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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hannibal

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Hannibal.

ten. 260 Befehlshaber der karthagischen Flotte, wurde er in der berühmten Seeschlacht bei Mylä von dem römischen Konsul Duilius besiegt und entging nur durch List dem Kreuzestod, der ihm dafür in der Heimat drohte; als er aber 258, von den Römern in einem sardinischen Hafen eingeschlossen, einen neuen Verlust erlitt, wurde er von seinen eignen Soldaten ans Kreuz geschlagen.

2) Karthag. Feldherr, führte 250 v. Chr. seinen in Lilybäum belagerten Landsleuten mit großer Kühnheit und Geschicklichkeit trotz der überlegenen römischen Flotte Truppen und Lebensmittel zu. Im Söldnerkrieg nach Hannos Entfernung Hamilkar beigegeben, belagerte er Mathos in Tunes, ward aber bei einem Ausfall desselben gefangen und vor den Mauern der Stadt gekreuzigt.

3) Berühmter karthag. Heerführer, einer der größten Feldherren der Alten Welt, Sohn des Hamilkar Barkas, geb. 247 v. Chr. Seine Jugendjahre fielen in eine Zeit, da Karthago von dem übermütigen Rom nach dem ersten Punischen Krieg zu einem nachteiligen Frieden gezwungen und während des Söldnerkriegs ohne Recht und Billigkeit der Inseln Sardinien und Corsica beraubt wurde. Daher war es Hamilkar leicht, in der Seele seines Sohns den unversöhnlichsten Haß gegen den Feind seines Vaterlandes zu erwecken. H. selbst erzählte, schon dem Ende seiner Laufbahn nahe, dem Seleukiden Antiochos von dem Eidschwur, mit welchem er als neunjähriger Knabe seinem Vater vor dem Aufbruch nach Spanien ewigen Haß gegen Rom gelobt und sich dadurch die Erlaubnis erwirkt habe, seinen Vater begleiten zu dürfen. Schon während seines Dienstes unter seinem Schwager Hasdrubal in Spanien bekundete er neben seltener Kühnheit, Tapferkeit, Ausdauer und Enthaltsamkeit die Klugheit, Geistesgegenwart und Umsicht des gebornen Heerführers. 221 wurde er, 26jährig, durch den Willen des Heers Nachfolger des ermordeten Hasdrubal im Oberbefehl über die karthagische Heeresmacht in Spanien. Die Pläne Hamilkars und Hasdrubals weiter verfolgend, sicherte er in den Jahren 221 und 220 die Herrschaft Karthagos in Spanien; nachher, 219, schritt er zum Angriff auf die mit Rom verbündete Stadt Sagunt, die er nach achtmonatlichem heldenmütigen Widerstand eroberte. Die Römer sahen in dem Angriff auf Sagunt eine Vertragsverletzung, und da die Karthager sich weigerten, auf ihre Forderung H. auszuliefern, so erklärten sie ihnen den Krieg (zweiter Punischer Krieg). Um nun den Römern zuvorzukommen und den Krieg nicht in Spanien, sondern in Italien zu führen, zog H., seinen Bruder Hasdrubal mit einem Heer in Spanien zurücklassend, 218 mit 90,000 Mann Fußvolk, 12,000 Reitern und 37 Elefanten über die Pyrenäen durch Gallien, wich dort einem Kampf mit den Römern unter P. Cornelius Scipio geschickt aus, überstieg Ende September in 15 Tagen mit unsäglicher Mühe die Alpen (wahrscheinlich den Kleinen St. Bernhard) und erschien 5 Monate nach seinem Aufbruch von Neukarthago in den Ebenen Oberitaliens. Dieser Übergang Hannibals über die Alpen allein schon würde ein ewig denkwürdiger Beweis von seiner Feldherrngröße sein. Mehr als die Hälfte seines Heers war allerdings den schweren Strapazen erlegen und der Rest ermattet und der Ruhe und Erholung bedürftig. Nachdem H. ihm diese gewährt, bemächtigte er sich zunächst des Hauptorts der Tauriner und zog, nachdem die benachbarten gallischen Völkerschaften sich an ihn angeschlossen, Scipio entgegen, der aus dem jenseitigen Gallien zurückgekehrt war und ihm von Placentia aus auf dem linken Ufer des Po entgegenrückte. Am Ticinusfluß fand der erste Zusammenstoß statt, H. siegte durch seine treffliche numidische Reiterei. Einen zweiten Sieg an der Trebia erleichterte ihm des Konsuls Sempronius Ungestüm: in wenig Stunden war das Römerheer geschlagen und aufgelöst.

Den nächsten Feldzug 217 eröffnete Hannibals viertägiger Zug durch die Moräste des Arnus (Arno), der ihm selbst ein Auge und seinem Heer eine große Anzahl von Streitern und den Rest seiner Elefanten bis auf einen kostete. Um seinen Gegner, den Konsul Gajus Flaminius, auf das geeignete Schlachtfeld zu locken, rückte er über des Feindes Flanke hinaus in das Tyrrhenergebiet, verheerte dies und zog so Flaminius hinter sich her bis in einen Engpaß am Trasimenischen See. Hier griff er ihn plötzlich von einer verdeckten Stellung aus an und schlug ihn aufs Haupt. 15,000 Römer bedeckten das Schlachtfeld, und ebenso viele wurden gefangen. In Apulien ließ darauf H. seine ermatteten Scharen Rast machen und unternahm von dort aus Streifzüge nach allen Seiten, bis der Diktator Quintus Fabius Maximus durch vorsichtiges Zögern seinen raschen Siegeslauf hemmte. Aber Senat und Volk zu Rom begehrten entscheidende Siege, und viel zu langsam erschien dem kampfbegierigen Heer des Fabius zaudernde Kriegführung. Diese ward daher nach Ablauf der Amtszeit des Diktators aufgegeben und ein Heer von acht Legionen und doppeltem Aufgebot der Bundesgenossen unter Anführung der Konsuln L. Ämilius Paullus und Gajus Terentius Varro H. entgegengestellt. Am Aufidus unfern der Stadt Cannä in Apulien trafen (216) die Heere aufeinander, und nochmals siegte Hannibals Feldherrngeist über die überlegene Macht des Feindes. Der blutige Tag von Cannä (s. d.) kostete Rom 70,000 Mann, unter ihnen einen Konsul, zwei Quästoren, eine große Anzahl Tribunen, Konsularen, Prätoren, Senatoren etc. In Rom fürchtete man einen Angriff Hannibals auf die Stadt; aber H., dem nur ein in blutigen Schlachten geschwächtes Heer und kein Belagerungsgerät zu Gebote stand, wollte nicht durch einen Angriff auf die Hauptstadt alles bisher Gewonnene in einem Kampf der Verzweiflung aufs Spiel setzen, sondern benutzte seinen Sieg dazu, die Völkerschaften Unteritaliens auf seine Seite herüberzuziehen. Außerdem suchte er sich durch Bündnisse mit dem König Philipp von Makedonien und mit Hieronymus, König von Syrakus, zu verstärken. Allein Philipp wurde durch einen Angriff der Römer auf sein eignes Land zurückgehalten, und die Syrakusaner wurden besiegt und in ihrer Stadt eingeschlossen, welche nach längerer Belagerung 212 erobert wurde. In Italien aber machten die Römer trotz des unermüdlichen, tapfersten Widerstandes Hannibals nach und nach immer mehr Fortschritte, so daß sie es 212 unternehmen konnten, Capua, welches sich nach der Schlacht bei Cannä an H. angeschlossen hatte und für ihn von der größten Wichtigkeit war, zu belagern. H. machte die größten Anstrengungen, die Stadt zu entsetzen; er unternahm sogar jetzt einen Angriff auf Rom in der Hoffnung, das Belagerungsheer von Capua abzuziehen, und bewirkte dadurch im ersten Augenblick eine solche Bestürzung, daß der Schreckensruf: "Hannibal ad portas!" ("H. ist vor den Thoren!") sprichwörtlich blieb. Allein alles war vergeblich. Capua fiel (211), und die Züchtigung, die es erfuhr, mahnte andre Städte, freiwillig unter das römische Joch zurückzukehren. 209 ging auch Tarent verloren. H. harrte jetzt sehnsuchtsvoll auf die Hilfe,