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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Harzessenz - Harzöl.

schon unter 100° weich, andre schmelzen erst über 300°; sie sind unlöslich in Wasser, zum Teil löslich in Alkohol, oft nur in Äther, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol, ätherischen oder fetten Ölen; manche werden erst durch Schmelzen löslich. Die H. sind nicht flüchtig, sie brennen mit rußender Flamme und geben bei trockner Destillation brennbare Gase und Öle. In ihren physikalischen Eigenschaften stehen sie den Fetten nahe, doch besitzen sie eine vollständig abweichende Konstitution. Einige verhalten sich gegen Basen indifferent, andre wie Säuren, und diese lösen sich in ätzenden, bisweilen auch in kohlensauren Alkalien. Von den Salzen dieser Harzsäuren (Resinaten) sind die Alkalisalze (Harzseifen) in Wasser und Alkohol löslich. Die wässerige Lösung schäumt, die Harzseife kann aber nicht wie echte Seife ausgesalzen werden. Man benutzt H. zu Firnissen, Seifen, Kitt, Pflastern, manche als Farbstoffe und Arzneistoffe, aus den billigern werden Leuchtgas, Harzessenzen, Harzöle etc. dargestellt. Vgl. Wiesner, Die technisch verwendeten Gummiarten, H. und Balsame (Erlang. 1869); Thenius, Die H. und ihre Produkte (Wien 1879).

Harzessenz, s. Harzöl.

Harzfluß (Resinosis), Krankheit mancher Bäume, besonders der Koniferen, welche in einer massenhaften Absonderung und einem Erguß von Harz aus der Oberfläche der Stämme besteht; in der Pflanze entsteht das Sekret zuerst als Terpentinöl, welches durch allmähliche Oxydation in festes Harz übergeht. H. tritt besonders an erwachsenen Bäumen auf und beginnt mit dem Kienigwerden des Holzes, d. h. damit, daß in gewissen Partien des Holzkörpers die Membranen der Holzzellen mit Harz durchtränkt sind und auch im Innern der Zellen dieser Stoff sich einfindet. Wenn sich das Harz in den Zellen stärker vermehrt, so schwinden die Membranen derselben, indem ihre Substanz wie auch das in den Holzparenchymzellen enthaltene Stärkemehl in Harz übergehen. An Stelle des zerstörten Holzgewebes treten daher mehr oder minder große harzerfüllte Hohlräume (Harzbeulen, Harzgallen), und wenn der Prozeß weiter um sich greift, so wird endlich das Harz in die Rinde und an die Oberfläche des Stammes ergossen. Gewöhnlich tritt in solchem Fall auch eine abnorme Gewebebildung ein, indem die neuen Schichten des Holzkörpers zum Teil aus abnormen Holzparenchym bestehen, und letzteres verfällt dann vornehmlich der Desorganisation in Harz; auch Bast und Rinde nehmen dann häufig an dieser Erkrankung teil, und große Massen ausfließenden Harzes verraten diesen heftigsten Grad der Krankheit. Durch den H. werden normale Gewebsteile des Stammes zerstört, Holz, Bast und Rinde dermaßen mit Harz erfüllt, daß dadurch die Lebensthätigkeit dieser Gewebe gehindert wird. Aber die Sekretion findet nicht bloß auf Kosten der dabei zu Grunde gehenden Gewebe statt, sondern wird auch durch die Zuströmung neuer bildungsfähiger Nahrungssäfte fortdauernd unterhalten; starke Harzflüsse entziehen also dem Baum bedeutende Mengen von Nahrungsmaterial. Daher zeigen Bäume, die sehr am H. leiden, kümmerliche Entwickelung und können sogar infolge davon eingehen. Verursacht wird der H. durch Verletzungen, Quetschungen etc. Hierher gehört auch der künstlich erzeugte H., auf welchem die Gewinnung des Harzes aus den Nadelbäumen beruht, indem die letztern zu diesem Zweck angerissen, d. h. eines Streifens Rinde entkleidet, oder auch angebohrt werden, worauf die Sekretion des Harzes an den Wundstellen beginnt und lange Zeit fortdauert. Ebenso können Verletzungen durch Insekten H. in der Umgebung der Wunden zur Folge haben. Aber auch dem Absterben der Teile aus innern Ursachen gehen häufig Kienigwerden des Holzes und H. kurz voraus, so zumal beim Trockenwerden der Wipfel alter Kiefern, ferner beim Absterben alter Aststümpfe und sogar in den stehen gebliebenen Stümpfen gefällter Bäume.

Harzgallen, s. Harzfluß.

Harzgänge (Harzkanäle), s. Harzschläuche.

Harzgeist, s. Harzöl.

Harzgerode, Stadt im Herzogtum Anhalt, Kreis Ballenstedt, auf dem Unterharz, 402 m ü. M., hat ein Amtsgericht, eine schöne Kirche, ein altes Schloß mit Mineraliensammlung, Lampenfabrikation und (1885) 2790 evang. Einw. - H. war im 14. Jahrh. im Besitz der Grafen von Mansfeld, kam später an die Grafen von Stolberg, zuletzt an Anhalt. Von 1630 bis 1709 war es Residenz der Linie Anhalt-Bernburg-H.

Harzgulden, s. v. w. Andreasgulden, s. Andreasthaler.

Harzkappe, eine in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. von beiden Geschlechtern getragene kurze Schaube (s. d.) mit weiten Armöffnungen oder aufgeschlitzten Ärmeln.

Harzlack, s. v. w. Harzfirnis, s. Firnis.

Harzleim, s. Harzseifen.

Harznutzung, eine forstliche Nebennutzung. Harznutzungsbäume sind vorzugsweise: die Fichte und Kiefer in Deutschland, die Schwarzkiefer in Österreich, die Seekiefer in Frankreich. Außerdem werden Weißtanne und Lärche auf Harz genutzt. Die Harzgewinnung findet statt bei der Fichte, Schwarzkiefer und Seekiefer an stehenden Bäumen durch absichtlich angebrachte Schaftwunden, aus denen das Harz ausfließt, bei der Kiefer durch Teerschwelen (trockne Destillation, ohne Verkohlung) von Stockholz (s. Fichtenharz). Die Harzgewinnung bei der Fichte heißt Harzscharren und ist wegen ihrer Schädlichkeit für den Wald durch Nutzholzverlust in Deutschland an den meisten Orten abgestellt. Vgl. Gayer, Forstbenutzung (6. Aufl., Berl. 1883).

Harzöl, Produkt der trocknen Destillation des Kolophoniums. Erhitzt man letzteres in niedrigen eisernen Blasen, so erhält man außer brennbaren Gasen eine wässerige saure Flüssigkeit, welche Essigsäure und Ameisensäure gelöst enthält, ein leichtflüchtiges, thymianartig riechendes Öl (Harzessenz, Harzgeist, Harzspiritus, Pinolin), welches wie Terpentinöl und als Leuchtmaterial benutzt wird, dann bei höherer Temperatur ein weißes, dickflüssiges, blau schillerndes Öl und endlich ein gelbes, dünnflüssiges, ebenfalls blau schillerndes Öl. In der Blase bleibt schwarzes Pech zurück. Die beiden zuletzt genannten Öle kommen als rohes H. in den Handel und werden vorzugsweise von den Wagenfettfabrikanten benutzt. Durch Kochen mit 1 Proz. Kalkhydrat oder granuliertem Zink oder durch Verseifen mit Natronlauge und nochmalige Destillation gewinnt man aus dem rohen das rektifizierte H. (Kodöl). Behandelt man dickes H. in der Wärme mit rauchender Schwefelsäure, so erhält man ein dunkles, schwachriechendes Öl, welches, mit fettem Öl gemischt, als Maschinenschmieröl benutzt wird. Das H. des Handels ist gelb bis gelbrot, blau schillernd, dickflüssig, vom spez. Gew. 0,955, riecht angenehm, löst sich etwas in Alkohol, reagiert schwach sauer, verharzt nicht an der Luft, siedet über 200° und verbindet sich mit Basen zu seifenartigen Verbindungen, von welchen die butterartige, in Wasser unlösliche, mit gelöschtem Kalk