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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Häringer Schichten; Haringvliet; Hariri; Harkány; Harke; Harkort

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Häringer Schichten - Harkort.

von Pisa" und "Die Sonette" (1828), das Drama "Ännchen von Tharau" (1829) und den Fastnachtsschwank "Der verschwundene Schneidergesell" (1841). Auch gab er "Balladen" (Berl. 1836) und mit E. Ferrand und A. Müller "Babiolen" (Leipz. 1837, 2 Bde.) heraus. Die längere Zeit geführte Redaktion des "Berliner Konversationsblatts", womit 1830 "Der Freimütige" verbunden wurde, gab er 1835 auf. Das von ihm mit Hitzig begonnene Werk "Der neue Pitaval" (Leipz. 1842-63, Bd. 1-33) behauptet unter allen für ein größeres Publikum bestimmten Sammlungen von Kriminalgeschichten den Vorrang. Seine eigentliche Bedeutung in der neuern deutschen Litteratur errang aber "Wilibald Alexis" lediglich mit den vortrefflichen historischen Romanen, zu denen "Cabanis" der Vorläufer gewesen war. Nacheinander erschienen: "Der Roland von Berlin" (Leipz. 1840, 3 Bde.; 4. Aufl. 1881), welcher die letzten Kämpfe des altmärkischen Bürgertums gegen den neuaufstrebenden Hohenzollernstamm im 15. Jahrh. zum historischen Hintergrund hat; "Der falsche Woldemar" (Berl. 1842, 3 Bde.; 4. Aufl. 1880), welcher die denkwürdigste Episode der mittelalterlichen Geschichte der Mark Brandenburg behandelt; der Doppelroman "Die Hosen des Herrn von Bredow" (das. 1846-1848, 5 Bde.; 9. Aufl. 1881) mit den Einzeltiteln: "Hans Jürgen und Hans Jochem" und "Der Wärwolf" (5. Aufl. 1884), der die Zeit des Kurfürsten Joachim I. und der Reformation zum Hintergrund hat; "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" (das. 1854, 5 Bde.; 4. Aufl. 1881), die traurigste Zeit Preußens vor der Katastrophe von Jena darstellend; "Isegrimm" (das. 1854, 3 Bde.; 4. Aufl. 1881), aus den Tagen der Erhebung und des Aufschwunges nach 1806, und endlich "Dorothe" (das. 1856, 3 Bde.; 3. Aufl. 1879), welcher Roman wiederum in die letzte Zeit des Großen Kurfürsten zurückgreift. Alle diese Romane, obschon nicht völlig von prosaischen Elementen frei, erheben sich doch in der Hauptsache durch die Fülle charakteristischer Gestalten sowie durch die Wiedergabe der Zeitstimmung und die Schilderung märkischer Landschaften, aus welchen die Eigentümlichkeiten der Menschen erwachsen, zu wahrhaft poetischer Bedeutung. Seine "Gesammelten Werke" erschienen in 20 Bänden (Berl. 1874), die "Vaterländischen Romane" besonders in 8 Bänden (zuletzt das. 1884). Vgl. Julian Schmidt, Neue Bilder aus dem geistigen Leben unsrer Zeit (Leipz. 1873); Ad. Stern, Zur Litteratur der Gegenwart (das. 1879).

Häringer Schichten, s. Tertiärformation.

Haringvliet, Mündungsarm der Maas (s. d.) in der niederländ. Provinz Südholland.

Hariri ("Seidenhändler"), Abu Mohammed Kasim Ben 'Aliel-, einer der namhaftesten arab. Dichter und Grammatiker, geb. 1054 zu Basra, gest. 1121 oder 1122 daselbst. Sein berühmtestes Werk sind die "Makamen" (s. d.), eine Sammlung von 50 Novellen, welche durch einen losen Faden unter sich verbunden sind. Hauptheld derselben ist ein wunderlicher, als Abenteurer von Ort zu Ort ziehender Dichter, Abu Seid von Serug, welcher in den mannigfaltigsten Verkleidungen und Situationen immer wieder erscheint und durch seinen witzigen, gedankensprudelnden und kunstvollen Vortrag die Zuhörer entzückt. Die Sprache ist gereimte Prosa mit zahlreich eingestreuten Gedichten und steht in der Unerschöpflichkeit des Reims und in der Beweglichkeit des Wortspiels ohnegleichen da. Das ganze Werk gilt als Meisterwerk der arabischen Kunstpoesie und genießt im Orient ungeteilte Bewunderung. Die beste Ausgabe lieferte Silvestre de Sacy ("Les séances de H.", Par. 1822, 2 Bde.; neu hrsg. von Reinaud und Derenbourg, das. 1847-53, 2 Bde.). Eine lateinische Übersetzung gab Peiper (Leipz. 1835), eine vorzügliche, als Sprachkunstwerk ebenfalls ohnegleichen dastehende Nachbildung in deutscher Sprache Fr. Rückert unter dem Titel: "Die Verwandlungen des Abu Seid von Serug" (7. Aufl., Stuttg. 1878). Von zwei grammatischen Werken Hariris, dem "Molhat al i'ráb", einer Abhandlung über die arabische Syntax in Versen, und dem "Durrat-al ghawwâs", über arabische Idiotismen, finden sich Fragmente in Sacys "Anthologie grammaticale arabe" (Par. 1829); "Durrat" wurde vollständig von H. Thorbecke (Leipz. 1871) herausgegeben.

Harkány (spr. harrkanj), Badeort bei Fünfkirchen, im ungar. Komitat Baranya, mit Weinbergen (trefflicher roter Wein), altem Bergschloß, großem Park und 700 Einw. Die Heilquellen, drei stark muriatische Schwefelthermen, liefern täglich 750,000 Eimer Wasser (von 62° C. Wärme), welches bei Rheumatismus, Gicht, katarrhalischen Leiden und chronischen Hautkrankheiten mit Erfolg benutzt wird.

Harke (Herke, Erke), Frau, altdeutsche weibliche Gottheit, in Norddeutschland noch auftretend in den Sagen und Gebräuchen des Havellandes etc., verschmilzt zum Teil mit Berchta, Frau Holle, Fru Gaud und macht sich besonders in den sogen. Zwölften geltend. Vgl. Wuttke, Deutscher Volksglaube (2. Aufl., Berl. 1869).

Harkort, Friedrich Wilhelm, Industrieller, geb. 22. Febr. 1793 auf dem Familiengut Harkorten in der Grafschaft Mark, trat 1808 als Lehrling in ein Handlungshaus zu Barmen ein und machte als Leutnant im 1. westfälischen Landwehrregiment bei dem Bülowschen Korps 1814 den Feldzug in Holland und Belgien und 1815 die Schlacht bei Ligny mit. Nach dem Frieden errichtete er 1816 ein Kupferwalzwerk, 1818 eine Lederfabrik, 1819 eine Maschinenfabrik, 1827 ein Puddlingswerk für Stabeisen zu Wetter und 1857 in Gemeinschaft mit andern die Eisenhütte zu Kaltenbach. Indem er die wirtschaftliche Bedeutung des Dampfes erkannte, befürwortete er den Bau von Eisenbahnen; auch machte er sich um Förderung der Dampfschiffahrt auf dem Rhein verdient und regte die Bildung von Dampfschleppschiffahrtsgesellschaften an. Ein großes Verdienst aber erwarb er sich durch Beförderung des Associationswesens und durch Gründung einer Spar-, Beamten- und Invalidenkasse in Wetter. Auch für Hebung des Ackerbaues war er mit Erfolg schriftstellerisch thätig. Außer seinen Aufsätzen in Journalen sind seine "Flachsmartha" und sein "Gärtner Heinrich" zu erwähnen. 1848 in die preußische Nationalversammlung gewählt, war er bis 1867 Mitglied der Zweiten Kammer, dann Mitglied des norddeutschen Reichstags, des Zollparlaments und des ersten deutschen Reichstags. 1848 stand er treu zum Königtum, während der Reaktion aber gehörte er zur Opposition. Zur Zeit der neuen Ära einer der Führer der Fraktion Vincke, bildete er bei der Auflösung derselben mit Bockum-Dolffs das linke Zentrum. Später gehörte er der Fortschrittspartei an. Seine Wirksamkeit beschränkte sich aber nicht nur auf die parlamentarische Tribüne, sondern auch als Schriftsteller verkündete er in zahlreichen Flugschriften über Politik und soziale Fragen rückhaltlos seine freisinnigen Grundsätze. Sein "Bürger- und Bauernbrief" (Braunschw. 1851) brachte ihn auf die Anklagebank, trotzdem folgte ein "Zweiter Bürger- und Bauernbriel" (Elberf. 1852); auch we-^[folgende Seite]