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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gustav-Adolf-Stiftung

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Gustav-Adolf-Stiftung.

von Schweden, mußte aber nach der Entthronung seines Vaters durch Johann III. fliehen und ging nach Polen, wo er als Knecht diente. Später folgte er einer Einladung des Zaren, der ihn zum König von Finnland zu machen versprach, nach Moskau, weigerte sich indessen, wie gefordert ward, seine Religion zu ändern, wurde später vom falschen Demetrius ins Gefängnis gesetzt und starb 1607 in Kaschin. Die Gelehrten seiner Zeit nannten ihn Theophrastus Paracelsus den Zweiten.

6) Prinz von Wasa, Prätendent von Schweden, auch Prinz von Holstein-Gottorp genannt, Sohn von Gustav 4), geb. 9. Nov. 1799, trat in österreichischen Militärdienst, ward k. k. österreichischer Feldmarschallleutnant und lebte meist in Wien, seit 1830 mit der Prinzessin Luise (gest. 1854), Tochter des Großherzogs Karl Ludwig Friedrich von Baden und der Stephanie, Adoptivtochter Napoleons I., vermählt. Aus dieser Ehe ging die Prinzessin Carola (geb. 5. Aug. 1833), jetzige Königin von Sachsen, hervor. Er starb 4. Aug. 1877 auf Schloß Pillnitz bei Dresden.

Gustav-Adolf-Stiftung (Evangelischer Verein der G.), eine Vereinigung aller derjenigen Glieder der evangelisch-protestantischen Kirche, welchen die Not ihrer Brüder, die der Mittel des kirchlichen Lebens entbehren und deshalb in Gefahr sind, der Kirche verloren zu gehen, zu Herzen geht. Derselbe hat, eingedenk des apostolischen Wortes Gal. 6, 10: "Lasset uns Gutes thun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen", zum Zweck, den kirchlichen Bedürfnissen solcher Glaubensgenossen in und außer Deutschland, welche in ihrem eignen Vaterland ausreichende Hilfe nicht finden können, nach Kräften Abhilfe zu leisten. Die Stiftung dieses Vereins schloß sich der zweiten Säkularfeier des Todes Gustav Adolfs (6. Nov. 1832) an. Als für das Monument, welches damals über dem Schwedenstein errichtet werden sollte, die Beiträge den Kostenanschlag überstiegen, wurde der Vorschlag laut, den Überschuß zu kapitalisieren, um mit den jährlichen Zinsen arme protestantische Gemeinden zu unterstützen. In diesem Sinn erließen der Leipziger Superintendent Großmann (s. d.), der Archidiakonus Goldhorn und der Kaufmann Lampe einen Aufruf zur Beteiligung an dem Unternehmen, welches übrigens zunächst fast auf Leipzig und Dresden beschränkt blieb. Die von beiden Hauptvereinen entworfenen Statuten wurden 4. Okt. 1834 von der sächsischen Regierung bestätigt. Als 6. Nov. 1834 der Leipziger Hauptverein die Leitung der G. übernahm, betrug das gemeinsame Vermögen 4251 Thlr. Bis 1840 hatte man bereits 31 Gemeinden mit 1233 Thlr. zu unterstützen vermocht.

Einen großartigern Umfang gewann die G. aber erst durch eine Aufforderung des Hofpredigers Zimmermann in der Darmstädter "Kirchenzeitung" vom 31. Okt. 1841. Dieselbe beabsichtigte die Begründung einer Anstalt zu gleichem Zweck, und es lag daher der Gedanke einer Vereinigung der Bestrebungen, in welchen sich der Süden und Norden Deutschlands begegnet waren, nahe. Zu dem Ende traten 16. Sept. 1842 in Leipzig unter dem Vorsitz Großmanns gegen 600 Männer zusammen und gründeten den Evangelischen Verein der G. Die Statuten wurden auf der Hauptversammlung zu Frankfurt a. M. 20.-22. Sept. 1843 festgesetzt. Die Wirksamkeit umfaßt sonach lutherische, reformierte und unierte sowie solche Gemeinden, welche ihre Übereinstimmung mit der evangelischen Kirche glaubhaft nachweisen; die Mittel dazu werden erlangt durch die jährlichen Zinsen vom Kapitalfonds des Vereins sowie durch jährliche Geldbeiträge von völlig beliebigem Betrag, durch Schenkungen, Vermächtnisse, Kirchenkollekten etc. Die Gesamtheit der regelmäßig beisteuernden Mitglieder verbindet sich zu Vereinen, deren gemeinsamer Mittelpunkt für die Verwaltung der Zentralvorstand in Leipzig ist.

Alle Einnahmen der Vereine zerfallen in drei gleiche Teile: hinsichtlich des ersten Dritteils steht jedem Verein die unmittelbare freie Verfügung zu; das zweite Dritteil sendet er, unter Umständen mit Bestimmungen über dessen statutenmäßige Verwendung, an den Zentralvorstand oder versendet es selbst, begleitet von einem Schreiben desselben; das letzte Dritteil wird dem Zentralvorstand je nach dem Willen des einsendenden Vereins zur Kapitalisierung oder zur sofortigen Verwendung durch jenen übergeben; vom Kapitalvermögen sind nur die jährlichen Zinsen zu verwenden. Sämtliche Hauptvereine wählen auf den Hauptversammlungen den Zentralvorstand, welcher aus 24 Mitgliedern besteht, von denen 9 (darunter der Vorsitzende, der Sekretär und der Kassierer) ihren dauernden Aufenthalt zu Leipzig haben müssen und alle drei Jahre ein Dritteil ausscheidet. Der Zentralvorstand vertritt den Gesamtverein nach außen und besorgt die allgemeinen Angelegenheiten im Innern. Sämtliche Mitglieder verwalten ihr Amt unentgeltlich. Auf den Hauptversammlungen, welche mindestens alle drei Jahre von Abgeordneten der Hauptvereine und des Zentralvorstandes gehalten werden, beraten und beschließen dieselben über die Wirksamkeit des Zentralvorstandes, über die gestellten Anträge etc. Während die bayrische Regierung dem Gustav-Adolf-Verein durch Kabinettsorder vom 10. Febr. 1844 die Bildung von Zweigvereinen untersagte (welches Verbot jedoch 16. Sept. 1849 zurückgenommen wurde), erteilte schon 14. Febr. 1844 eine preußische Kabinettsorder die Genehmigung zur Bildung von Zweigvereinen in Preußen, und das Kultusministerium berief hierauf die Abgeordneten der rasch entstandenen Provinzialvereine auf 1. Sept. nach Berlin, wo man sich zum Anschluß an den Gesamtverein entschied, welcher sodann auf der nächsten Hauptversammlung in Göttingen (1844) zu stande kam. Eine Gefahr schien dem Verein gleich darauf seine dogmatische Weitherzigkeit zu bereiten. Auf der Berliner Hauptversammlung (1846) rief die Wahl des Königsberger Dissidentenpredigers Rupp heftige Debatten hervor, die fast zu einer Spaltung des Vereins geführt hätten; doch ward die Angelegenheit auf der folgenden Hauptversammlung zu Darmstadt (1847) durch das Übereinkommen beigelegt, daß dem Zentralvorstand nur die formelle Prüfung der Legitimation zustehen, dagegen der Hauptversammlung das Recht verbleiben sollte, in vorkommenden Fällen über die Unzulässigkeit eines Deputierten wegen Fehlens der Bedingung für die Mitgliedschaft zu beschließen.

Die 1851 in Berlin angeregte Idee, Frauenzweigvereine der G. zu bilden, fand rasch und weithin Anklang. Seit 1854 werden nach Vorgang Berlins in vielen Städten öffentliche Vorträge zum Besten des Vereins gehalten. Der Verein erstreckt sich jetzt über das ganze Deutsche Reich und seit dem Protestantenpatent vom 8. April 1861 auch über Österreich, wo sich zur Zeit der 14. Teil der gesamten Bevölkerung unter seinen Mitgliedern befindet. In Ungarn und der Schweiz, im Elsaß und in Holland traten ihm Hilfsvereine zur Seite; die protestantischen Gemeinden Belgiens schlossen sich direkt an.