sich nun um ihn in derselben Weise, wie sich ein drehbar aufgehängter Leitungsdraht um einen Magnet drehen würde; die Richtung der Drehung kehrt sich um, wenn man mittels des Kommutators K die Pole des Elektromagnets wechselt.
Textfigur: Fig. 2. Obgleich eine G. R. ihr sanftes Licht ohne Unterbrechung auszustrahlen scheint, so besteht dasselbe doch nur aus einer raschen Reihenfolge sehr kurz dauernder einzelner Entladungen, deren Bilder, wenn sie in unserm Auge auf dieselbe Stelle der Netzhaut fallen, zu einem einzigen ununterbrochenen Lichteindruck verschmelzen; versetzt man aber die Röhre vermittelst einer Schwungmaschine in rasche Umdrehung um ihr eines Ende, so fallen die Bilder der einzelnen Entladungen auf verschiedene Stellen der Netzhaut, und man erblickt einen aus vielen leuchtenden Röhren gebildeten prachtvollen Stern. Die Farbe des positiven Lichtstroms ist je nach der Beschaffenheit des in der Röhre enthaltenen Gases verschieden, z. B. in Wasserstoffgas purpurrot, in Kohlensäure grünlich. Immer aber ist sein Licht reich an jenen violetten und ultravioletten Strahlen, welche das als "Fluoreszenz" bezeichnete Selbstleuchten des Glases hervorzurufen im stande sind; indem man Teile der Röhre aus stark fluoreszierenden Glassorten, z. B. dem hellgrün leuchtenden Uranglas, in zierlichen Formen herstellt, wird die Pracht und Mannigfaltigkeit der Lichterscheinungen noch bedeutend gesteigert.

Fig. 3.
Textfigur: Fig. 3.

Wird die Luft in einer Röhre weiter verdünnt als in den gewöhnlichen Geißlerschen Röhren, so dehnen sich das bläuliche negative Licht und der dunkle Raum, der es vom positiven Lichte trennt, immer weiter aus, das positive Licht aber zieht sich zurück und verschwindet endlich ganz. Jener dunkle Raum läßt sich sehr schön zeigen mit Hilfe der von Crookes angegebenen Röhre (Fig. 3), die in der Mitte eine runde Platte aus Aluminiumblech als negativen Pol und an den Enden eingeschmolzene Drähte enthält, welche mit dem positiven Pol des Funkeninduktors verbunden werden;

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 30.