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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Harz

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Harz (Gebirge: Teile, Gipfel etc., Geognostisches).

tritt der Wipper der Gebirgsrand kaum 100 m über dem Flachland liegt, noch weniger da, wo zwischen Sangerhausen und Eisleben der H. in ein Hügelland (Vorharz) übergeht, das sich weit nach SO. hinzieht. Der Nordfuß liegt etwa 210, der Südfuß 250 m hoch. Der Flächeninhalt des ganzen Gebirges beträgt 2030 qkm (38 QM.), wovon 1180 qkm auf Preußen, 740 auf Braunschweig und 110 auf Anhalt kommen (s. Karte "Braunschweig").

Gewöhnlich teilt man den H., der in seiner Oberfläche sich meist als ein Plateau darstellt, in den Ober- und Unterharz; die Grenzscheide bildet etwa eine Linie von Lauterberg bis Wernigerode. Der Oberharz hat die Form eines Dreiecks, dessen Spitze im NW. bei Hahausen zu suchen ist. In seiner Mitte liegt das an künstlichen Teichen reiche Klausthaler Plateau mit einer durchschnittlichen Höhe von 600 m, etwas höher erhebt sich die Nordseite desselben, wo die Schalke bis 763, der Rammelsberg unmittelbar über Goslar bis 636 m ansteigen. Noch höher ist auf der Südostseite des Plateaus ein Rücken, der von Lonau auf der Südseite in nordöstlicher Richtung bis zum Brockenfeld streicht, bis zum Sösestein, nahe der Straße von Klausthal nach Andreasberg, "Auf dem Acker" (Hanskuhnenburg 810 m, am Fastweg 860 m) und weiterhin Bruchberg (Wolfswarte, südwestlich vom Torfhaus, 919 m) genannt wird. Dem westlichen Teil des Oberharzes entströmen in tiefen Thälern die Innerste und Oker nach N., die Söse nach SW. Das Brockengebirge, welches gleichsam ein Gebirge im Gebirge bildet, macht den nordöstlichen Teil des Oberharzes aus. Es besteht aus Granit, liegt in der Wasserscheide zwischen Elbe und Weser und mit seinem Hauptteil im preußischen Kreis Wernigerode. Es stellt ein Massengebirge dar, dessen höchster Gipfel, der Brocken (s. d.), in einer Höhe von 1142 m im Quellgebiet der Ecker, Bode, Ilse und Holzemme sich erhebt. Unmittelbar mit dem Brocken stehen in Verbindung: im N. der Kleine Brocken, im SO. die Heinrichshöhe (1044 m) mit der Ilsequelle, im S. der Königsberg (1029 m). Letzterer fällt zwischen Bode- und Eckerquelle zum Brockenfeld ab, einem Moor mit durchschnittlich 850 m Meereshöhe, das auf der Westgrenze gegen den schon genannten Bruchberg eingebettet ist, und dem nach N. die Radau und Ecker, nach SO. die Kalte und Warme Bode entfließen. Seitwärts von demselben, im Braunschweigischen, treten die Achtermannshöhe (926 m) und der Wurmberg (968 m) hervor, zwei Gipfel aus Hornfels innerhalb des Granitgebirges. Der letztere schließt mit dem in seiner unmittelbaren Nähe liegenden Großen und Kleinen Winterberg (902 und 837 m) das Brockengebirge nach S. hin ab. Südwestlich vom Brockenfeld ist der Oderteich (724 m) noch im Granitgebirge eingebettet, das hier bis in die Nähe von St. Andreasberg reicht, und in das der Rehberg (894 m) mit seinem aus Hornfels bestehenden Gipfel halbinselartig sich hineinzieht. Südöstlich vom Brocken erstreckt sich das Granitgebirge längs der Bode bis über Schierke hinaus, woselbst auf der Südseite des Flusses die Felsengruppe Schnarcher, auf der Nordseite die Feuerstein- und Hohneklippen (902 m) und der lange Rücken des Renneckenbergs (929 m) mit den Zeterklippen sich anschließen. Ein Chaos von Granittrümmern folgt den Ufern der an der Ostseite des Renneckenbergs entspringenden Holzemme, die besonders um die Steinerne Renne gigantische Massen bildet. Nach N. entströmt dem Brockengebirge in zahlreichen Kaskaden die Ilse, vor ihrem Austritt aus dem Gebirge erhebt sich der hohe, steil abstürzende Ilsenstein. Der Unterharz erscheint als eine weite Hochfläche, unterbrochen nur durch die Granitmasse des Rambergs (Viktorshöhe 575 m) und die Porphyrkuppe des Auerbergs (Josephshöhe 575 m). Man scheidet sie in das Plateau von Elbingerode und das von Harzgerode. Jenes, mit einer mittlere Höhe von 470 m, wird von der Bode und ihren Quellflüssen durchströmt, in deren Thalwänden bei Rübeland die Baumanns- und die Bielshöhle (s. d.) sich befinden. Sehr großartig ist das Thal der Bode unterhalb Treseburg, wo es sich in der Grenze des Granits des Rambergs zwischen dem Hexentanzplatz und der Roßtrappe (s. d.) und unmittelbar am Tiefland zu der großartigsten Partie des ganzen Gebirges gestaltet. Durch das Plateau von Harzgerode, im Mittel kaum noch 350 m hoch, fließen die Wipper nach O., die Selke in einem anmutigen Thal über Alexisbad und Mägdesprung nach ONO.

Geognostisches (s. Karte). Der H. besteht in seinem eigentlichen Massiv ausschließlich aus Schichten des Hercyn, des Devon und der untern Steinkohlenformation sowie mannigfachen Eruptivgesteinen entsprechenden Alters (Diabas, Granit, Quarzporphyr, Gabbro u. a.), während mantelartig um dieses Kerngebirge sich die Ablagerungen der obern Steinkohlenformation, des Perm, der Trias, des Jura und der Kreide, teils in schmaler Zone auf den Rand beschränkt, teils in breiterer Oberfläche auch noch auf das vorliegende Flachland ausgedehnt, herumlegen. Diesem jüngern Flözgebirge gehören als Eruptivgesteine nur die Melaphyre und Porphyrite des Rotliegenden aus der Gegend von Ilfeld an. Das Hercyn, früher zum Silur gezogen, jetzt als eine selbständige Abteilung, resp. als ältestes Unterdevon erkannt, bildet mit seinen Grauwacken und Schiefern das mächtige Rückgrat des Gebirges, dem Devon und Kulm konkordant auflagern, und erstreckt sich im breiten Zug von Lauterberg über Hasselfelde und Stolberg bis an den Ostrand des Gebirges. Von Devonschichten findet sich das Unterdevon auf dem Oberharz als Quarzit und Sandstein des Acker- und Bruchbergs sowie des Kahlebergs (südlich Goslar), auf dem Unterharz in Form von Thonschiefern, Kieselschiefern und Grauwacken in einer Reihe einzelner Komplexe, namentlich in zwei Mulden östlich und südlich des als Sattelachse bezeichneten untersten Gliedes des Hercyn (sogen. Tanner Grauwacke), nämlich in der von der Selke durchflossenen Mulde südlich von Ballenstedt und der größern Mulde zwischen Lauterberg, Benneckenstein und Neustadt. Mittel- und Oberdevon zeigen nur geringe Verbreitung; sie treten hauptsächlich in der Gegend von Elbingerode und Goslar auf. Die untere Steinkohlenformation oder der Kulm ist auf den Oberharz beschränkt, der zum größten Teil aus Kulm-Grauwacke aufgebaut ist. Die reichen Erzgänge von Klausthal setzen hierin auf. Innerhalb der besprochenen Kerngebirgsschichten treten zahlreiche gang- und deckenförmige Diabasvorkommnisse auf, die bei der Aufrichtung und Faltung des Gebirges (Streichen der Falten von NO. nach SW.) gleich den Sedimentärablagerungen aufgerichtet und gefaltet wurden, während gleichzeitig bei diesem Prozeß andre, also jüngere, Eruptivgesteine (Gabbro, Granit und Quarzporphyr) emporbrachen. Gabbro findet sich bei Harzburg im Radauthal, Quarzporphyr besonders im Auerberg bei Stolberg. Der Granit tritt in zwei großen und einer kleinen Partie hervor. Die größte stellt das Brockengebirge (s. oben), die zweite die Gruppe des Rambergs dar, die kleine liegt