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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hatto; Hatvan; Hatzfeld

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Hatto - Hatzfeld.

das türkische Grundgesetz von 1839, sowie der vom 18. Febr. 1856, durch welchen die Gleichstellung aller nicht muselmanischen Unterthanen der Pforte mit den Muselmanen proklamiert wurde; s. Türkisches Reich, Geschichte.

Hatto (vom altdeutschen Hathus oder Hadu, "Krieg, Gott des Kriegsglücks", abzuleiten). Merkwürdig: H. I., Erzbischof von Mainz, geboren um 850 aus alemannischem Geschlecht, wurde 888 zum Abt von Reichenau erwählt und stand bei König Arnulf in großer Gunst, der ihn 891 auf den erzbischöflichen Stuhl in Mainz berief. Schon unter Arnulf hatte H. an den Reichsangelegenheiten wichtigen Anteil genommen; völlig leitete er sie unter Ludwig dem Kinde, dessen Pate und Vormund er war. Den Grafen Adalbert von Babenberg, der mit dem König im Streit lag, bewog er, wie erzählt wird, durch das eidliche Versprechen, daß er ihn unversehrt in seine Burg zurückbringen wolle, ihm zur Aussöhnung mit Ludwig in das königliche Lager zu folgen. Auf dem Weg dahin gab er vor, erst noch frühstücken zu wollen, und beredete den Grafen, nochmals nach seiner Burg mit ihm zurückzukehren. Im Lager aber überlieferte er ihn dem König, der den Betrogenen hinrichten ließ (906). H. selbst entschuldigte sich, er habe den Grafen einmal unversehrt zurückzuführen versprochen und dies auch gehalten. Auch bei Konrad I., seinem Freund, hatte H. großen Einfluß. Zu Konrads gunsten soll er einen Mordanschlag auf Herzog Heinrich von Sachsen geplant haben (er wollte ihn mit einer goldenen Kette erdrosseln), der aber verraten ward, worauf Heinrich ihm seine Besitzungen in Thüringen entriß. H. starb 15. Mai 913. Über seinen Tod bildeten sich bald abenteuerliche Sagen, namentlich in Sachsen, wo man H. als Verräter und Bösewicht ansah und eine seiner Frevelthaten würdige Todesart zu erfinden suchte: er soll vom Blitz erschlagen oder lebendig in den Feuerschlund des Ätna gestürzt worden sein. Am bekanntesten ist die Sage vom Mäuseturm, die indes auch auf Erzbischof Hatto II. von Mainz (968-970) bezogen wird. Bei einer Hungersnot nämlich soll H. eine Menge armer Leute unter dem Vorwand, ihnen Nahrung geben zu wollen, in eine Scheune gesperrt, diese sodann angezündet und, als man das Klagegeschrei der Unglücklichen vernahm, die Umstehenden scherzend gefragt haben, ob sie seine Brotmäuse piepen hörten. Da überfielen ihn zahllose Mäuse und bedrängten ihn so, daß er, um sich vor ihnen zu retten, mitten im Rhein einen Turm (den Mäuseturm bei Bingen [s. d.], der 1635 von den Schweden zerstört wurde) erbaute; aber auch hier fand er keine Ruhe und wurde endlich von ihnen aufgefressen. Die Sage findet sich auch bei andern Völkern, und ihr liegt die Idee zu Grunde, daß die Mäuse als Rächer begangener Frevel erscheinen. In der Geschichte erscheint H. als ein tüchtiger Staatsmann, der das Königtum mit Erfolg gegen die unbotmäßigen Großen verteidigte. Vgl. Heidemann, H. I., Erzbischof von Mainz (Berl. 1865).

Hatvan (spr. hättwan.), Markt im ungar. Komitat Heves, an der Ungarischen Staatsbahn (Budapest-Kaschau), mit schöner Kirche, einem vom Fürsten Grassalkovich erbauten Schloß, (1881) 4877 meist reform. Einwohnern und ausgedehntem Wassermelonenbau. Ehemals besaß H. eine berühmte Prämonstratenserabtei. Am 2. April 1849 hier blutiges Treffen zwischen den Österreichern und Ungarn.

Hatzfeld, 1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf, an der Eder, hat eine Oberförsterei, Papierfabrikation und (1885) 959 evang. Einwohner. H. erhielt 1340 Stadtrecht. Von hier leitet die später fürstliche Familie H. (s. unten) ihren Ursprung her. - 2) (ungar. Zsombolya) Dorf im ungar. Komitat Torontál, an der Bahnstrecke Szegedin-Temesvár, in sehr fruchtbarer Gegend, mit (1881) 8626 Einw. (meist Deutsche) und Bezirksgericht.

Hatzfeld, altes hess. Dynastengeschlecht, das mit dem Anfang des 13. Jahrh. in die Geschichte eintritt und bald eine solche Bedeutung erlangte, daß es den Landgrafen, namentlich in der 30jährigen Fehde derselben mit den Löwenrittern seit 1379, nachdrücklichen Widerstand leisten konnte. Es gehörte zu der rheinischen Reichsritterschaft, hatte Schloß H. an der Eder (jetzt Ruine) zur Stammburg und besaß in Franken die Herrschaft Rosenberg, in Thüringen einen Teil der Herrschaft Gleichen und in Schlesien die Herrschaft Trachenberg. Nachdem die Familie ihr Besitztum durch Erwerbung der Herrschaft Wildenburg beträchtlich erweitert, teilte sie sich in der Mitte des 15. Jahrh. in die wildenburg-wildenburgische und die (1783) erloschene wildenburg-hessische Linie. Mit Melchior von H. (s. unten) wurde das Geschlecht in den Grafenstand erhoben. Friedrich II. von Preußen erhob 1741 in der Person des Grafen Franz Philipp Adrian einen Zweig zum fürstlichen und Kaiser Franz I. 1748 zum reichsfürstlichen Rang, doch so, daß nur der regierende Fürst und seine Gemahlin den Fürstentitel, die übrigen den Grafentitel führen. Dieser Stamm erlosch 1794; der Anteil an der Grafschaft Gleichen wurde als erledigtes Lehen von Mainz eingezogen, die Allodialgüter fielen an den Grafen von Schönborn, die andern Lehen sowie die Herrschaft Trachenberg gingen an die wildenburgische Linie über, welche in die ältere Linie Wildenburg und die jüngere Schönstein (jetzt Trachenberg) zerfällt; letztere erbte Trachenberg und die Fürstenwürde, erstere besitzt die Standesherrschaft Wildenburg-Schönstein bei Koblenz und seit 1870 auch die Fürstenwürde. Die namhaftesten Sprößlinge des Geschlechts sind:

1) Melchior von H., Graf von Gleichen, geb. 10. Okt. 1593 zu Krottorf in Hessen, trat in kaiserliche Dienste und taucht 1635 unter Gallas' Kommando auf. 1636 mit dem Kurfürsten von Sachsen von Banér bei Wittstock geschlagen, drängte er mit Gheleen und Götz diesen im folgenden Jahr aus Sachsen nach Pommern, entsetzte 1637, mit Götz vereinigt, Leipzig, schlug 17. Okt. 1638, in Westfalen befehligend, den schwedischen General King und den Pfalzgrafen Karl Ludwig bei Vlotho, mußte sich aber vor Banér nach Sachsen zurückziehen. 1639-40 mit der Deckung Böhmens beschäftigt, kommandierte er 1641 wieder in Westfalen und in Thüringen, focht im folgenden Jahr gegen die Hessen, welche sich fast des ganzen Erzstifts Köln bemächtigt hatten, stand 1643 gegen Guébriant am Rhein, hatte wesentlichen Anteil an dem Sieg bei Duttlingen (25. Nov. 1643) und nahm im folgenden Jahr Halberstadt und Osterwieck ein. Nach der Entsetzung Gallas' mit dem Oberbefehl über das kaiserliche Heer als Feldmarschall betraut, sammelte er bei Prag eine neue Armee und griff auf des Kaisers ausdrücklichen Befehl 6. März 1645 Torstensson bei Jankau an, ward jedoch geschlagen und gefangen. Ausgewechselt, befehligte er 1657 die Truppen, die Kaiser Leopold I. dem König Johann Kasimir von Polen gegen die Schweden zu Hilfe schickte, und nahm Krakau ein. Er starb 9. Jan. 1658 als kaiserlicher Geheimer und Kriegsrat und Generalleutnant in Powitzko bei Trachenberg.