Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gerade Zahl; Geradflügler; Geradführung

155

Gerade Zahl - Geradführung.

Gerade Zahl, eine ganze, durch Zwei ohne Rest teilbare Zahl. Ist eine g. Z. durch Vier teilbar, so heißt sie doppeltgerade.

Geradflügler (Helmkerfe, Kaukerfe, Orthopteren, Orthoptera; hierzu Tafel "Geradflügler"), Ordnung der Insekten, umfaßt Kerbtiere mit beißenden Mundteilen, zwei ungleichen, geäderten Flügelpaaren und unvollkommener Metamorphose. Der Kopf trägt meist lange, vielgliederige Fühlhörner; die Unterlippe (Fig. 5) zeigt deutlich ihre Zusammensetzung aus zwei Hälften und bewahrt so die ursprüngliche Gestalt eines zweiten Unterkieferpaars. Die Vorderflügel sind schmal und zuweilen lederartig hart zum Schutz des Rückens und der Hinterflügel, die dünn und breit sind und sich der Länge nach zusammenfalten lassen. Die Beine dienen zum Schreiten, Laufen oder Springen. Der langgestreckte Hinterleib sitzt stets in seiner ganzen Breite an der Brust fest und endet mit zangen-, griffel- oder fadenförmigen Anhängen. Die Augen sind vielfach sehr groß, auch sind meist Nebenaugen (Ocellen) vorhanden (s. Figur). In einzelnen Fällen (Heuschrecken) existieren Stimm- und Gehörorgane; die zirpenden oder schrillenden Töne werden, und zwar fast nur von den Männchen, durch Reiben der mit gezahntem Rand versehenen Hinterschenkel an den Flügeldecken oder auch durch Reiben der letztern aneinander (nach Art des Geigenspiels) hervorgebracht. Das Weibchen besitzt oft eine Legescheide zum Ablegen der Eier in die Erde. Die Jungen sind flügellos, aber den Erwachsenen bereits sehr ähnlich und durchlaufen eine Anzahl Häutungen, so daß die Geschlechtsreife oft erst nach einigen Jahren erreicht wird. Die Nahrung der Larven und des vollkommenen Insekts ist vegetabilischer, animalischer oder gemischter Natur. Schmarotzer sind unter den Geradflüglern nicht bekannt. - Fossil treten die G. schon im Devon und in der Kohle auf. Die Anzahl der bekannten lebenden Arten beträgt mehrere Tausend; die Tiere selbst sind zum Teil von ansehnlicher Größe (bis zu 30 cm) und schöner Färbung. Manche sind in auffallendster Weise ihrer Umgebung angepaßt, so daß sie nur schwer sichtbar werden (z. B. das Wandelnde Blatt, die Stabheuschrecken). - Früher rechnete man zur Ordnung der G. verschiedene Familien, die man neuerdings unter dem Namen der Falschnetzflügler (s. d.) oder Pseudoneuroptera zu einer selbständigen Ordnung erhoben hat. Die eigentlichen G. zerfallen in: 1) Läufer (Cursoria) mit Laufbeinen; hierher die Ohrwürmer (s. d.) und Schaben (s. d.); 2) Schreiter (Gressoria) mit Schreitbeinen; hierher die Fangheuschrecken und Gespenstheuschrecken (s. d., Phasmidae), nur in wärmern Gegenden; die flügellosen Formen gleichen verdorrten Zweigen, die geflügelten trocknen Blättern; 3) Springer (Saltatoria) mit verdickten Hinterschenkeln; hierher die Feldheuschrecken, Laubheuschrecken und Grabheuschrecken (s. Heuschrecken). Vgl. die Abbildungen auf beifolgender Tafel.

^[Abb.: Mundteile der Blatta. Fig. 1. Kopf von vorn, a Ocellen (Nebenaugen), b Maxillartaster, c Lippentaster. Fig. 2. Oberlippe. Fig. 3. Oberkiefer (Mandibel). Fig. 4. Unterkiefer (Marille), a ihr Taster Fig. 5. Unterlippe (Labium), aus zwei Hälften (I u. II) zusammengesetzt; c ihr Taster.]

Geradführung, Gattungsname für eine Reihe von Mechanismen, welche den Zweck haben, eine geradlinige Bewegung zu erzeugen. Die einfachste G. besteht in einer oder mehreren geraden Stangen oder Schienen (Gleitschienen, Gleitbacken), auf welchen das zu führende Stück (Gleitstück, Gleitklotz, in bestimmten Fällen auch Querhaupt oder Kreuzkopf genannt) hin- und hergleitet. Die scheinbar sehr einfache Aufgabe, eine gerade Linie durch Bewegung zu beschreiben, wird ein schwieriges Problem der Mechanik, wenn die Bedingung gestellt wird, nicht von einer bereits vorhandenen geraden Linie auszugehen, sondern nur kreisförmige Bewegungen zu benutzen (die sogen. Gelenkgeradführungen). Ihre wichtigste Verwendung finden die Gelenkgeradführungen bei den Balancierdampfmaschinen, wo sie zwischen den Balancier und die Kolbenstange eingeschaltet werden, um die geradlinige Kolbenbewegung aufzunehmen und in eine Oszillation des Balanciers zu verwandeln. Nachdem man lange nach einer theoretisch genauen Gelenkgeradführung gesucht hatte, ist es endlich in neuerer Zeit zugleich Peaucellier, Silvester und Kempe gelungen, eine solche zu finden. Diese besteht (Fig. 1) aus 7 Gelenkstangen mit parallelen Endzapfen und einem festen Stück a mit den Zapfen A und B. Die Stangen b und c sind einander gleich, ebenso e, f, g, h, und die Stange d ist gleich der Entfernung a der beiden festen Punkte A und B. E ist der gerade geführte Punkt, und zwar ist seine Bahn senkrecht zu der Linie A B. Soll diese Behauptung richtig sein, so muß das von E auf die Verlängerung von A B gefällte Lot für alle Lagen, welche der Mechanismus einnehmen kann, denselben Fußpunkt behalten, es muß also A H eine konstante Länge sein. Das folgt aber aus der Ähnlichkeit der bei C, resp. H rechtwinke-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 1. Geradführung von Peaucellier.]